Lorenzo Perosi
Monsignor Lorenzo Perosi (* 21. Dezember [1] 1872 in Tortona, Piemont; † 12. Oktober 1956 in Rom) war katholischer Priester und einer der gefeiertsten und produktivsten[2] Komponisten sakraler Musik in Italien. Er war das einzige Mitglied der Giovane Scuola, der „Jungen Schule“ also, das keine Opern schrieb. Er hatte den größten internationalen Erfolg zwischen 1890 und 1910. Der Friedensnobelpreisträger Romain Rolland hat ihn gelobt, und mehrere Päpste einschließlich des heiligen Papstes Pius X. waren in Freundschaft mit ihm verbunden. Vom Pontifikat Leo XIII. an bis fast zum Ende des Pontifikates von Pius XII. war er Kapellmeister der päpstlichen Musikkapelle und damit Hauptverantwortlicher für die Musik in der päpstlichen Liturgie.
Leben
Von seiner Jugend zu seinem großen Ruhm
Im Juni 1888, mit fünfzehn Jahren, unternahm er mit seinem Vater seine erste Reise nach Rom. Bei dieser Gelegenheit bot er Papst Leo XIII. einige seiner Kompositionen an. Nach Studien an den Konservatorien von Rom und Mailand schickte ihn sein Vater Ende 1890 zur Abtei Montecassino, wo er als Organist, Gesangsmeister und Klavierlehrer seinen Unterhalt verdiente und eifrig Choralstudien betrieb. Dies war exakt die Zeit, als Regensburg und die Benediktinerabtei Solesmes in der Debatte um die authentische Interpretation des Gregorianischen Chorals waren.
In den Jahren 1891 und 1892 studierte Perosi wieder am Mailänder Konservatorium Harmonielehre und Kontrapunkt, zusammen mit dem berühmten Professor und Komponisten Michele Saladino. Im Januar 1893 studierte er an der weltberühmten Kirchenmusikschule Regensburg bei Franz Xaver Haberl. Außerdem setzte er seine Korrespondenzstudien mit Professor Saladino fort. Haberl war von ihm so begeistert, dass er ihm einen Doppelposten als Kirchenmusikschulprofessor und Regensburger Domorganist anbot. Der altkluge und heimwehkranke Junge lehnte jedoch höflich ab.
Perosi kehrte in seine alte Lehrheimat nach Vigévano (Lombardei) zurück und erhielt den wichtigen Posten des Kapellmeisters und Seminarchorleiters in Ímola. 1894 hatte er eine Begegnung mit Monsignore Giuseppe Melchiorre Sarto (1835–1914), dem Bischof von Mantua und späteren Papst Pius X., der ihm als zukünftiger Patriarch von Venedig die Stelle des Kapellmeisters von San Marco anbot. Dieses Zusammentreffen am 25. Mai 1894 sollte weitreichende Folgen für Perosi selbst, aber auch für die Musica sacra im Allgemeinen haben.
Nachdem Perosi die Abteien von Seckau, Beuron und Solesmes besucht hatte, wurde er am 22. September 1894 zum Diakon geweiht. Zum Weihnachtsfest des Jahres 1894 leitete er die Cappella Marciana von Venedig zum ersten Mal. Am 25. Mai 1895 wurde Perosi zum Priester geweiht.
Die Ernennungsurkunde zum Kapellmeister der römischen Cappella Sistina, datiert vom 15. November 1898, nahm Perosi in einer Privataudienz am 15. Dezember 1898 aus den Händen von Papst Leo XIII. (1878–1903) entgegen. Er war nun Maestro Perpetuo della Cappella Musicale Pontificia – Kapellmeister der päpstlichen Musikkapelle auf Lebenszeit.
Als Perosi diese wichtigen Posten in Ímola, in Venedig und schließlich in Rom antrat, begann seine produktivste Schaffensperiode. Alle großen Arbeiten Perosis, von kleinen Motetten bis hin zu den großen Oratorien, wurden während dieser Jahre geschrieben. Als musikalischer Berater von Papst Pius X. wurde er als Mitverfasser des Motu proprio Tra le sollecitudini (Über die Kirchenmusik) benannt.
Die letzten Jahre
Ab 1907 mehrten sich bei ihm körperliche und geistige Probleme. Es zirkulierten Gerüchte, er sei „verrückt“. 1922 wurde er gar für unzurechnungsfähig erklärt. Aber nur ein Jahr später war Perosi mehr beschäftigt denn je.
Perosis letzte Jahre wurden durch viele Triumphe gekennzeichnet. Der neue Aufbruch setzte bald mit den internationalen Kongressen für Kirchenmusik ein. In dieser Zeit wurde Perosi in der Leitung der Cappella Sistina von Don Antonio Rella (1869–1951) unterstützt, bis schließlich im Jahre 1952 Don Domenico Bartolucci, der später Kardinal wurde, sein offizieller Assistent wurde und ihm nach seinem Tod auch nachfolgen sollte. 1953 erhielt Perosi einen Antonio-Feltrinelli-Preis. Am 12. März 1955, zum sechzehnten Jahrestag der Krönungsfeierlichkeiten des Papstes Pius XII., dirigierte Perosi zum letzten Mal die Cappella Sistina.
Wenige Stunden vor seinem Tod sprach er ein Dankgebet:
„Ti ringrazio Signore, di avermi fatto cristiano, di avermi fatto sacerdote, di avermi fatto scrivere quello che il mondo canta e canterà in tua lode. Amen.“
„Ich danke Dir, Herr, dass Du mich als Christ auf die Welt hast kommen lassen, dass Du mich zum Priester berufen hast, dass Du mich das hast schreiben lassen, was die Welt zu Deinem Lob singt und singen wird. Amen.“
Werke (Auswahl)
Oratorien
- La Passione di Cristo secondo S. Marco (1897)
- La Trasfigurazione di Cristo (1898)
- La Risurrezione di Lazzaro (1898)
- La Risurrezione di Cristo (1898)
- Il Natale del Redentore (1899)
- La Strage degli Innocenti (1900)
- Il Giudizio Universale (1904)
- Transitus Animae (1907)
Messen
- Missa In Honorem Ss. Gervasii et Protasii (1895)
- Missa “Te Deum Laudamus” (1897)
- Missa Eucharistica (1897)
- Missa (Prima) Pontificalis (1897)
- Messa da Requiem (1897)
- Missa “Benedicamus Domino” (1899)
- Missa Cerviana
- Missa Secunda Pontificalis (1906)
Instrumental
- 14 Streichquartette
- Klavierquartette
- Violinkonzerte
- Klarinettenkonzert
Symphonische Dichtungen
- Mosè (1900)
Literatur
Deutsch
- Helmut Hesse: Lorenzo Perosi. Sein Leben und seine Musik. In Musica Sacra, 101. Jg., 1981, Heft 5, S. 343–349.
- Romain Rolland: Musiker von Heute. Rütten & Loening, Berlin 1972.
Englisch
- Leonardo Ciampa: Don Lorenzo Perosi. Bloomington 2006, ISBN 1-4259-3440-4.
Italienisch
- Andrea Amadori: Lorenzo Perosi. Documenti e inediti. Lucca 1999, ISBN 88-7096-233-4.
- Adriano Bassi: Don Lorenzo Perosi. L’uomo, il compositore e il religioso. Fasano 1994, ISBN 88-7514-708-6.
- Adelmo Damerini: Lorenzo Perosi. Rom 1924.
- Ferdinand Haberl: Lorenzo Perosi 1872-1956. In Musica Sacra, 92. Jg., 1972, Heft 5, S. 247–249.
- Graziella Merlatti: Lorenzo Perosi, una vita tra genio e follia. Genua, 2006, ISBN 88-514-0330-9.
- Z. Musmeci: Don Lorenzo Perosi e le sue opere. Acireale 1932.
- Teodoro Onofri: Lorenzo Perosi nei Giorni Imolesi. Imola 1977.
- Sergio Pagano: L’epistolario “vaticano” di Lorenzo Perosi. Genua, 1996, ISBN 88-211-9120-6.
- Mario Rinaldi: Lorenzo Perosi. Rom 1967.
- Marino Sanarica: Lorenzo Perosi. Rimini 1999, ISBN 88-804-9161-X.
Einzelnachweise
- Das Grove Dictionary nennt den 20. Dezember, alle anderen Quellen von Rinaldi, S. 17, an den 21. Dezember als Geburtstermin.
- Gemäß Arturo Sacchetti hat Perosi zwischen 3.000 und 4.000 Arbeiten geschaffen. Diese Zahl wird in der Biografie durch Merlatti sowie dass durch Ciampa bestätigt.