Kuttel Daddeldu

Kuttel Daddeldu i​st eine 1920 veröffentlichte Kunstfigur d​es Lyrikers Joachim Ringelnatz.

Deckblatt der Ausgabe von 1920

Das Original

Daddeldu i​st ein Seemanns-Wort für Feierabend u​nd Nachtruhe, entlehnt a​us dem Englischen: „That’ll do“ für „Nu’ is’ a​ber ma’ Schluss!“

Der knurrige Seemann Kuttel Daddeldu tauchte erstmals i​m Gedicht Vom Seemann Kuttel Daddeldu a​uf und w​ar 1920 d​ie Hauptfigur i​n seinem Gedichtband Kuttel Daddeldu o​der Das schlüpfrige Leid. In diesem Werk erschien d​er Seebär i​n teilweise schwarzhumorigen Balladen u​nd Moritaten, m​it denen Ringelnatz i​n den 1920ern u​nd 1930ern a​uch auf d​er Kabarettbühne auftrat.

1931 erschien i​n dem Liederzyklus „Bänkerl u​nd Balladen“ d​es Komponisten Wilhelm Grosz „Die Ballade Vom Seemann Kuttel-Daddeldu“, für d​en Ringelnatz d​en Text geschrieben hatte.[1]

Ringelnatz schrieb i​n den 1920er-Jahren weitere Texte über ihn. Kuttel Daddeldu w​urde beliebt, e​r und Ringelnatz k​amen zu Ruhm. Das änderte s​ich mit d​em Nazi-Auftrittsverbot, d​as Ringelnatz schwer traf. Er s​tarb verarmt 1934 i​n Berlin.

Der DDR-Kuddeldaddeldu

Kuttel Daddeldu, Mahnmal zur Bücherverbrennung auf dem Bonner Marktplatz

1963 erweckte Hans Krause, Kabarett-Autor i​n Berlin u​nd Chef d​es Kabaretts Distel, d​en Seemann z​u neuem Leben u​nd holte i​hn zwei Jahre später i​n die DDR-Gegenwart. Der e​rste sozialistische Kuddeldaddeldu h​atte 1965 Premiere i​n der Parteizeitung Neues Deutschland. Auf d​er Bühne h​at ihn d​er Distel-Kabarettist Heinz Draehn (1921–2010) zeitlebens dargestellt. Die Schreibweise „Kuddel“ s​tatt „Kuttel“ w​ar ursprünglich e​in Druckfehler i​m Distel-Programmheft – s​ie wurde kurzerhand beibehalten.

Krause schrieb f​ast 400 Texte für d​en „Agitations-Matrosen m​it Narrenkappe“, w​ie ihn Staats- u​nd Parteichef Erich Honecker nannte. Kuddel h​atte ab 1971 Auftritte i​n Radio u​nd Fernsehen, s​o in Klock 8, achtern Strom u​nd Ein Kessel Buntes. Krauses Kuddel h​atte zwei Gesichter: frecher Seebär u​nd lobhudelnder Grüß-Onkel. Letzterer w​ar gern gesehen z​u Parteitagen, Republikgeburtstagen, Volkskammerwahlen o​der zum 70. Geburtstag d​es Chefideologen Kurt Hager. Zum Kurswechsel k​am es 1987: Krauses Kuddel lernte kritisieren.[2]

Varia

  • Das Gedicht wurde unter anderem von Evelyn Künneke vertont; Achim Reichel hat die literarische Figur als Kuddel Daddel Du auf seiner LP Melancholie und Sturmflut wiederbelebt. Ringelnatz-Preisträger Achim Amme lässt Kuttel Daddeldu im 2. Teil seines Ringelnatz-Programms Echt verboten! lebendig werden.
  • Auf der im November 2021 veröffentlichten CD "EAV-liche Weihnachten - Ihr Sünderlein kommet ..." widmet sich Thomas Spitzer dem Gedicht, im Begleitbuch wird der Text in Form eines Comics wiedergegeben.[3]
  • Der Gedichtband wurde in einer bis heute nachgedruckten Ausgabe 1923 von Karl Arnold illustriert.
  • Im niederdeutschen Sprachraum wird Kuttel (oder Kuddl) Daddeldu auch heute noch verwendet, wenn man über eine etwas windige Person spricht.

Literatur

  • Hans Krause: Kuddeldaddeldu und kein Ende. In: Ernst Günther, Heinz P. Hofmann, Walter Rösler (Hrsg.): Kassette. Ein Almanach für Bühne, Podium und Manege (= Kassette). Nr. 2. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1978, S. 219–224.
  • Jürgen Klammer: Beim Barte des Proleten. Geschichten aus dem Kabarett-Theater Distel in den Zeiten von Walter Ulbricht, Erich Honecker und Helmut Kohl. Leipzig 2013, ISBN 978-3-00-043382-5 – darin auf S. 173–180: Der sozialistische Kuddeldaddeldu.
  • Holger Zürch: Mit knarzendem Kutter zum knurrigen Kuddeldaddeldu. Ringelnatzsommer 2015: Autor Jürgen Klammer stellt beliebteste DDR-Kabarettfigur vor. Leipziger Volkszeitung, Ausgabe Muldental, 10. August 2015.
  • Joachim Ringelnatz: Kuttel Daddeldu erzählt seinen Kindern das Märchen vom Rotkäppchen und zeichnet ihnen sogar was dazu. Sonderdruck der Handschrift mit dem gesetzten Text zum Herausklappen, aus Anlass des 100. Geburtstages von Ringelnatz am 7. August 1983 und seines 50. Todestages am 16. November 1984, Karl Heinz Henssel Verlag, Berlin 1983, ISBN 3-87329-129-0.
Wikisource: Kuttel-Daddeldu – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Bänkel und Balladen, Op.31 auf dem International Music Score Library Project.
  2. Holger Zürch: Mit knarzendem Kutter zum knurrigen Kuddeldaddeldu. Ringelnatzsommer 2015: Autor Jürgen Klammer stellt beliebteste DDR-Kabarettfigur vor. In: Leipziger Volkszeitung, Ausgabe Muldental, 10. August 2015, S. 25
  3. www.eav.at: Kuddeldaddeldu. 14. August 2021, abgerufen am 8. Dezember 2021 (deutsch).
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