Kloster Marienthal (Hamminkeln)
Kloster Marienthal ist ein ehemaliges und vermutlich erstes Kloster der Augustiner-Eremiten im deutschsprachigen Raum und heutiges Karmeliterkloster. Im Jahre 1986, wurde von der Niederdeutschen Provinz der Karmeliten eine Neugründung des Klosters vorgenommen. Neben dem Kloster ist die Kirche eine römisch-katholische Pfarr- und Karmelkirche in Hamminkeln-Marienthal (Kreis Wesel).
Geschichte
1256 holte der Ritter Sueder aus Ringenberg Augustiner-Eremiten auf seine Besitzungen und stiftete ihnen ein Kloster an der Issel, das Oratorium Ten Beylar. Dieses war allerdings durch den Fluss hochwassergefährdet, so dass man eine Umsiedlung in das nahe gelegene heutige Marienthal beschloss. Marienthal ist damit das älteste Kloster der Augustiner-Eremiten in Deutschland. Die Augustiner waren vermutlich aus Klöstern des heute niederländisch-belgischen Gebietes gekommen. Die Klosterkirche St. Mariä Himmelfahrt wurde 1345 geweiht und ist ein in den Formen der niederrheinischen Spätgotik errichteter einschiffiger Backsteinbau mit 5/8-Chorschluss. Sie ist als Bettelordenskirche mit einem kleinen Dachreiter ausgestattet.
1806 wurde das Kloster infolge der Säkularisation aufgehoben und große Teile der Klosteranlagen abgebrochen. Vom ehemaligen Kreuzgang hat sich südlich der Kirche ein Flügel des 17. Jahrhunderts erhalten, in welchem sich ein Glasfenster von Heinrich Campendonk befindet.
1839 wurde Marienthal eine selbstständige Pfarrgemeinde und die Klosterkirche Pfarrkirche. Nach ihrer Patronin, der heiligen Maria, erhielt sie den Namen Mariä Himmelfahrt. Im Jahr 1924 wurde Augustinus Winkelmann zum Pfarrer von St. Maria Himmelfahrt im bäuerlich geprägten Marienthal berufen. Schwerpunkte seiner sechsundzwanzig jährigen Tätigkeit waren die kirchliche Jugendarbeit sowie die Heranführung zeitgenössischer Künstler an den sakralen Raum und die Erneuerung der kirchlichen Kunst. Zahlreiche junge Künstler, insbesondere des Rheinischen Expressionismus kamen nach Marienthal und schufen Werke in der Kirche, in den ehemaligen Mönchszellen und auf dem Friedhof. Die vielen künstlerischen Grabmäler zeigen, dass auch die Kirchengemeinde die Ideen Winkelmanns mittrug. In der Zeit des Nationalsozialismus bot Winkelmann mit Berufsverbot belegten Künstlern Arbeitsmöglichkeiten. Marienthal entwickelte sich in einem Vierteljahrhundert zum bedeutenden Ort sakraler Kunst am Niederrhein.
Seit 1986 übernahmen Karmeliter die Pfarrseelsorge und begründeten ein neues Kloster.
Heutiges Karmeliterkloster
Genau 180 Jahre nach der Säkularisation durch Napoleon und der Aufgabe des Klosters Marienthal durch den Orden der Augustiner-Eremiten, wurde 1986 eine Neugründung eines Konventes vorgenommen. Karmeliter der damaligen Niederdeutschen Ordensprovinz mit Sitz in Duisburg bezogen die noch vorhandenen Klosteranlagenteile des vermutlich ersten Augustinerklosters im deutschsprachigen Raum. Von dem Gründungskonvent, bestehend aus 3 Patres und einem Bruder, lebt heute nur noch ein Bruder.
Diese übernahmen im Jahre 1986 die gesamte Pfarrseelsorge und führten seitdem unter anderem in Nachbarpfarren Vertretungen durch. Zwischenzeitlich war das Kloster Marienthal Provinzialsitz der Niederdeutschen Ordensprovinz.
Zudem befand sich in Marienthal das Ausbildungshaus der Niederdeutschen Karmelitenordensprovinz. Auch wurden und werden in Marienthal immer wieder Exerzitien durchgeführt.
Heute ist das Kloster Marienthal die nördlichste Niederlassung der im Jahre 2012 vereinigten deutschen Karmelitenprovinz mit Sitz in Bamberg. Derzeit leben im Kloster 6 Ordensleute, die gemeinsam die Pfarrgemeinde Marienthal, eine der kleinsten im Bistum Münster, leiten und auch andere Aufgaben in der Umgebung wahrnehmen.
Architektur
In der Westfassade der Kirche befindet sich unter einem gotischen Spitzbogenfenster eine dreigeteilte Blende, die oberhalb des Portals eingelassen ist. In ihr befinden sich in Maßwerknischen drei Sandsteinfiguren, die 1939 geschaffen wurden. In der Mitte steht die hl. Maria mit dem Jesuskind, rechts die heilige Monika und links ihr Sohn, der heilige Augustinus. Sie ersetzen teilweise verwitterte Figuren aus dem 15. Jahrhundert, die sich heute im Kircheninneren befinden.
Das Chorgestühl an beiden Seiten der Chorwände und eine Kreuzigungsgruppe an der rechten Langhauswand lassen sich in die Zeit um 1450 datieren. 1925 wurden bei Restaurierungsarbeiten Gewölbemalereien aus der Zeit nach 1450 entdeckt und im Chor teilweise freigelegt. Die Deckenmalerei links im Chor zeigt die Abbildung einer Kirche mit Rundbogenfenstern, die auf die erste Kirche des Klosters in ten Bylar hinweisen könnte. Im Langhaus wurden bei späteren Arbeiten 1968/1969 Rankenmalereien gefunden, die die Schlusssteine umgeben sowie im zweiten und dritten Joch Secco-Malereien, die Christus als Weltenrichter und musizierende Engel zeigen.
Als Bettelordenskirche ist die Klosterkirche Marienthal mit einem kleinen Dachreiter ausgestattet. In ihm hängen zwei Glocken vermutlich aus der Nachkriegszeit, da zuvor die zwei alten Bronzeglocken eingeschmolzen wurden.
Künstler und Kunstwerke in Marienthal
- Ludwig Baur: Ausgestaltung von drei Klosterzellen (1933)
- Hildegard Bienen: Tür der Friedhofskapelle; Madonna mit Kind (Bronzeplastik, 1971), Grabsteine auf dem Friedhof
- Dominikus Böhm: Hochaltar
- Heinrich Campendonk: Glasfenster im Kreuzgang „Kreuzabnahme“ (1926/1927)
- Heinrich Dieckmann: Chorfenster „Der Auferstandene“ (1926)
- Trude Dinnendahl-Benning: Glasfenster „Vertreibung aus dem Paradies“ (1949)
- Almuth Lütgenhaus: Bronzeplastik „Jesus und Johannes“
- Helmuth Macke: Klosterzelle „Hl. Franziskus“ (Fresko) (1927)
- Hein Minkenberg: Grabstein „Der Sämann“
- Edwin Scharff: Ambo, Taufbrunnen (1941/42); Bronzeportal der Kirche „Credo“ (1945/1949)
- Eugen Senge-Platten: Pfortenengel (1937)
- Josef Strater: Tau-Kreuz im Kreuzgang (1928); Kreuzwegstationen (Fresken, 1932)
- Johann Tefert: Christuskopf in der Kirchenmauer (1937)
- Jan Thorn Prikker: Oberlichtfenster in einer Kreuzgangzelle (1928)
- Anton Wendling: drei figürliche Kirchenfenster: „Verkündigung an Maria“, „Geburt Christi“, „Kreuzabnahme“ (1926 oder 1927); zwei Ornamentfenster (davon eines nach Kriegszerstörung nicht wiederhergestellt);[1] Glasmosaik an der Nordwand (1954); zwei Kirchenfahnen[2]
- Hein Wimmer: Tabernakel (mit einem Pfingst-Zitat von Herman Schell)
- Jupp Rübsam: Statue Hl. Josef (1930; Lindenholz), drei Figuren der Portalkrönung der Pfarrkirche (Hl. Augustinus, Madonna, Hl. Monika; 1937–1939; Sandstein)
Das Chorfenster „Der Auferstandene“ von Dieckmann wurde 1927 auf der großen Juryfreien Kunstausstellung in Berlin gezeigt.
Literatur
- Johannes Ramackers: Marienthal. Des ersten deutschen Augustiner-Klosters Geschichte und Kunst. Rheinisches Bilderbuch Nr. 6. Augustinus-Verlag, Würzburg 1954.
- Augustinus Winkelmann: Zur Geschichte der Neuen Kunst und ihrer Symbolik in Marienthal, In: Johannes Ramackers: Marienthal. Würzburg 1954.
- Bernhard Roßhoff: Augustinus Winkelmann. In: Heimatkalender des Kreises Wesel. Wesel 1981, S. 69–76.
- Jutta Pitzen: Jupp Rübsam 1896-1976. In: Leben und Werk niederrheinischer Künstler, Band 1. Krefeld 1991.
- 650 Jahre Klosterkirche Marienthal St. Mariä Himmelfahrt 1345–1995. Festschrift. Marienthal o. J.
- Heinrich Janssen, Udo Grote (Hrsg.): Zwei Jahrtausende Geschichte der Kirche am Niederrhein. Münster 2001.
- Martin Segers: Der Friedhof an der Klosterkirche Marienthal. Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2003.
- Martin Segers, Peter Schröder: Kloster Marienthal. Regensburg 2004.
- Martin Segers, Peter Schröder: Marienthal. Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2009.
- Matthias Brenken: Das wahre Licht kam in die Welt – Die Fenster der Klosterkirche Marienthal. Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2010.
- Manuel Hagemann: Hamminkeln-Marienthal – Augustinereremiten. In: Nordrheinisches Klosterbuch. Bd. 2. Verlag Franz Schmitt, Siegburg 2012, ISBN 978-3-87710-449-1, S. 444–449.
- E. Klueting, S. Panzer, Andreas H. Scholten: Monasticon Carmelitanum.
Weblinks
Einzelnachweise
- Busso Diekamp: Kirchliche Glasmalerei des 20. Jahrhunderts im Rheinland, dargestellt an Beispielen aus dem Werk des Glasmalers Anton Wendling. In: Bonner Jahrbücher. Band 187, 1987, S. 309–364, hier S. 318–328, doi:10.11588/bjb.1987.0.65654.
- Busso Diekamp: Kirchliche Glasmalerei des 20. Jahrhunderts im Rheinland, dargestellt an Beispielen aus dem Werk des Glasmalers Anton Wendling. In: Bonner Jahrbücher. Band 187, 1987, S. 309–364, hier S. 319, doi:10.11588/bjb.1987.0.65654.