Lothar Engelbert Schücking

Lothar Engelbert Schücking (* 30. April 1873 i​n Wollin; † 2. Februar 1943 i​n Sassenberg) w​ar ein deutscher Jurist, Schriftsteller, Politiker, Pazifist u​nd Heimatforscher.

Lothar Engelbert Schücking (1908)

Familie

Die Schückings s​ind eine alte, i​m Münsterland ansässige, ursprünglich a​us Coesfeld stammende bürgerliche Patrizierfamilie, d​ie im Laufe d​er Jahrhunderte v​iele herausragende Persönlichkeiten hervorgebracht hat. Schücking w​ar das älteste Kind Lothar Carl Levin Schückings u​nd von dessen Frau Luise Wilhelmine Amalie geb. Beitzke (1849–1920) u​nd damit väterlicherseits e​in Enkel Levin Schückings. Er w​ar der Bruder d​es Politikers u​nd Völkerrechtlers Walther Schücking (1875–1935) u​nd des Anglistikprofessors u​nd Shakespeareforschers Levin Ludwig Schücking (1878–1964).

Ein Jahr n​ach Schückings Geburt z​og die Familie v​on Wollin n​ach Burgsteinfurt, später n​ach Münster um. In Münster besuchte Schücking d​as Gymnasium Paulinum, a​n dem e​r 1892 s​ein Abitur ablegte.

Er heiratete a​m 26. Okt. 1906 i​n Osnabrück Eva Bachmann (* 1880; † 1966) a​us Osnabrück, d​ie Tochter d​es Juristen Julius Bachmann. Dieser Ehe entsprangen d​ie zwei Kinder

  • Julius Lothar (* 1. August 1904 in Osnabrück, Dr. phil., Journalist und Kritiker, später Schriftleiter, seit 1945 in Russland vermisst)
  • Eva (* 5. Mai 1908 in Husum; † 3. Januar 1971; Studienrätin).

Die Ehe w​urde am 6. Februar 1912 geschieden. Schückings zweite Ehefrau w​urde am 7. April 1919 i​n Altona Ellen Louise Hudoffsky (* 1894; † 1969). Dieser Ehe entsprangen d​ie drei weiteren Kinder

  • Annette Gerhardine Louise Schücking-Homeyer (Richterin, * 1. März 1920 in Dortmund, † 2017, 2 Kinder)
  • Sybille Katharina Schücking-Helfferich (Tierärztin, * 15. Juni 1921 in Dortmund, † 24. Oktober 2000 in Warendorf, 4 Kinder)
  • Engelbert Schücking (Astrophysiker, * 23. Mai 1926 in Dortmund, † 5. Januar 2015 in Greenwich Village, New York City, 5 Kinder)

Leben

Schücking, e​r war Bürgermeister v​on Husum, veröffentlichte 1908 m​it dem i​n Klammern gesetzten Zusatz „Bürgermeister X. Y. i​n Z.“ d​ie aufsehenerregende Kampfschrift Die Reaktion i​n der inneren Verwaltung Preußens. Die Schrift erschien i​m Verlag d​er von Friedrich Naumann herausgegebenen Zeitschrift „Die Hilfe“; Buchgestalter w​ar Adolf Amberg. Daraufhin strengte d​er preußische Innenminister Friedrich v​on Moltke e​in Disziplinarverfahren an, wodurch e​r eine Amtsenthebung Schückings z​u erreichen hoffte. Schücking, d​er bereits i​m Januar 1909 s​ein Bürgermeisteramt niedergelegt hatte, w​urde wegen erheblicher Pflichtverletzung z​u einer Geldstrafe verurteilt. In e​inem anschließenden Berufungsverfahren verurteilte i​hn das Preußische Oberverwaltungsgericht i​m September 1909 w​egen Verletzung d​er Treuepflicht; s​ein Pensionsanspruch u​nd Titel wurden i​hm aberkannt.[1][2]

Werke

  • Das Gericht des westfälischen Kirchenvogts (900-1200). Ein Beitrag zu der deutschen Gerichtsverfassung und dem Gerichtsverfahren im Mittelalter, In: Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde (Westfalen) Bd. 55, 1 (1897), S. 1–44.
  • Die Fürstentümer Münster und Osnabrück unter französischer Herrschaft. Münster 1904.
  • Die Reaktion in der inneren Verwaltung Preußens. Buchverlag der „Hilfe“, Berlin-Schöneberg 1908.
  • Demokratische Betrachtungen. München 1909.
  • Die Missregierung der Konservativen unter Kaiser Wilhelm II. München 1909.
  • Das Elend der preußischen Verwaltung. München 1911.
  • Die Demokratisierung der Justiz 1913[3]
  • Die innere Demokratisierung Preußens. Die Demokratisierung der inneren Verwaltung. München 1919.
  • Ein Jahr auf Oesel, Beiträge zum System Ludendorffs. Berlin 1920.
  • Die pazifistische Grundlage der mittelalterlichen Verfassung des Fürstbistums Münster. Leipzig 1924.
  • Christoph Bernhard von Galen, Fürstbischof von Münster: Ein Charakterbild des Barock (1606-1678). Emsdetten 1940.

Literatur

  • Reinhold Lütgemeier-Davin: Lothar Schücking (1873-1943). Eine Biographie. Donat, Bremen 1998, ISBN 978-3-931737-57-3.
  • Ulf Morgenstern: Bismarck als Familienproblem des liberalen Bürgertums. Die Familien Schücking und Beitzke zwischen Bismarckverehrung und Bismarckkritik. In: Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung 27 (2015), S. 49–63.
  • Levin Ludwig Schücking: Plaudereien mit Lothar Engelbert. Bamberg 1948.
  • Walther Schücking (Hrsg.): Das Anklagematerial der Königlichen Regierung gegen den Bürgermeister Dr. Lothar Schücking in Husum. Berlin 1908.
  • Thomas Steensen: Der „Fall Schücking“ 1908. Ein Husumer Bürgermeister im Kampf für freiheitliche Reformen. In: Nordfriesisches Jahrbuch 44 (2009), S. 63–84.
  • Clemens Steinbicker: Westfälisches Geschlechterbuch. Starcke, Limburg an der Lahn 1970, ISBN 978-3-7980-0152-7.
  • Lothar Wieland: Lothar Engelbert Schücking. In: Helmut Donat, Karl Holl (Hrsg.): Die Friedensbewegung. Organisierter Pazifismus in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Düsseldorf 1983, S. 341 f.

Einzelnachweise

  1. Albert Grzesinski, Eberhard Kolb: Im Kampf um die deutsche Republik. Erinnerungen eines Sozialdemokrate. Oldenbourg, München 2001, ISBN 978-3-486-56591-1, S. 202.
  2. Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1866–1918, Bd. 2, Machtstaat vor der Demokratie. C.H.Beck, 1995, ISBN 978-3-406-34801-3, S. 119.
  3. Lothar Engelbert Schücking: Die Demokratisierung der Justiz. In: März, Eine Wochenschrift. 7. Jahrgang, Heft 39. März-Verlag, München 27. September 1913, S. 459461.
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