Liste der klassischen Experimente in der Psychologie

Die ersten klassischen Experimente i​n der Psychologie stammen a​us dem 19. Jahrhundert. In diesem Jahrhundert entwickelte s​ich die Psychologie z​u einer empirischen Wissenschaft. Die Erforschung psychologischer Phänomene, d​ie den wissenschaftlichen Anforderungen genügen, begann m​it der Gründung d​es Instituts für experimentelle Psychologie i​m Jahre 1879 d​urch Wilhelm Wundt a​n der Universität Leipzig. Der russische Physiologe Iwan Petrowitsch Pawlow führte bereits z​u Beginn d​es 20. Jahrhunderts d​as mit e​inem Nobelpreis ausgezeichnete Tierexperiment Pawlowscher Hund durch, b​ei dem e​r zufällig d​en Wirkmechanismus d​er klassischen Konditionierung entdeckte.

Zu den bekanntesten psychologischen Experimenten gehört das Milgram-Experiment (1962)

Das psychologische Experiment w​eist im Vergleich m​it anderen naturwissenschaftlichen Experimenten sowohl d​urch die Hypothesen a​ls auch d​urch die Besonderheiten d​er Untersuchungs-„Objekte“ einige zusätzliche Aspekte auf. Einige d​er angeführten Versuche a​m Menschen gelten h​eute als „unethisch“ u​nd würden i​n der Art n​icht repliziert werden. Für Forschungsmethoden, d​ie an Lebewesen durchgeführt werden, g​ibt es h​eute zuständige Ethikkommissionen.

Liste der klassischen Experimente

Die klassischen Experimente d​er Psychologie s​ind in chronologischer Reihenfolge v​om 19. Jahrhundert b​is zum heutigen Tag aufgeführt.

Experimente bis zum Jahr 1925

Bezeichnung Autoren / Datum
Experimente zum Ringelmann-Effekt (Gruppenleistung) Maximilian Ringelmann (1882), später Bibb Latané (1979)
Experimente zur sozialen Aktivierung (Social facilitation) Norman Triplett (1897), Gordon Allport (1920), Robert Zajonc (1965)
Halo-Effekt[1] oder Hof-Effekt (Attraktivitätsforschung, Wahrnehmungsfehler) Edward Lee Thorndike (1920)
Little-Albert-Experiment (Möglichkeit der klassischen Konditionierung beim Menschen) John B. Watson und Rosalie Rayner (1920)

Experimente bis zum Jahr 1950

Bezeichnung Autoren / Datum
Experimente zum Einstellungs-diskrepanten Verhalten Richard LaPiere (1934)
Verfahren zur Messung der individuellen Interferenzneigung bei der Farb-Wort-Interferenz (sogenannter Stroop-Effekt) J. Ridley Stroop (1935)
Untersuchung zum autokinetischen Effekt (Optische Täuschung) Muzafer Sherif (1935, 1936) und Mausner (1954)
Hawthorne-Experimente (Entdeckung des Hawthorne-Effekts) Fritz Roethlisberger und W. J. Dickson (1939)
Experimente zum Verhalten in Gruppen (Gruppenleitern vs. Gruppen-Mitglieder) Ronald O. Lippitt und Ralph K. White (1943)
Barnum-Effekt auch Forer-Effekt (Täuschung durch persönliche Validierung) Bertram R. Forer (1948)
Experimente zum Meinungswandel (Abhängigkeit der Meinungsänderung von einseitigen bzw. zweiseitigen Mitteilungen) Carl I. Hovland, Arthur A. Lumsdaine und Fred D. Sheffield (1949)

Experimente bis zum Jahr 1975

Bezeichnung Autoren / Datum
Yale-Ansatz zur Einstellungsänderung (Wirkungen von Persuasiver Kommunikation auf die Einstellungen von Menschen. Kommunikativer Einfluss und Glaubwürdigkeit; sogenannter Sleeper-Effekt) Carl I. Hovland und Walter Weiss (1951)
Konformitätsexperiment (Konformes Verhalten als Folge von normativem sozialem Einfluss) Solomon Asch (1951)
Furchtappell-Experiment (Wirkung furchterregender Kommunikation, sogenannte Furchtappelle)[2] Irving L. Janis und Seymour Feshbach (1953)
Experiment zur Konformität Richard Crutchfield (1955)
Greenspoonexperiment (Versuch zum verbal operanten Konditionieren, sogenannter Greenspoon-Effekt) Joel Greenspoon (1955)
Experimente zum Einfluss auf individuelles Urteilen Morton Deutsch und Harold B. Gerard (1955)
Experimente zur Genese von Kooperation (Wirkung von Bestrafung und Belohnung in einem sogenannten Gefangenendilemma) J. B. Sidowski, L. B. Wyckoff, L. Tabory (1956)
Ferienlagerexperimente (Konflikte zwischen Gruppen – Robbers Cave-Experiment) Muzafer Sherif & Sherif (1954, 1956, 1966)
Experimente zur Konditionierung von Einstellungen Arthur W. Staats und Carolyn K. Staats (1957, 1958)
Experimente zur Wirkung von Drohung auf interpersonelles Verhandeln Morton Deutsch und Krauss (1960)
Experimente zum Risikoschub-Phänomen (Zur Verantwortung und Risikobereitschaft in individuellen und Gruppen-Situationen)[3] James A.F. Stoner (1961) und Michael A. Wallach, Nathan Kogan & D. J. Bern (1962, 1964)
Milgram-Experiment (Gehorsamsexperiment)[4] Stanley Milgram (1962)
Experiment zur Zwei-Faktoren-Theorie der Emotion Stanley Schachter und Jerome Singer (1962)
Rosenthal-Effekt bzw. Versuchsleiter-Erwartungs-Effekt Robert Rosenthal (1965)
Experimente zum Meinungswandel (Abhängigkeit von der Glaubwürdigkeit des Kommunikators) Elliot Aronson, Judith A. Turner, J. Merrill Carlsmith (1963)
Experimente zur Konformität und zum Einstellungswandel Philip Zimbardo, Weisenberg, Firestone, Levy (1965)
Experimente zur Veränderung von Gruppenstrukturen Bavelas, Hastorf, Gross, Kite (1965)
Bobo-doll-Experimente (darunter Rocky-Experiment, Lernen und Übernahme imitativer Verhaltensweisen, sogenanntes "Modell-Lernen") Albert Bandura (1961, 1963, 1965)
Experiment zur Wahrnehmung des eigenen Aktivierungsgrades (sogenannter Valins-Effekt)[5] Stuart Valins (1966)
Experiment zur "Foot-in-the-door"-Technik Jonathan L. Freedman und Scott C. Fraser (1966)
Experiment zum "Fundamentalen Attributionsfehler" Jones, Harris (1967)
Sozialexperiment zur Demonstration faschistischer Bewegungen. (The Third Wave) Ron Jones (1967)
Simon-Effekt zur Verarbeitungsgeschwindigkeit bei kompatiblen und inkompatiblen Reiz-Reaktionsanordnungen Simon, J. R. und Rudell, A. P. (1967)
Experiment zur Abschiebung eigener Verantwortung (Verantwortungsdiffusion) John M. Darley und Bibb Latané (1968)
Aufschieben von Belohnungen (Marshmallow-Test bzw. Belohnungsaufschub-Paradigma) Walter Mischel (1968)
Experimente zum Minoritäteneinfluss (Einfluss einer konsistenten Minorität auf das Verhalten einer Majorität) Serge Moscovici, Lage, Naffrechoux (1969); vorher von Solomon Asch
Experiment zum Bumerang-Effekt und zur Reaktanz Worchel und Brehm (1970)
Dr.-Fox-Experiment (Einfluss von Erwartungen auf die Beurteilung eines Vortrags) Donald H. Naftulin, John E. Ware, Frank A. Donnelly (1970)
Fremde-Situations-Test (1970) (Experimente zur Bindungsqualität) Mary Ainsworth
Stanford-Prison-Experiment (Erforschung menschlichen Verhaltens unter den Bedingungen der Gefangenschaft) Philip Zimbardo (1971)
Rosenhan-Experiment (Zuverlässigkeit der psychiatrischen Diagnose von Patienten) David Rosenhan (1972)
Experiment zur Konnotation von Arousal, Misattribuierung (Angst als Lust oder Verliebtheit interpretieren) „Brückenexperiment“ Donald Dutton und Arthur Aron (1974)
Experiment zur erlernten Hilflosigkeit Martin Seligman (1975)

Experimente bis zum Jahr 2000

Bezeichnung Autoren / Datum
Experiment zur Beeinflussung der Wahrnehmung eines akustischen Sprachsignals (sogenannter McGurk-Effekt) Harry McGurk (1976)
Donald-Experiment zu Priming und Eindrucksbildung Higgins, Rholes und Jones (1977)
Libet-Experiment Benjamin Libet (1979)
Ultimatumspiel zu Altruismus und Egoismus Werner Güth (1982)
Experimente zum Verständnis falschen Glaubens[6] ("Maxi und die Schokolade-Paradigma") 1. David Premack & Guy Woodruff (1978), 2. Heinz Wimmer und Josef Perner (1983)
Besitztumsexperimente (sog. Endowment-Effekt) Richard Thaler (1980) und Daniel Kahneman (1991)
Experiment zum Gedächtnis für Schema-inkonsistente Information Stangor und McMillan (1992)
Experimente zur Unmöglichkeit der Gedankenunterdrückung (Ironische Prozesse) Wegner (1994)
Experiment zur unbewussten Verhaltenssteuerung durch Priming Bargh, Chen und Burrows (1996)
Experiment zur Aggression nach Beleidigung (culture of honor in den US-amerikanischen Südstaaten) D. Cohen, Brian F. Bowdle, Richard E. Nisbett und Norbert Schwarz (1996)
Experimente zur dualen Informationsverarbeitung: 1. Elaboration Likelihood Model sowie 2. Heuristic Systematic Model 1. nach Petty und Cacioppo (1986); 2. nach Eagly und Chaiken (1998)
Impliziter Assoziationstest (Verfahren zur Messung von Assoziationsstärken zwischen mentalen Repräsentationen von Objekten im Gedächtnis) Greenwald, McGhee & Schwartz (1998)

Literatur

  • Steven Schwartz: Wie Pawlow auf den Hund kam. Die 15 klassischen Experimente der Psychologie. Beltz, 2. Auflage, 1993, ISBN 3407851022.
  • Lauren Slater: Von Menschen und Ratten. Die berühmten Experimente der Psychologie. Beltz, 4. Auflage, 2005, ISBN 3407857829.

Einzelnachweise

  1. E.L. Thorndike: A constant error on psychological rating, Journal of Applied Psychology, IV, 25-29, 1920
  2. Prävention durch Angst (BZgA), Barth und Bengel, 1998, S. 51 (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive) (PDF; 1,6 MB)
  3. Manfred Sader: Psychologie der Gruppe, S. 12 ff., Juventa (1996), ISBN 3779903156
  4. Stanley Milgram: Das Milgram-Experiment. Zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität., S. 22, Rowohlt, Reinbek 1982, ISBN 3-499-17479-0
  5. Meyer, Schützwohl & Reisenzein: Einführung in die Emotionspsychologie, Band I und II, Uni Würtzburg, S. 14 (PDF) (Memento vom 29. Juni 2007 im Internet Archive)
  6. Wimmer, H., & Perner, J. (1983). Beliefs about beliefs: Representation and constraining function of wrong beliefs in young children's understanding of deception. Cognition, 13, 103-128.
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