Liebieghaus
Die Liebieghaus Skulpturensammlung ist ein Skulpturenmuseum am Museumsufer in Frankfurt am Main. In einer schlossartigen historistischen Villa am Sachsenhäuser Schaumainkai beherbergt das Liebieghaus eine hochkarätige Sammlung von rund 3.000 Skulpturen aus der Zeit vom Alten Ägypten bis zum Klassizismus. Es bietet somit einen Überblick über 5.000 Jahre Geschichte der Bildhauerkunst.
Liebieghaus | |
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Museum am Schaumainkai 71, im Mai 2005 | |
Daten | |
Ort | Frankfurt am Main, Hessen |
Architekt | Leonhard Romeis |
Bauherr | Heinrich von Liebieg |
Baujahr | 1896 |
Höhe | ca. 25 m |
Koordinaten | 50° 6′ 7″ N, 8° 40′ 18″ O |
Besonderheiten | |
Museum |
Geschichte
Der böhmische Textilfabrikant Baron Heinrich von Liebieg (1839–1904), Mitglied der Familie Liebieg, ließ 1896 die Villa als Altersruhesitz für sich erbauen; entworfen wurde sie von dem Münchener Architekten Leonhard Romeis.
Im Jahr 1907 erwarb die Stadt Frankfurt das Anwesen und widmete das Haus zu einem Museum für die städtische Skulpturensammlung um (aktueller Name: Liebieghaus Skulpturensammlung). Paul Kanold errichtete dafür 1909 einen Anbau an das frühere Wohnhaus.
Erster Direktor war Georg Swarzenski, der ab 1907 die Sammlung aufbaute und 1909 das Museum eröffnete. Bedeutende Wissenschaftler waren seitdem als Kuratoren am Liebieghaus tätig, darunter die Kunsthistoriker Anton Legner und Herbert Beck (1969–2006) und die Archäologen Peter Cornelis Bol (1974–2006) und Vinzenz Brinkmann (seit 2006). Von 2006 bis 2016 war Max Hollein Direktor der Liebieghaus Skulpturensammlung. Nach seinem Weggang liegt die Leitung des Städel Museums, des Frankfurter Liebieghauses sowie der Schirn Kunsthalle seit 1. Oktober 2016 bei Philipp Demandt.[1]
Das Museum ist am Schaumainkai inmitten eines Gartens gelegen, in dem auch einige Skulpturen ausgestellt sind. Unter anderem steht dort unter einer kleinen Baumgruppe eine Kopie von Danneckers Ariadne.
Nach dem durch das Berliner Büro Kuehn Malvezzi konzipierten Umbau wurden im Oktober 2009, anlässlich der 100-Jahr-Feier, die neugestalteten Ausstellungsräume wiedereröffnet. Gemeinsam mit dem erweiterten Galerieflügel zur Präsentation der Antikensammlung sowie den im Zuge einer umfassenden Neupräsentation der Sammlung eingerichteten Schaudepots zeigt das Liebieghaus auf 1.600 Quadratmetern Ausstellungsfläche Meisterwerke der ägyptischen, griechischen und römischen Antike, des Mittelalters und der Renaissance, des Manierismus, des Barock und Rokoko, des Klassizismus sowie Ostasiens und bietet damit einen fundierten Überblick über die Geschichte der Skulptur.
Sammlung
Die Sammlung[2] ist eine der bedeutendsten Europas und umfasst griechische, römische und ägyptische Skulpturen aus der Antike sowie Stücke aus Mittelalter, Renaissance, Barock und Klassizismus als auch Werke aus Ostasien.
Das Liebieghaus besitzt eine universal ausgerichtete Sammlung, die sich weniger aus regionaler Kunst, Adelssammlungen oder säkularisiertem Kirchenbesitz speist, sondern auf dem internationalen Kunstmarkt zusammengekauft und durch Stiftungen erweitert wurde. Nur vergleichsweise wenige der Werke sind deswegen mit Frankfurt oder der Frankfurter Geschichte verbunden.
Im Jahr 2019 wurde eine Sammlung von über 200 kostbaren Elfenbeinskulpturen aus dem Mittelalter sowie dem Barock und Rokoko aus dem Besitz von Reiner Winkler für die Liebieghaus Skulpturensammlung erworben. Mit dieser Erwerbung gelang dem Liebieghaus die bedeutendste Erweiterung der eigenen Bestände in der Geschichte des Museums.[3]
Zu den bedeutendsten Stücken gehören:
- Reliefs vom Totentempel des ägyptischen Pharao Sahure in Abusir
- Sarkophag der ägyptischen Amun-Priesterin Takait
- eine marmorne Kopie des Diskobolos des Naukydes
- eine Kopie der Athena-Statue der Athena-Marsyas-Gruppe des Myron
- ein griechisches Alabaster-Porträt Alexander des Großen aus der Sammlung von Adolf Furtwängler
- ein Marmor-Porträt des römischen Kaisers Marc Aurel
- die karolingischen Elfenbeinreliefs der „Älteren Metzer Schule“ mit dem Zeugnis des Johannes auf einem Buchdeckel (Mitte 9. Jahrhundert)
- ein ottonisches Kruzifix (Mitte 11. Jahrhundert)
- ein romanischer Königskopf von einer Statue aus der Ile-de-France
- von Tino di Camaino: Fragmente eines Florentiner Grabmales (wohl nach 1318)
- eine Alabasterskulptur des Gnadenstuhls von Hans Multscher (um 1430)
- eine Mondsichelmadonna von Tilman Riemenschneider
- der Rimini-Altar, eine vielfigurige nordfranzösische Kreuzigungsgruppe aus Alabaster (gegen 1430)
- Bärbel von Ottenheim, Sibylle der Spätgotik von Niclas Gerhaert van Leyden (1463/64)
- Johann Heinrich Danneckers Ariadne auf dem Panther (1803–1805), die 1810 der Bankier Simon Moritz von Bethmann erworben hatte. Eine Nachbildung steht im Park des Liebieghauses.
- die Furie auf sprengendem Pferd (1610) des sog. Furienmeisters aus Elfenbein[4]
Abbildungen
- Diskuswerfer
- Athena
- Innenansicht
- Sarkophag der Iset en heb
- Sonnenuhr mit Humor: An der Westwand angebracht, ist die Überschrift nur zu wahr: „Nicht immer, aber richtig“.
- Danneckers Ariadne auf dem Panther.
Sonderausstellungen
- 1976: Olympia – Eine archäologische Grabung
- 2006: Der Furienmeister[5]
- 2006: Schön im Leiden – Skulpturen der Passion Christi von Hans Multscher
- 2006/07: Die phantastischen Köpfe des Franz Xaver Messerschmidt[6]
- 2008: Launen des Olymp. Der Mythos von Athena, Marsyas und Apoll[7]
- 2008: Bunte Götter – Die Farbigkeit antiker Skulptur[8]
- 2009: Jean-Antoine Houdon. Die sinnliche Skulptur[9]
- 2010: Sahure – Tod und Leben eines großen Pharao[10]
- 2011: Elfenbein. Barocke Pracht am Wiener Hof[11]
- 2010/11: Niclaus Gerhaert. Der Bildhauer des Mittelalters[12]
- 2012: Jeff Koons. The Painter & The Sculptor (in Kooperation mit der Schirn Kunsthalle)[13]
- 2012/13: Kunstschätze des Mäzens Heinrich von Liebieg, Museum Giersch, Frankfurt am Main
- 2013: Zurück zur Klassik. Ein neuer Blick auf das alte Griechenland[14]
- 2013/14: Nok. Ein Ursprung afrikanischer Kultur[15]
- 2014/15: Die große Illusion. Veristische Statuen und ihre Techniken[16]
- 2015/16: GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN „Die Kunst des französischen Rokoko“[17]
- 2016: Athen. Triumph der Bilder.[18]
- 2017: EINDEUTIG BIS ZWEIFELHAFT „Skulpturen und ihre Geschichten Erworben 1933–1945“[19]
- 2016/17: Heilige Nacht.[20]
- 2017/18: In neuem Glanz. Das restaurierte Schächer-Fragment des Meisters von Flémalle im Kontext[21]
- 2018: William Kentridge. O Sentimental Machine[22]
- 2018/19: Medeas Liebe und die Jagd nach dem Goldenen Vlies[23]
- 2020/21: Bunte Götter – Golden Edition. Die Farben der Antike[24]
- 2021/22: MISSION RIMINI. Material, Geschichte, Restaurierung. Der Rimini-Altar[25]
Literatur
- Martin Sonnabend: Georg Swarzenski und das Liebieghaus. Liebieghaus, Frankfurt 1990, ISBN 3-7973-0465-X.
- Wolf-Christian Setzepfandt: Architekturführer Frankfurt am Main/Architectural Guide. 3. Auflage. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-496-01236-6, S. 35.
- Vinzenz Brinkmann, Maraike Bückling, Stefan Roller: Meisterwerke im Liebieghaus. Liebieghaus Skulpturensammlung. Imhof, Petersberg 2008. ISBN 978-3-86568-364-9.
- Eindeutig bis zweifelhaft. Skulpturen und ihre Geschichten erworben 1933–1945. Liebieghaus Skulpturensammlung, Frankfurt am Main 2017, ISBN 978-3-943215-09-0.
Weblinks
- Website des Liebieghauses
- Liebieghaus Skulpturensammlung. In: Museumsufer-Frankfurt.de
- Literatur von und über Liebieghaus im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Liebieghaus In: DenkXweb, Online-Ausgabe von Kulturdenkmäler in Hessen
- Liebieghaus – Forschung & Journal
Einzelnachweise
- Claus-jürgen Göpfert: Kunsthalle Frankfurt: Demandt leitet auch die Schirn. In: fr-online.de. 29. Juli 2016 (fr.de [abgerufen am 6. August 2016]).
- Dokumentation der Sammlung im Bildindex der Kunst und Architektur.
- Sammlerglück im Liebieghaus. In: WELTKUNST, das Kunstmagazin der ZEIT. 25. März 2019, abgerufen am 21. Februar 2020.
- White Wedding. Abgerufen am 21. Februar 2020.
- Der Furienmeister. Abgerufen am 3. Januar 2022.
- Die phantastischen Köpfe des Franz Xaver Messerschmidt. Abgerufen am 3. Januar 2022.
- Launen des Olymp. Abgerufen am 3. Januar 2022.
- Vinzenz Brinkmann (Hrsg.): Bunte Götter. Die Farbigkeit antiker Skulpturen. Liebieghaus Skulpturensammlung, Frankfurt am Main. ISBN 978-3-9809701-6-7.
- Jean-Antoine Houdon. Abgerufen am 3. Januar 2022.
- Sahure. Abgerufen am 3. Januar 2022.
- Elfenbein. Abgerufen am 3. Januar 2022.
- Niclaus Gerhaert. Abgerufen am 3. Januar 2022.
- Jeff Koons. Abgerufen am 3. Januar 2022.
- Zurück zur Klassik. Abgerufen am 3. Januar 2022.
- Zwei Formenwelten in FAZ vom 30. Oktober 2013, S. 37.
- Wie die Kunst das Täuschen lehrt in FAZ von 4. Oktober 2014, S. 11.
- Rätsel aus dem Meer in FAZ vom 30. Mai 2016, Seite B4
- Eine himmlische Familie in FAZ vom 26. November 2016, Seite 13
- Hans-Joachim Müller: „Bunte Götter“: das Frankfurter Liebieghaus zeigt die Antike in Farbe. In: DIE WELT. 26. Januar 2020 (welt.de [abgerufen am 21. Februar 2020]).
- MISSION RIMINI. Abgerufen am 3. Januar 2022.