Lebensversicherungsmathematik

Die Lebensversicherungsmathematik ist ein Teilgebiet der Versicherungsmathematik. Vereinfacht gesprochen gibt es zwei Arten von Lebensversicherungen, die Versicherung auf den Todesfall (zum Schutz für die Hinterbliebenen) und die Versicherung auf den Erlebensfall (als Vorsorge für das Alter). Im Detail gibt es dann weitere Unterschiede z. B. zwischen Versicherung auf ein oder mehrere Leben (z. B. Ehe, Gruppen, …) sowie Lebensversicherungen unter einem Risiko oder unter mehreren Risiken (z. B. Invalidität, Tod, …). Im Folgenden wird exemplarisch eine Lebensversicherung auf ein unter einem Risiko stehendes Leben betrachtet. Lebensversicherungsmathematik ist eine Kopplung von deterministischer Finanzmathematik (insbesondere Zinsrechnung wegen langjähriger Laufzeit) und Wahrscheinlichkeitstheorie (wegen des zufälligen Todeszeitpunktes).

Leistungen und Prämien

Prämie ist der versicherungstechnische Ausdruck für Versicherungsbeitrag. Sei der als fix angenommene Zinssatz, der Abzinsungsfaktor und der Zeitpunkt des Todes. Wir betrachten im Folgenden jeweils die Summe der auf Vertragsbeginn abgezinsten Versicherungsleistungen und die entsprechend abgezinsten Prämienzahlungen. Zur Vereinfachung wird angenommen, dass Leistungen und Prämien am Jahresende oder am Jahresanfang gewährt bzw. gefordert werden (die sogenannte unterjährige Betrachtung ist dann lediglich eine Verfeinerung). In diesem Zusammenhang wird das Intervall als "das Jahr " nach Vertragsbeginn bezeichnet.

Versicherung auf den Todesfall

Wenn die Person im Jahr nach Vertragsabschluss stirbt, d. h. , dann wird am Ende des Jahres , d. h. nachschüssig, die Leistung fällig. Die auf Vertragsbeginn abgezinste Versicherungsleistung beträgt also

.

Dabei bezeichnet die Indikatorfunktion. Die Folge heißt (nachschüssiger) Leistungsplan im Todesfall.

Versicherung auf Erlebensfall

Falls die Person im Jahr noch lebt, wird am Anfang des Jahres , d. h. vorschüssig, die Leistung fällig. Die auf Vertragsbeginn abgezinste Leistung ist dann

.

Die Folge heißt (vorschüssiger) Leistungsplan im Erlebensfall.

Gemischte Versicherung

Wir betrachten beispielsweise eine -jährige Todesfallversicherung kombiniert mit einer um Jahre aufgeschobenen Erlebensfallversicherung. Die abgezinste Leistung ist dann

.

Prämien

Am Anfang des Jahres , also vorschüssig, wird die Prämie fällig, wenn die Person im Jahr noch lebt. Abgezinst auf Vertragsbeginn lautet die Gesamtprämienzahlung

.

Die Folge heißt (vorschüssiger) Prämienplan.

Äquivalenzprinzip

Vom Versicherungsnehmer wird als gerecht empfunden, wenn die zu erwartenden Prämienzahlungen mit den zu erwartenden Leistungen übereinstimmen. Diese Übereinstimmung wird Äquivalenzprinzip genannt. Die Größen hängen vom Todeszeitpunkt ab. Da dieser Zeitpunkt zufällig ist, kommt nun die Wahrscheinlichkeitstheorie ins Spiel. Es bezeichne das Alter der Person zu Vertragsbeginn und die zufällige Restlebensdauer dieses -Jährigen. Das Äquivalenzprinzip fordert

.

Dabei bezeichnet den Erwartungswertoperator. Aus der in der Wahrscheinlichkeitstheorie bekannten Tatsache, dass für eine Zufallsgröße stets gilt, lassen sich die obigen Erwartungswerte leicht berechnen:

.

Die Wahrscheinlichkeiten i​n diesen Formeln müssen geschätzt werden. Dies geschieht i​n der Regel m​it Hilfe v​on Sterbetafeln.

Prämienkalkulation

Für gewünschte Leistungen d​es Versicherungsvertrages k​ann man m​it dem Äquivalenzprinzip d​en dazu nötigen Prämienplan berechnen. Diese Prämien heißen Nettoprämien. Für Versicherungsnehmer u​nd Versicherungsunternehmen i​st es jedoch n​icht ausreichend, i​n der Prämienkalkulation n​ur die Erwartungswerte v​on Prämien u​nd Leistungen z​u berücksichtigen. Langfristige Sicherheit g​ibt es nur, w​enn man a​uch die Volatilität dieser Größen (z. B. d​eren Varianz ) d​urch einen Sicherheitszuschlag beachtet. Nettoprämie p​lus Sicherheitszuschlag ergibt d​ie sogenannte Risikoprämie. Die Prämie, d​ie der Versicherungsnehmer schließlich bezahlen muss, d​ie sogenannte Bruttoprämie, i​st noch höher, w​eil zur Risikoprämie z. B. n​och Betriebskosten u​nd der einkalkulierte Unternehmensgewinn dazukommen.

Literaturhinweise

  • Gerber, H.U. (1986): Lebensversicherungsmathematik, Springer Berlin-Heidelberg-New York
  • Milbrodt, H. und Helbig, M. (1999): Mathematische Methoden der Personenversicherung, DeGruyter, Berlin
  • Schmidt, K.D. (2009, dritte Auflage): Versicherungsmathematik, Springer Dordrecht-Heidelberg-London-New York
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.