Lambretta
Die Lambretta ist ein Motorroller, der von dem italienischen Fahrzeughersteller Innocenti entworfen und gebaut wurde. Am Stammsitz wurden über vier Millionen Einheiten gefertigt. Berücksichtigt man die Lizenzproduktionen in verschiedenen Ländern Europas, Südamerikas und in Indien, gehört die Lambretta zu den meistgebauten Zweirädern der Welt. Das Lastendreirad mobilisierte darüber hinaus halb Asien.
Geschichte
Ursprünglich stellte Innocenti Stahlrohre her. Während des Zweiten Weltkriegs wurden unter anderem Munitionshülsen und Fahrzeugteile in BMW-Lizenz gefertigt. 1945 wurde der Ingenieur Pierluigi Torre mit dem Entwurf eines Motorrollers beauftragt. Die Bezeichnung Lambretta wurde nach dem Mailänder Ortsteil Lambrate gewählt. Das Ergebnis war ein preisgünstiger Motorroller mit gekapselter Triebsatzschwinge und Stahlrohrrahmen. Das Blechkleid bestand zunächst nur aus einem Spritzschutz vor den Füßen des Fahrers.
Der Erfolg der Lambretta stellte sich bald ein, und schon früh vergab Innocenti weltweit Lizenzen, so z. B. in Deutschland an NSU, Fenwick in Frankreich, Serveta in Spanien, Pasco in Brasilien, Auteco in Kolumbien, Siambretta in Argentinien und API in Indien. Die Lambretta-Modelle zeichneten sich durch technische Qualität und Innovationen aus. So gehörten Fahrzeuge aus dem Hause Innocenti zu den ersten mit elektronischer Zündung oder mit Scheibenbremse. Die Ausstattung der zweitaktbetriebenen Roller reichte vom 125-cm³-Motor mit 4,3 PS der ersten Modelle bis zum 200-cm³-Triebwerk mit 12 PS am Ende der Entwicklung 1971.
Die Krise im Zweiradgeschäft am Ende der sechziger Jahre ging auch an Innocenti nicht spurlos vorbei. 1971 wurde die Produktion eingestellt. 1972 kaufte Scooter India Ltd. (S.I.L.) alle Fertigungsmaschinen und stellte nach Muster der DL noch bis Ende der 1990er Jahre Lambrettas her. Ersatzteile, Motorrikschas und Lastendreiräder werden bis heute bei S.I.L. gefertigt. Serveta in Spanien fertigte ebenfalls auf Basis der 3. Serie LI/SX Motorroller unter dem Namen Lince/Lynx, Serie 80 und Jet 200, bis Mitte der 1980er Jahre. Dabei wurden zum Teil technische Innovationen wie größere Scheinwerfer, Stoßdämpfer an der Gabel und Teile aus glasfaserverstärktem Kunststoff eingeführt.
Heute erfreut sich die Lambretta bei Oldtimerfreunden steigender Beliebtheit als Fahrzeugklassiker mit hohem Kultwert. Aber auch die Rollerszene schätzt die Roller aus dem Hause Innocenti und nutzt sie als Basis für vielfältige Umbauten und Tuningmaßnahmen, auch heute noch werden immer neue Tuningteile entwickelt, um den betagten Motoren mehr Leistung zu entlocken oder sie technisch zu verbessern.
2018 füllt die österreichische KSR Group den historischen Markennamen Lambretta in Zusammenarbeit mit Innocenti mit neuem Leben.[1]
Modelle
Zweirad
Motorroller | Moped | Lizenzen | Automobile | ||||||||
"Kardan-Modelle (ABCDEF)" | Serie 1 | Serie 2 | Serie 3 | New Lambretta | Smallframe | 39 – 50 cm³ | Deutschland | Frankreich | Spanien | Indien | Großbritannien |
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Dreirad
Auf der Basis der 125M-Serie produzierte Innocenti seit 1949 bis zur Einstellung der Produktion (Januar 1972) auch den dreirädrigen Roller Lambro als Lastendreirad, welcher der bis heute produzierten Ape von Piaggio nachempfunden war. In Indien wurde der Lambro von Scooter India Ltd. übernommen und darüber hinaus weitergebaut. Im Laufe der Jahre wurden verschiedene Varianten der Aufbauten, Kabine und Motorisierung entwickelt. Beim ersten Modell, mit der Ladefläche vor dem Fahrer, bildete ein kräftiges Zentralrohr den Rahmen, eine Trapezgabel führte das Hinterrad.[2] Ab dem Modell FD war die Ladefläche hinter dem Fahrer, das Vorderrad wurde in einer gezogenen Kurzschwinge geführt, der Motor unter dem Sattel platziert. Die Kraftübertragung erfolgte über eine Kardanwelle an die Hinterachse mit Differential. 1955 wurde der Hubraum des Motors auf 150 cm³ angehoben. Der Lambro 175/200 war mit modifizierter geschobener Kurzschwinge am Vorderrad ausgerüstet und der erste Typ unter der offiziellen Verkaufsbezeichnung „Lambro“.
Modell | Baujahr | Hubraum | Technische Daten | Besonderheiten |
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FB | 1949–1950 | 123 cm³ | 4,3 PS bei 4200/min | 1,10 × 0,85 m Ladefläche, Leergewicht 140 kg, Nutzlast 200 kg, Wendekreis 3,5 m, Dreigang-Getriebe. |
FC | 1950–1952 | 123 cm³ | 4,3 PS bei 4200/min | mechanische Feststellbremse, hydraulische Fußbremse |
FD | 1952–1959 | 123 cm³ / 146 cm³ ab 1955 | 6,2 PS bei 5200/min | Ladefläche hinten, gezogenen Kurzschwinge, Motor unter dem Sattel, Nutzlast 300 kg |
FDC | 1959–1963 | 146 cm³ / 175 cm³ ab 1960 | 7,7 PS bei 5200/min | geschlossene Kabine, Kipper- oder Kastenaufbau mit Selbstmördertüren und Zweipersonensitzbank (Taxi), Rückwärtsgang, ab 1960 mit Blinkanlage, zG 800 kg |
Lambro 175/200 | 1963–1965 | 175 cm³ / 198 cm³ | geschobene Kurzschwinge, an der A-Säule angeschlagene Türen, Ladefläche 2,91 × 1,41 m, Nutzlast 500 kg | |
Lambro 450/500 | 1965–1967 | 198 cm³ | 9,2 PS bei 4800/min | zwei Scheinwerfer, Innenbeleuchtung |
Lambro 550N/A | 1967–1969 | 198 cm³ | Motor außerhalb der Kabine unter der Ladefläche, zG 1005 kg | |
Lambro 550V | 1969–1970 | 198 cm³ | mit Lenkrad, Schalthebel und fußbetätigte Allradbremse | |
Lambro 600M/V | 1970–1972 | 198 cm³ | 10,3 PS bei 5500/min | mit Lenkrad oder Lenkstange möglich, Nutzlast 600 kg[3] |
- Lambretta FD
- Lambretta FDC (Serie 2)
- Lambro 175 (API)
- Lambro 200
- Lambro 450
(Scooter India Ltd) - Lambro 550
(Scooter India Ltd) - Lambro 550A
(Scooter India Ltd)
Replikas
2011 präsentierte die italienische Motom Electronics Group eine neue Lambretta auf der italienischen Motorradmesse EICMA in Mailand. Die neue Lambretta kam 2012 mit luftgekühlten 125-cm³- und 150-cm³-Motoren auf den Markt, 2013 sollten 50cm³-Versionen folgen.
2014 präsentierte der britische Hersteller Scomadi auf der Intermot 2014 einen Nachbau der Lambretta mit 50-cm³-, 125-cm³- und 200-cm³-Motoren, deren Anbauteile aus Kunststoff gefertigt wurden. Größere Motoren und hochwertigere Roller aus Metall sind bis auf Prototypen nicht gefertigt worden.
Siehe auch
Literatur
- Nigel Cox: Lambretta – An Illustrated History.
- Pete Davis: Lambretta. Motorbuch Verlag Stuttgart, 1. Auflage 2015, ISBN 978-3-613-03764-9.
- Friedrich Ehn: Auf Zweirädern ins Wirtschaftswunder. Mopeds und Motorräder der Nachkriegszeit. 1. Auflage. GeraMond, München 2006, ISBN 3-7654-7784-2.
- Norbert G. Mylius: Roller, Rollermobile und Raritäten. Norbert Mylius Eigenverlag, Maria Enzersdorf am Gebirge 1958.
- Andrea Sparrow, David Sparrow: Das Lambretta-Album. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-613-01994-9.
- Vittorio Tessera: Innocenti Lambretta – The Complete History.
Weblinks
Einzelnachweise
- Welt.de
- Lambretta FB
- Pete Davis, S. 134.