Kathedrale von Tournai
Die Kathedrale Notre-Dame de Tournai (deutsch Unsere Liebe Frau zu Tournai) ist ein der Jungfrau Maria geweihter Dom in der belgischen Stadt Tournai und Sitz des gleichnamigen Bistums. Sie ist ein Meisterwerk der Scheldegotik und zählt zu den bedeutenden kulturhistorischen Monumenten in Westeuropa.
Kathedrale Notre-Dame in Tournai | |
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UNESCO-Welterbe | |
Konche des romanischen Querschiffs | |
Vertragsstaat(en): | Belgien |
Typ: | Kultur |
Kriterien: | (ii)(iv) |
Fläche: | 0,4963 ha |
Pufferzone: | 20,2219 ha |
Referenz-Nr.: | 1009 |
UNESCO-Region: | Europa und Nordamerika |
Geschichte der Einschreibung | |
Einschreibung: | 2000 (Sitzung 24) |
Allgemeines
Markante Kennzeichen des Bauwerks sind das außerordentlich große romanische Kirchenschiff, die in Konchen schließenden Querschiffe, die zentrale Turmgruppe aus Vierungsturm und vier flankierenden Glockentürmen und der hochgotische Chor. Im Unterschied zu den Prinzipien der Scheldegotik zeigt nur das Innere der Vierung einen Übergangsstil, ansonsten sind die Baustile in verschiedenen Gebäudeteilen räumlich voneinander getrennt. Die Kathedrale wurde im Jahr 2000 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.
Geschichte
Zunächst war das geistliche Zentrum von Tournai die Benediktinerabtei St. Martin gewesen. Dort bestand eine wichtige Klosterschule, an der im 11. Jahrhundert Odo von Cambrai und im 12. Jahrhundert Alulfus von Tournai lehrten.
Im Jahr 1146 wurde auf Entscheidung des Papstes Eugen III. durch Abspaltung aus dem Bistum Noyon das Bistum Tournai eingerichtet. Die heutige Kathedrale war damals schon in Bau, Ausdruck des zunehmenden Marienkultes und vielleicht auch schon aus Erwartung des Bistumsgründung. 1171 wurde die romanische Basilika geweiht, von der wichtige Teile bis heute erhalten sind. Das Langhaus ist eine Emporenbasilika und in allen Teilen mit rundbogigen Kreuzgratgewölben gedeckt. Die Außengestaltung der Obergaden folgt, für Zeit und Region ungewöhnlich den Formen des Syrischen Architravs. Beide Arme des Querhauses enden in apsisartigen Konchen. Das Querhaus wurde erst zu Beginn des 13. Jahrhunderts eingewölbt, anschließend der Vierungsturm und die vier Flankentürme begonnen. Die Vierung hat über den Kreuzarmen ein romanisches Triforium, ist aber schon mit einem gotischen Kreuzrippengewölbe gedeckt. Der Baukörper des romanischen Baus mit Übergang zur Frühgotik entsprach etwa den Dreikonchenanlagen mehrerer Kölner Basiliken.
Unter dem Bischof Walter de Marvis wurde ab 1243 der romanische Chor durch den heutigen, größeren hochgotischen ersetzt und dieser 1255 geweiht. Anfang des 14. Jahrhunderts erhielt die abgesehen von zwei zierlichen Rundtürmchen turmlose Westfassade ihre gotische Vorhalle, und bis 1325 entstanden noch zwei Seitenkapellen im gotischen Stil.
Im 16. Jahrhundert schuf der flämische Bildhauer und Architekt Cornelis Floris II. den Lettner im Stil der Renaissance.
Bautechnische Daten
- Höhe der Türme: 83 m
- Höhe des Mittelschiffs: 26 m
- Länge des Mittelschiffs: 48 m
- Breite des Mittelschiffs: 20 m
- Höhe des Chors: 58 m
- Breite des Chos: 36 m
- Höhe des Querschiffs: 48 m
- Länge des Querschiffs: 66,5 m
- Breite des Querschiffs: 14 m
- Länge der gesamten Kirche: 134 m
Galerie
- Rekonstruktion mit romanischer Dreikonchenanlage, hinten das nie gebaute Westturmpaar
- Grundriss
- Mittelschiff mit Rosenfenster und Orgelprospekt
Kunstraub
Bei einem bewaffneten Überfall auf die Kathedrale wurden am 19. Februar 2008 insgesamt 13 Kunstgegenstände entwendet. Es handelt sich dabei um acht Kelche, zwei Bischofringe und drei Kreuze. Eines dieser Kreuze enthält als Reliquie einen angeblichen Splitter aus dem Kreuz Jesu, stammt aus Byzanz und befand sich seit 1205 in der Kathedrale. Das Kreuz gilt wegen seiner Bekanntheit als unverkäuflich. Der Gesamtwert der Beute wird auf 40 Millionen Euro geschätzt.[1][2]
Siehe auch
- Ebenfalls ein Weltkulturerbe: Belfried von Tournai
Einzelnachweise
- Brutaler Einbruch in Kathedrale. In: Spiegel Online, 19. Februar 2008. Abgerufen am 29. April 2008
- (Dead Link) orf.at. Abgerufen am 29. April 2008.
Weblinks
- Offizielle Homepage (französisch)
- Begründung zur Aufnahme als Weltkulturerbe (PDF; 100 kB) (französisch/englisch)
- Weitergehende Erläuterungen (englisch)
- Fotos und weitergehende Erläuterungen (französisch)