Kay Kuntze
Biografie
Kay Kuntze studierte in Berlin an der Technischen Universität Mathematik und an der Hochschule der Künste Schulmusik, später Musik- und Theaterwissenschaft. Dann wechselte er an die Hochschule für Musik und Theater nach Hamburg und studierte bei Götz Friedrich Musiktheater-Regie. Sein Diplom erhielt er „mit Auszeichnung“. Während des Studiums war er Stipendiat der Richard-Wagner-Gesellschaft.
Anschließend war er Regieassistent u. a. an der Semperoper Dresden, der Komischen Oper Berlin und bei den Schwetzinger Festspielen. Fest-Engagements führten ihn als Regieassistent an die Bühnen der Landeshauptstadt Kiel, als Spielleiter an die Deutsche Oper Berlin und als Chefregisseur ans Mittelsächsische Theater.
Kuntze ist Neffe des Radiomoderators und DJs Lord Knud, Großneffe des Bildhauers Ralf Kuntze und Urenkel von „Polyglott Kuntze“, dem Verleger John William Kuntze, der 1902 den Verlag „Polyglott Kuntze Kosmos“ gegründet hat, den Vorläufer der Polyglott Reise- und Sprachführer.
Intendanz
Berlin
Von 2002 bis 2012 war Kuntze künstlerischer Leiter der Berliner Kammeroper,[1] die sich unter seiner Leitung auf die Erarbeitung zeitgenössischer Werke des Musiktheaters fokussierte, darunter viele Uraufführungen und deutsche Erstaufführungen.[2] Trotz starker künstlerischer Profilierung, großer überregionaler Anerkennung und wirtschaftlicher Stabilität[3] wurde der Berliner Kammeroper 2010 die finanzielle Basis ihrer Arbeit durch den Berliner Senat entzogen.[4][5] Nach großen Protesten der internationalen Kulturszene wurde eine weitere Förderung durch den Senat eingeräumt.[6] 2014 stellte die Berliner Kammeroper den Spielbetrieb ein.
Altenburg Gera
Seit 2011[7] ist Kuntze Generalintendant und künstlerischer Geschäftsführer des Theater Altenburg Gera (bis 2018: TPT Theater & Philharmonie Thüringen), seit 2012 auch Operndirektor.[8][9] Nach einer Beinahe-Insolvenz im Jahr 2010 konnte das 5-Sparten-Theater unter seiner Leitung stabilisiert werden.[10]
2012 erhielt er den Auftrag zur Reduzierung der Orchestergrösse und zur Abwicklung der Sparten Schauspiel und Puppentheater.[11] Durch den Abschluss von Haustarifverträgen, eine erneuerte Finanzierungsvereinbarung und innerbetriebliche Umstrukturierungen konnte der Fortbestand des letzten produzierenden 5-Sparten-Theaters Thüringens gesichert werden.[12]
Am 1. Januar 2013 wurde unter dem Dach von Theater & Philharmonie Thüringen das Thüringer Staatsballett gegründet.[13]
In den Jahren 2013[14] und 2014[15] hat die Thüringische Landeszeitung eine Kritikerumfrage initiiert. Beide Mal ist Theater & Philharmonie Thüringen zum Thüringer Theater des Jahres gewählt worden.
Seit 2015 werden zunehmend Internationale Kooperationen und Gastspiele realisiert. Reisen führten die Ensembles in den letzten Jahren nach Burkina Faso, Griechenland, Türkei, Israel, Österreich, Schweiz, Rumänien und China.
In der Saisonrückschau 2016/17 der Zeitschrift Die Deutsche Bühne konnte TPT die Kategorie „Ungewöhnlich überzeugende Theaterarbeit abseits der großen Theaterzentren“ für sich entscheiden: „Selten gab es hier einen Sieger mit so vielen Stimmen“, denn „in ihren beiden Spielstätten in Gera und Altenburg liefern Theater & Philharmonie Thüringen Gera/Altenburg ambitionierte Produktionen in allen Sparten auf durchgehend hohem künstlerischen Niveau mit einem deutlichen Bekenntnis zu dem international zusammengesetzten Ensemble.“[16]
2017 wurde Theater und Philharmonie Thüringen von Kulturstaatsministerin Monika Grütters mit dem Theaterpreis des Bundes ausgezeichnet, weil das „künstlerische Programm eigenwillig“ sei: „Statt lediglich auf Kassenschlager, setzt die TPT in allen Sparten auf Randständiges, Vergessenes und Verdrängtes. Die TPT ist mit diesem Programm widerständig gegenüber einem Denken der Einengung und Abschottung, aber nicht verschlossen.“[17]
Im Mai 2018 wurde die Duale Orchesterakademie Thüringen als gemeinsames Nachwuchsförderprogramm von Theater & Philharmonie Thüringen und der Philharmonie Jena gegründet.[18]
Nach Orchesterakademie, Thüringer Opernstudio (seit 2013 zusammen mit der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar und den Theatern in Erfurt, Weimar und Nordhausen) und dem Stipendium für Puppentheater-Regie (seit 2017) wurde zur Spielzeit 2018/19 mit dem Eleven-Programm des Thüringer Staatsballetts für die vierte Sparte von Theater & Philharmonie Thüringen ein Nachwuchsförderprogramm gestartet.[19]
Als zweites Ensemble in den neuen Bundesländern überhaupt wurde die Musiktheatersparte von Theater & Philharmonie Thüringen 2018 mit dem Preis der deutschen Theaterverlage ausgezeichnet,[20] da „eine über Jahre hinweg konsequent umgesetzte Spielplanpolitik, die der zunehmenden Verengung des Repertoires auf vermeintlich publikumswirksames Titel systematisch entgegenarbeitet, dem Theater große Anerkennung gebracht“ habe.[21]
Nach zwei Nominierungen für den Faust-Preis (2017 und 2019) wurde 2019 der Götz-Friedrich-Regienachwuchspreis für eine Produktion am Theater Altenburg Gera verliehen.[22]
Seit 2012 (ca. 135.000) stiegen kontinuierlich die Zuschauerzahlen. 2017[23] wurde die Marke von 150.000 Zuschauern überschritten,[24] die auch in den Folgejahren bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie weiter erhöht werden konnte (2019: ca. 156.600).[25] [26]
2021 wurden mit den Mitarbeitenden individuelle Urlaubsvereinbarungen geschlossen, um nach der coronabedingten Schließzeit ab Juni 21 ohne Sommerpause wieder kontinuierlich spielen zu können.[27]
Regie
Kuntze hat im In- und Ausland bislang etwa 90 Inszenierungen überwiegend im Musiktheater erarbeitet, z. B. an Theatern in Berlin, Hamburg, Dresden, Bremen, Bremerhaven, Braunschweig, Kiel, Lübeck, Bielefeld, Osnabrück, Schwerin, Cottbus, Gera/Altenburg, Brandenburg, Potsdam; Bern, Linz, Innsbruck, Kaliningrad, Kopenhagen, Montpellier, Paris und Tel Aviv sowie für das Schleswig-Holstein Musikfestival, die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, die Kammeroper Schloss Rheinsberg und die Eutiner Festspiele.
Inszenierungen von Kuntze wurden bei Kritikerumfragen der opernwelt und der Deutschen Bühne nominiert und mit Zuschauerpreisen ausgezeichnet.[28][29][30][31]
Für seine Inszenierung von Mieczysław Weinbergs Die Passagierin wurde er in der Kategorie „Regie Musiktheater“ für den Faust-Preis 2019 nominiert.[32]
Inszenierungen (ab 2010)
- 2010: Nicolaj Rimkij-Korssakow: Die Zarenbraut, Theater Osnabrück[33]
- 2010: Richard Strauss: Arabella, Theater Lübeck[34]
- 2010: Bernd Redmann: Die Gehetzten (UA), Theater Bremen[35]
- 2010: Carl Maria von Weber: Der Freischütz, Eutiner Festspiele[36]
- 2010: William Murta: The Birds of Alfred Hitchcock (UA), Theater Bielefeld[37]
- 2010: Adriana Hölszky: Bremer Freiheit, Berliner Kammeroper im Konzerthaus Berlin[38]
- 2011: Wolfgang Amadeus Mozart: Idomeneo, Theater Bremen[39]
- 2011: Ulvaeus, Anderson, Price: Chess, Theater Bielefeld[40]
- 2011: Georges Bizet: Carmen, Theater und Philharmonie Thüringen[41]
- 2012: Gaëtano Donizetti: Lucia di Lammermoor, Stadttheater Bern[42]
- 2012: Péter Eötvös: Harakiri, Berliner Kammeroper im Konzerthaus Berlin
- 2012: Peter Eötvös: Radames, Berliner Kammeroper im Konzerthaus Berlin[43]
- 2012: Siegfried Matthus: Kronprinz Friedrich, Kammeroper Schloss Rheinsberg
- 2012: Ulvaeus, Anderson, Price: Chess, Theater und Philharmonie Thüringen[44]
- 2013: Dmitri Schostakowitsch: Lady Macbeth von Mzensk, Theater und Philharmonie Thüringen[45]
- 2013: Giuseppe Verdi: La forza del destino, Tiroler Landestheater Innsbruck[46]
- 2014: Benjamin Britten: Peter Grimes, Theater und Philharmonie Thüringen[47]
- 2014: Per Nørgård: Nuit des Hommes (DEA), Theater und Philharmonie Thüringen[48]
- 2014: Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte, Kammeroper Schloss Rheinsberg[49]
- 2014: Frank Wildhorn: Jekyll & Hyde, Theater und Philharmonie Thüringen[50]
- 2015: Leoš Janáček: Jenůfa, Theater und Philharmonie Thüringen[51]
- 2015: Giuseppe Verdi: Rigoletto, Theater und Philharmonie Thüringen[52]
- 2016: Hans Sommer: Rübezahl und der Sackpfeifer von Neisse, Theater und Philharmonie Thüringen[53]
- 2016: Terrence McNally: Meisterklasse, Theater und Philharmonie Thüringen[54]
- 2016: Richard M. Sherman/ Robert B. Sherman: Tschitti Tschitti Bäng Bäng, Theater und Philharmonie Thüringen[55]
- 2017: Peter Tschaikowsky: Masepa, Theater und Philharmonie Thüringen[56]
- 2018: Frank Wildhorn: Jekyll & Hyde, Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin[57]
- 2018: George Enescu: Oedipe, Theater und Philharmonie Thüringen[58]
- 2018: Bedřich Smetana: Die verkaufte Braut, Theater und Philharmonie Thüringen[59]
- 2018: Jacques Offenbach: Hoffmanns Erzählungen, Theater und Philharmonie Thüringen[60]
- 2019: Mieczyslaw Weinberg: Die Passagierin, Theater und Philharmonie Thüringen[61]
- 2019: Kay Kuntze: Geliebtes Klärchen, Theater und Philharmonie Thüringen[62]
- 2019: Eduard Künneke: Der Vetter aus Dingsda, Theater Altenburg Gera[63]
- 2020: Peter Tschaikowski: Eugen Onegin, Theater Altenburg Gera[64]
- 2020: Giancarlo Menotti: Das Telephon, Theater Altenburg Gera[65]
- 2020: Francis Poulenc: Die menschliche Stimme, Theater Altenburg Gera[66]
- 2021: John Tavener: A Gentle Spirit, Theater Altenburg Gera[67]
- 2021: William Walton: The Bear, Theater Altenburg Gera[68]
Lehre
Kuntze unterrichtet(e) im Studiengang Bühnenbild an der Technischen Universität Berlin sowie in den Opernklassen der Hochschule für Musik und Theater Leipzig und der Hochschule für Musik Weimar.
Gremien
Kuntze war bzw. ist Juror beim internationalen Gesangswettbewerb Kammeroper Schloss Rheinsberg, der Rheinsberger Opernwerkstatt, dem Bundeswettbewerb Gesang sowie in diversen Vergabe-Beiräten.
Im Deutschen Bühnenverein ist er Mitglied der Intendantengruppe, beratender Intendant im Tarifausschuss und stellvertretender Vorstands-Vorsitzender des Landesverband Thüringen.
Außerdem ist er stellvertretender Vorsitzender im Fachausschuss des Bundeswettbewerb Gesang.
Weblinks
- Website von Kay Kuntze (Memento vom 3. Oktober 2016 im Internet Archive)
- Kay Kuntze auf der Website von Theater Altenburg Gera
- Kay Kuntze bei Operabase (Inszenierungen)
- Inszenierungen, Produktionsdatenbank Theapolis
Einzelnachweise
- Kreativität darf nicht von Angst beherrscht sein In: Berliner Morgenpost
- 25 Jahre Berliner Kammeroper. In: Opernwelt
- Tod ohne Kredit. In: Frankfurter Rundschau
- Ausgerechnet die? In: Berliner Zeitung
- Letzter Triumph. In: Berliner Morgenpost
- macht weiter (Memento vom 19. Oktober 2014 im Internet Archive). In: Berliner Kammeroper
- Kuntze wird Intendant in Altenburg/Gera In: Ostthüringer Zeitung
- Intendant Kuntze verlängert Vertrag. dpa
- Kuntze bleibt Intendant In: Musik Heute
- Theater Altenburg/Gera stabilisiert. In: Focus
- Kuntze warnt vor Kahlschlag. dpa
- Fürs Erste gerettet. In: Opernwelt
- Gründung des Thüringer Staatsballetts. In: Ostthüringer Zeitung
- Theater Altenburg/Gera ist Theater des Jahres 2013. In: Thüringische Landeszeitung
- Inszenierung des Jahres 2014 in Altenburg/Gera. In: Thüringische Landeszeitung
- Saisonrückblick 2016/17. (Memento vom 7. August 2017 im Internet Archive) In: Die Deutsche Bühne.
- Theaterpreis des Bundes für Altenburg/Gera. In: Thüringische Landeszeitung
- Duale Orchesterakademie Thüringen geht an den Start. In: Klassik Magazin
- Neues Elevenprogramm des Staatsballett In: Die Welt
- Preis deutscher Theaterverlage 2018 geht nach Altenburg-Gera In: Leipziger Volkszeitung
- Jurybegründung Preis deutscher Theaterverlage 2018 In: Stiftung VDB
- Götz-Friedrich-Stiftung – Studiopreis 2019
- Marke von 150000 Zuschauern erreicht In: Thüringische Landeszeitung
- Rekord im Jahr 2017. In: Leipziger Volkszeitung
- Mehr Besucher in Altenburg/Gera In: Klassik.com
- Zuschauer-Produktionen-Preise-ein erfolgreiches Jahr In: Leipziger Volkszeitung
- Sommertheater in Altenburg Gera In: Ostthüringer Zeitung
- Aus Liebe zum Theater: Publikumslieblinge des Theaters Altenburg-Gera 2015 stehen fest. In: Ostthüringer Zeitung vom 8. Juni 2015, abgerufen am 30. Juni 2017
- Ein Hauch von Hollywood: Oskar-Verleihung im Altenburger Landestheater. In: Leipziger Volkszeitung vom 13. Juni 2016, abgerufen am 30. Juni 2017
- Goldglitzer für die Altenburger Theaterlieblinge. In: Leipziger Volkszeitung vom 3. Juni 2018
- Theatervereine verleihen zum 25. Mal den „Oskar“ für Altenburg und Gera. In: Leipziger Volkszeitung vom 11. Juni 2019
- Geras Intendant nominiert. In: Ostthüringer Zeitung Vom 12. September 2019
- Zarenbraut In: Opernnetz
- Arabella. In: Opernnetz
- Anschlussfähige Avantgarde. In: TAZ.
- Der Schlingensief von Eutin. In: Hamburger Abendblatt.
- Birds Uraufführung. In: Neue Westfälische.
- Verbrechen aus verlorener Ehe. In: TAZ.
- Tableaus als Sinnbilder. In: Die Deutsche Bühne.
- Umjubelte Chess-Premiere. In: Neue Westfälische.
- Fatale Corrida der Liebe. In: Thüringische Landeszeitung.
- Schauerromantik. In: Neue Zürcher Zeitung.
- Zwei Kurzopern. In: Neue Musikzeitung.
- Allegorie Schach. In: Ostthüringer Zeitung.
- Ein Funken Hoffnung. In: Oper und Tanz
- Liebe in Zeiten des Krieges. (Memento vom 29. August 2018 im Internet Archive) In: Tiroler Tageszeitung.
- Eine mörderische Verleumdung. In: Thüringische Landeszeitung.
- Schreckensklänge. In: Die Deutsche Bühne.
- Auf dem Papagenomobil. In: Der Tagesspiegel.
- Rasante Höllenfahrt. In: Thüringische Landeszeitung.
- Applausorgie nach Jenufa. In: Thüringische Landeszeitung.
- Bizarre Tragödie. In: Opernnetz.
- Rübezahl. In: Die Deutsche Bühne. Abgerufen am 19. März 2016.
- Meisterliche Meisterklasse. In: Ostthüringer Zeitung
- Für Herz, Auge und Ohr. In: Ostthüringer Zeitung
- In den Mühlen des Militarismus. In: Thüringische Landeszeitung
- Großes Kino auf der Theaterbühne. In: Ostsee-Zeitung.
- Das Schicksal siegt. In: Die Deutsche Bühne
- Perfides Satyrspiel. In: Neue Musikzeitung
- Intelligenter Hoffmann in Gera In: Neue Musikzeitung
- Roland H. Dippel: Grausame Erinnerungen. In: Concerti, 10. März 2019, abgerufen am 13. März 2019.
- Eine musikalisch-literarische Liebesgeschichte In: Leipziger Volkszeitung
- „Der Vetter aus Dingsda“ feiert grandiose Premiere in Altenburg. In: Kunst und Technik
- Eingerahmte Verzweiflung In: Kunst und Technik
- Zweisam Einsam. In: Ostthüringer Zeitung
- Telefonterror In: Neue Musikzeitung
- Toxische Ehemänner In: Concerti
- Tragödische und burleske Ehe-Desaster In: Neue Musikzeitung