Komm, lieber Mai, und mache
Komm, lieber Mai, und mache ist ein deutschsprachiges Lied von Christian Adolph Overbeck (Text) und Wolfgang Amadeus Mozart (Musik). Es zählt neben Franz Schuberts Am Brunnen vor dem Tore und Johannes Brahms’ Guten Abend, gut’ Nacht zu den seltenen Beispielen von Kunstliedern, die durch ihre breite Rezeption zu echten Volksliedern wurden.
Inhalt
Das Lied handelt von einem Kind, das sich den Frühling mit den Möglichkeiten zum Spielen im Freien wünscht. Es wird oft als Frühlingslied bezeichnet. Volksliedforscher weisen demgegenüber darauf hin, dass es sich eigentlich um ein Winterlied handelt und in der Tradition mittelalterlicher Lieder steht, die die Sehnsucht nach dem ersten Veilchen ausdrücken.[1][2] Den Text schrieb der Dichter, Jurist und spätere Lübecker Bürgermeister Christian Adolph Overbeck. Er wurde erstmals im Vossischen Musenalmanach für das Jahr 1776 unter dem Titel Fritzchen an den May veröffentlicht.[3] Overbeck verfasste noch eine ganze Reihe von „Fritzchen“-Gedichten, die 1781 als Fritzchens Lieder erschienen.[4] Allerdings kennzeichnete der Autor einige Lieder, darunter das nunmehr An den May genannte, als für Kinder nicht vorbildhaft und nur dem Vergnügen der Erwachsenen tauglich. Eine geänderte Textfassung mit dem Titel Sehnsucht nach dem Frühlinge, bei der insbesondere die zweite und dritte Strophe völlig neu verfasst waren, gab Joachim Heinrich Campe in seiner Kleinen Kinderbibliothek (1779 ff.) heraus. Overbeck wurde bei dieser Veröffentlichung nicht als Autor genannt. Ob die Textänderungen von ihm selbst stammen oder wenigstens von ihm autorisiert waren, ist nicht bekannt. Overbeck selbst gab das Gedicht jedenfalls auch später immer nur in der ursprünglichen Fassung heraus.[4][5] Die Fassung aus Campes Kinderbibliothek diente Mozart, der ein Exemplar der zweiten Auflage besaß, als Grundlage seiner Vertonung.[6]
Vertonung
Die bekannteste Vertonung des Textes schuf Wolfgang Amadeus Mozart unter dem Titel Sehnsucht nach dem Frühlinge (KV 596).[6][7] Mozart komponierte das Lied gemeinsam mit Der Frühling (KV 597) und Das Kinderspiel (KV 598) am 14. Januar 1791, wie aus seinem eigenhändigen Werkverzeichnis hervorgeht. Die drei Lieder erschienen in der Liedersammlung für Kinder und Kinderfreunde am Clavier des Verlegers Ignaz Alberti.[7]
Das Motiv der Melodie entlehnte Mozart dem Thema des Schlusssatzes seines wenige Tage zuvor fertiggestellten Klavierkonzerts Nr. 27 B-Dur (KV 595). Das Werk ist ein Lied für Singstimme und Klavier, wobei die rechte Hand der Klavierbegleitung identisch mit der Melodie der Singstimme ist. Die Komposition ist in volksliedhafter Schlichtheit gehalten, die Singstimme bewegt sich vorwiegend in Dreiklangsbrechungen. Reizvoll ist dabei insbesondere der Umgang des Komponisten mit den abwechselnd weiblichen und männlichen Endungen der dreihebigen Jamben der Textvorlage.[8] Das Lied steht original in F-Dur.
Weitere Vertonungen des Textes stammen von G. H. L. Wittrock (1777), Marie Adelheid Eichner (1780), Johann Friedrich Reichardt (1781), Gotthelf Benjamin Flaschner (1789), Franz Seydelmann (1790), Wilhelm Baumgartner (1848) und Robert Schumann (Mailied, op. 79,9; 1849).[2][9] Keine erreichte die Popularität und Verbreitung von Mozarts Lied.
Rezeption
Bereits im 19. Jahrhundert war das Lied in vielen Liederbüchern verbreitet. In Preußen gehörte das Lied vor dem Ersten Weltkrieg zum verbindlichen Unterrichtsstoff der vierten Schulklassen.[10][11] Das Deutsche Volksliedarchiv stellt fest, dass das Interesse an dem Lied während der Jugendbewegung sowie zur Zeit des Nationalsozialismus nachließ. Seit der Nachkriegszeit gehört es jedoch wieder fest zum Standardrepertoire deutschsprachiger Volksliederbücher.[2]
Text
Originaltext | Von Mozart vertonte Fassung |
---|---|
Fritzchen an den May. |
Sehnsucht nach dem Frühlinge |
Übersetzungen
In das Dänische übersetzt als „Kom, maj, du søde, milde...“ (Quelle: „Overbeck 1776“; dänische Übersetzung unbezeichnet) in das Gesangbuch der dänischen Heimvolkshochschulbewegung, Højskolesangbogen, 18. Ausgabe, Kopenhagen 2006, Nr. 292 und (auf Deutsch ohne Melodie) Nr. 293.[13]
Weblinks
- Frauke Schmitz-Gropengießer: Komm, lieber Mai und mache (2009). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon
- Sehnsucht nach dem Frühlinge KV 596: Partitur und kritischer Bericht in der Neuen Mozart-Ausgabe
- Sehnsucht nach dem Frühling, KV 596: Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project
- Komm, lieber Mai (Sehnsucht nach dem Frühlinge) im Liederprojekt von SWR2 und Carus-Verlag
- Sehnsucht nach dem Frühling, Lotte Lehmann (Sopran), Paul Ulanowsky (Klavier), 1941
Einzelnachweise
- Heinz Rölleke (Hrsg.): Das Volksliederbuch. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1993, ISBN 3-462-02294-6, S. 141.
- Frauke Schmitz-Gropengießer: Komm, lieber Mai und mache (2009). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon
- Textfassung aus dem Musenalmanach 1776 mit Scan der Editionsvorlage im Historisch-kritischen Liederlexikon
- Christian Adolph Overbeck: Fritzchens Lieder. Neue Ausgabe. Hamburg, Campe 1831 (archive.org).
- Christian Adolph Overbeck: Sammlung vermischter Gedichte. Bohn, Lübeck / Leipzig 1794, S. 195 ff. (Digitalisat in der Google-Buchsuche)
- Sehnsucht nach dem Frühlinge KV 596: Partitur und kritischer Bericht in der Neuen Mozart-Ausgabe
- Ludwig von Köchel: Chronologisch-thematisches Verzeichnis sämtlicher Tonwerke Wolfgang Amadé Mozarts. 6. Auflage bearbeitet von Franz Giegling, Alexander Weinmann und Gerd Sievers. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1964, S. 683 f.
- Joachim Steinheuer: Die Lieder, mehrstimmigen Gesänge, Kanons und Arien. In: Silke Leopold u. a.: Mozart-Handbuch. Bärenreiter, Kassel 2005, ISBN 3-7618-2021-6, S. 631–673, hier S. 642 f.
- Komm, lieber Mai, und mache bei The LiederNet Archive
- Informationen zu Komm, lieber Mai auf Volksliederarchiv.de
- Liste der in Volksschulen zu lehrenden Lieder. (Memento des Originals vom 20. März 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Zentralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung in Preußen, Jahrgang 1912, S. 623–626; auf Volksliederarchiv.de
- Vordergründig gemeint sind nicht Exkremente, sondern die ursprüngliche Bedeutung Lehm. Siehe Bedeutungswandel, Kot #Begriffe und Bezeichnungen und Kot (Wiktionary)!
- Vgl. Otto Holzapfel: Liedverzeichnis: Die ältere deutschsprachige populäre Liedüberlieferung (Online-Fassung auf der Homepage Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern; im PDF-Format; laufende Updates) mit weiteren Hinweisen.