Lärmsanierung
Lärmsanierung ist ein gebräuchlicher Begriff für nachträgliche Schallschutzmaßnahmen zur Lärmbekämpfung. Anders als bei Maßnahmen der Lärmvorsorge beruhen diese Maßnahmen auf einer tatsächlich festgestellten Lärmbelastung.
Deutschland
In Deutschland umfasst die Lärmsanierung alle nachträglichen Maßnahmen zum Schutz gegen bereits bestehende Lärmquellen. Es handelt sich dabei meist um freiwillige Programme, die entweder von der Bundesstraßenverwaltung oder vom jeweiligen Betreiber des Verkehrsweges durchgeführt werden und durch die finanziellen Mittel begrenzt sind. Anders als bei Maßnahmen der Lärmvorsorge, deren Grenzwerte zum Beispiel beim Bau und wesentlicher Änderung gemäß der Verkehrslärmschutzverordnung einzuhalten sind, besteht oft kein einklagbarer Anspruch von Lärmbetroffenen auf Durchführung einer Lärmsanierung.
Für die Lärmsanierung sind in Deutschland beispielsweise folgende Baumaßnahmen vorgesehen:
- Bau von Lärmschutzwänden
- Einbau von Schallschutzfenstern
Schweiz
In der Schweiz wird die Lärmsanierung zentral vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) durchgeführt.
Straßenlärm
Die Umsetzungshinweise im Leitfaden Strassenlärm, Vollzugshilfe für die Sanierung. Stand: Dezember 2006 (D/F/I), Hrsg.: Bundesamt für Umwelt BAFU und Bundesamt für Strassen ASTRA[1] nennen folgende Maßnahmen:
- Bau von Lärmschutzwänden
- Verwendung von Flüsterbelag
- Einbau von Schallschutzfenstern
- Im Extremfall auch Bau von Überdachungen ("Galerie"), Einhausungen oder Tunnels
- Senkung der signalisierten Höchstgeschwindigkeit
- Nacht- und Sonntagsfahrverbot für LKWs
- gesetzliche Vorschriften in der Verkehrsregelnverordnung (VRV)
Eisenbahnlärm
- sogenannte Rollmaterialsanierung, d. h. Sanierung der Fahrgestelle, wobei diese Maßnahme oberste Priorität hat[2], durch:
- Verwendung von Achsen mit Scheibenbremsen oder bei Güterwagen üblicherweise Einbau neuartiger Kunstharz-Klotzbremsen, auch K-Sohlen genannt
- Ersatz der Bremsaufhängungen aus Stahl mit solchen aus Kunststoff
- Ersatz der Schraubenfedern durch Gummirollfedern
- Bau von Lärmschutzwänden
- Einbau von Schallschutzfenstern
Fluglärm
- Nachtflugverbot
- Einbau von Schallschutzfenstern
Industrie- und Gewerbelärm
- entsprechende Zonenplanung
- gesetzl. Vorschriften über den Bau und Betrieb von Anlagen
Schiesslärm
- Bau von Lärmschutzwänden
- Einsatz sogenannter Lärmschutztunnel
Gesetzliche Grundlagen
- Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV) - SR 814.41
- Bundesgesetz vom 24. März 2000 über die Lärmsanierung der Eisenbahnen - SR 742.144
- Verordnung vom 14. November 2001 über die Lärmsanierung der Eisenbahnen (VLE) - SR 742.144.1
Finanzierung und Fristen
Die Finanzierung von Lärmsanierungen findet gem. Art. 16, LSV nach dem Verursacherprinzip statt, das heisst, dass grundsätzlich der Verursacher der Lärmquelle für die Kosten der passiven und aktiven Lärmschutzmaßnahmen aufzukommen hat:
Öffentliche Strassen
- die Kantone bzw. die Gemeinden, wobei diese, sofern es sich um ein Sanierungsobjekt nach Art. 24a, LSV handelt auf Bundesbeiträge zählen dürfen:
- bei Nationalstrassen übernimmt der Bund einen Grossteil der Kosten gemäss Art. 7 und 10 des Bundesgesetz vom 22. März 1985 über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer (MinVG)[3] mit Mitteln aus dem damit geäufneten Nationalstrassenbaufonds
- bei Kantons- und Gemeindestrassen können die öffentlich-rechtlichen Strassenbesitzer auf Beiträge gemäss Art. 13 MinVG Globalbeiträge (Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und der Nationalstrassenabgabe) rechnen
- Nationalstrassen müssen gemäss Art. 17 LSV bis 2015,[4] Haupt- und Gemeindestrassen bis 2018 saniert sein
Eisenbahnanlagen
- der Betreiber der Bahnstrecke bzw. des Rollmaterials, wobei die Kosten vom Bund durch A-fonds-perdu-Beiträge aus dem FinöV-Fonds übernommen werden[5], gewissen Operateure erhalten einen Lärmbonus auf den Trassenpreis
- als Fristen gelten für die Rollmaterialsanierung der 31. Dezember 2009, für die baulichen Maßnahmen der 31. Dezember 2015[6] (wobei insbesondere die zweite Frist aufgrund der derzeitigen Finanzlage kaum einzuhalten sein wird)
Flughäfen
- der Betreiberin des Flughafens; im Fall von Zürich-Kloten der Firma Unique. Sie wehrte sich 2005 dagegen, die Kosten für Schallschutzmaßnahmen und insbesondere den Wertverlust von Gebäuden in den An- und Abflugschneisen übernehmen zu müssen.[7] Im Juli 2009 klagten Anwohner.[8]
2010 entschied der EuGH erstinstanzlich im deutsch-schweizerischen Fluglärmstreit für die Bundesrepublik.[9]
Industrie- und Gewerbe
- ausschliesslich die Betreiber der Anlagen
Schiesslärm
- Gemeinde und Kantone mit Unterstützung des Bundes
- als Frist galt das Jahr 2002
Literatur
- Felix Hornfischer, Christian Popp, Dominik Kupfer, Udo Weese: Kooperatives Management der Lärmsanierung: Kooperationsmöglichkeiten von Baulastträgern bei Mehrfachbelastungen durch Straßen und Schienenwege. Kirschbaum 2014, ISBN 3781219194.
Weblinks
- BAFU - Lärmbekämpfung
- Cercle Bruit Schweiz, Vereinigung kantonaler Lärmschutzfachleute
- Lärmschutz, Schweizerische Bundesbahnen SBB
Einzelnachweise
- Leitfaden Strassenlärm des Bundesamts für Umwelt BAFU
- Fristen (Lärmschutz-Verordnung)
- Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und der Nationalstrassenabgabe
- Fristen (Lärmschutz-Verordnung)
- Beiträge (Bundesgesetz über die Lärmsanierung der Eisenbahnen)
- Fristen (Bundesgesetz über die Lärmsanierung der Eisenbahnen)
- Zürich berechnet die Kosten des Fluglärms. auf: swissinfo.ch, 4. November 2005.
- Wegen Fluglärm klagen Swiss-Piloten gegen Unique. In: Tages-Anzeiger Zürich. 21. Juli 2009.
- Fluglärmstreit: EU-Gericht entscheidet gegen Schweiz. auf: swissinfo.ch, 9. September 2010.