Knut Folkerts
Knut Detlef Folkerts (* 1. Januar 1952 in Singen) ist ein ehemaliges Mitglied der terroristischen Vereinigung Rote Armee Fraktion (RAF). Er wurde 1977 in den Niederlanden wegen Mordes zu 20 Jahren Haft, später in Deutschland unter anderem wegen der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback zu zweifacher lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und 1995 aus der Haft entlassen.[1][2]
Leben
RAF-Zeit und Festnahme
Knut Folkerts wurde wegen eines Überfalls auf ein Waffengeschäft in Frankfurt am Main gesucht, welchen er am 1. Juli 1977 mit Willy Peter Stoll begangen haben soll. In einem Interview 2007 bestritt er allerdings, daran beteiligt gewesen zu sein.[3]
Am 22. September 1977 wollten Folkerts und Elisabeth von Dyck einen zwölf Tage zuvor von Sigrid Sternebeck in Zusammenhang mit der Schleyer-Entführung gemieteten niederländischen Pkw in Utrecht bei einer Autovermietung zurückgeben. Deren Umgebung wurde von der niederländischen Polizei observiert. Beim Versuch der Festnahme erschoss Folkerts den Polizisten Arie Kranenburg (* 10. Juni 1931) und verletzte einen weiteren schwer.[4] Im weiteren Verlauf wurde Folkerts festgenommen. Von Dyck, die zunächst fälschlicherweise als Brigitte Mohnhaupt identifiziert wurde und vorher in der Nähe des späteren Tatortes aus dem Mietwagen ausgestiegen war, konnte entkommen.
Zwischenzeitlich behauptete Folkerts, das deutsche Bundeskriminalamt habe ihm damals ein Angebot gemacht: Eine neue Identität in den USA und eine Million D-Mark, wenn er den Aufenthaltsort von Hanns Martin Schleyer preisgebe. Dieses Angebot sei mit der Drohung verbunden gewesen, ihn zu töten, wenn er nicht darauf eingehe. Ein BKA-Beamter bestätigte das Angebot, bestritt aber die Drohung.[5]
Prozess wegen Mordes
Wegen des Mordes an dem Polizisten wurde Knut Folkerts in Utrecht zu 20 Jahren Haft verurteilt und verbüßte die Strafe etwa ein Jahr in den Niederlanden. Nach der Auslieferung an die Bundesrepublik folgte 1980 der Prozess in Stuttgart: Folkerts wurde am 31. Juli 1980 wegen der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback und dessen zwei Begleiter, wegen Mordversuchs und Bildung einer terroristischen Vereinigung sowie wegen eines Raubüberfalls auf ein Waffengeschäft in Frankfurt am Main[6] zu einer zweimal lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
Am 16. Oktober 1995 kam er vorzeitig aus der Haft frei. Ehemalige RAF-Mitglieder sagten später aus, er habe sich während des Attentats auf Buback in Amsterdam aufgehalten und sei somit nicht unmittelbar daran beteiligt gewesen.[3] Nach deutschem Recht ist jedoch trotzdem eine Verurteilung wegen gemeinschaftlichen Mordes möglich, wenn Folkerts den Mord aus der Ferne unterstützt hat. Im Mai 2007 gab er in einem Gespräch mit dem Spiegel an, von der Planung dieses Anschlags durch die Rote Armee Fraktion gewusst, aber nicht direkt daran mitgewirkt zu haben. Ein Rechtsanwalt äußerte 2007 Zweifel an den Aussagen der Zeugen, die Folkerts in der Nähe des Buback-Tatorts gesehen haben wollen.[7]
Haftverbüßung in den Niederlanden
Am 5. August 2005 forderte die niederländische Regierung – nicht zuletzt auf Drängen von Joke Kranenburg, der Witwe des erschossenen Polizisten –, dass er seine Reststrafe für den Utrechter Mord verbüßt. Hierzu richteten sie ein Rechtshilfeersuchen an die bundesdeutsche Justiz. Ziel dieses Ersuchen ist es, dass Folkerts die Haftstrafe aus dem Verfahren in Utrecht in der Bundesrepublik verbüßen soll. Damit würde die niederländische Justiz die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2005 zum Europäischen Haftbefehl umgehen, welche die Auslieferung deutscher Staatsbürger abgelehnt hat. Am 31. Mai 2006 verfügte ein Gericht in Den Haag, dass Folkerts eine Haftstrafe von 20 Jahren in den Niederlanden zu verbüßen habe. Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat das Rechtshilfeersuchen der Niederlande am 16. Juni 2011 aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für unzulässig erklärt.[8]
Am 28. Dezember 2007 ordnete der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs Beugehaft von bis zu sechs Monaten gegen die ehemaligen RAF-Mitglieder Knut Folkerts, Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt an, um sie zu einer Aussage zum Mord an Siegfried Buback im Jahre 1977 zu zwingen. Folkerts’ Anwältin äußerte, dass er trotzdem nicht aussagen werde.[9] Am 7. August 2008 hob der Bundesgerichtshof die Beschlüsse über die Anordnung der Beugehaft auf.[10]
Literatur
- Stefan Aust: Der Baader-Meinhof-Komplex. Hoffmann und Campe, Hamburg 1985, 667 Seiten, ISBN 3-455-08253-X (erweitert und aktualisiert: 1997, ISBN 3-455-11230-7; Taschenbuchausgabe 1998, ISBN 3-442-12953-2; völlig überarbeitete und ergänzte Neuausgabe 2008, ISBN 978-3-455-50029-5)
- Klaus Pflieger: Die Aktion „Spindy“, Die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Dr. Hanns-Martin Schleyer, Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1. Auflage 1997, ISBN 3-7890-4598-5
- Nach dem bewaffneten Kampf : ehemalige Mitglieder der RAF und Bewegung 2. Juni sprechen mit Therapeuten über ihre Vergangenheit / hrsg. von Angelika Holderberg. - Gießen: Psychosozial-Verl., 2007. - ISBN 978-3-89806-588-7
Weblinks
Einzelnachweise
- Urteil gegen RAF-Terrorist Knut Folkerts „Systematischer Fehler“ auf spiegel.de
- Das Urteil gegen Knut Folkerts auf sueddeutsche.de
- Spiegel Online: „Ex-Terroristen entlasten Klar und Folkerts als Buback-Mörder“ auf spiegel.de
- spiegel.de Prozesse: Pak'm, in: Der Spiegel vom 12. Dezember 1977, abgerufen am 14. März 2017
- Stefan Aust: Der Baader-Meinhof-Komplex Piper Verlag, München 2020, ISBN 978-3-492-23628-7, S. 808
- Interview mit Knut Folkerts in: Der Spiegel 20/2007, Seite 60.
- Rechtsanwalt in Spiegel Diskussion: „denkbar, dass damals alle Zeugen geirrt haben“ (20. August 2007)
- Strafvollstreckung aus niederländischem Strafurteil gegen früheren RAF-Angehörigen Folkerts ist unzulässig (Memento des Originals vom 4. August 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf justiz.hamburg.de
- Anwälte erwarten keine Aussagen bei Beugehaft auf welt.de (5. Januar 2008)
- Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs auf juris.bundesgerichtshof.de (15. August 2008)