Katharina Henot
Katharina Henot (auch Henoth; * 1570/1580 in Köln; † 19. Mai 1627 in Köln-Melaten) war eine Kölner Patrizierin, Postmeisterin und das bekannteste Opfer der Kölner Hexenverfolgungen. Sie wurde als angebliche Hexe zunächst erdrosselt und dann verbrannt.
Der Fall Henot
Hintergrund
Die Patrizierwitwe Katharina Henot, die mit Heinrich Neuden verheiratet gewesen war, war eine in der Stadt allgemein bekannte und einflussreiche Frau. Nach dem Tod ihres Vaters Jacob Henot hatte sie zusammen mit ihrem Bruder, dem Kölner Domherren Hartger Henot, die ererbte Postmeisterei in Köln weiterbetrieben. Bald kam es zu Schwierigkeiten mit dem Generalpostmeister Graf Leonhard II. von Taxis, der ein zentralisiertes Postwesen zu etablieren versuchte. Die Postmeisterin Henot bestand jedoch auf der Beibehaltung der Familienrechte und leitete zusammen mit ihrem Bruder Hartger einen Prozess vor dem Reichskammergericht ein.
Anklage und Hexenprozess
Eine angeblich besessene Nonne brachte den Stein ins Rollen, indem sie die Postmeisterin der Hexerei beschuldigte. Das Gerücht verbreitete sich schnell, und Katharina konnte auch durch eine Verteidigungsschrift an die erzbischöfliche Kommission den diversen Anschuldigungen nicht entgegenwirken. Überraschenderweise schaltete sich sogar der Rat der Stadt unter dem Bürgermeister Johann Bolandt ein und ließ die Postmeisterin festnehmen. Ihr Gesuch auf Freilassung auf Kaution wurde abgelehnt, eine angemessene Verteidigung verwehrte man ihr. Der Kurfürst Ferdinand von Bayern, der sie an das Hohe Weltliche Gericht verwiesen hatte, lehnte zwei Tage nach ihrer Verhaftung eine Bittschrift um Zulassung von Verteidigern ab und blieb bei dieser Haltung.[1] Auch weiterhin, nach der Übergabe an das erzbischöfliche Hochgericht, scheiterten die Verteidigungsbemühungen der Kölnerin und ihrer Familie.
Obwohl Henot, nach mehrfacher Folter verkrüppelt und schwer krank, sich weigerte zu gestehen, wurde sie auf dem seinerzeit auch als Richtstätte genutzten Friedhof Melaten in Köln vom Scharfrichter erwürgt und ihre Leiche anschließend auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die Hinrichtung der Geschäftsfrau entbehrte jeder juristischen Grundlage. Nach damals geltendem Recht mussten Beschuldigte freigelassen werden, wenn es selbst durch Folter unmöglich war, ein Geständnis zu erpressen.
Deutung des Prozesses
Verschiedenste Deutungen des Prozesses wurden vorgelegt. Thomas Becker resümiert: „Die Antwort dürfte nicht in den vielfach kolportierten Verschwörungstheorien eines Komplotts zwischen Rat, Erzbischof und den Fürsten von Taxis liegen, sondern – weniger geheimnisvoll, wenn auch nicht weniger tragisch – in den bekannten Geschehnissen selber liegen. […] So erscheint in der Gesamtschau der Kölner Hexereiverfolgung der Jahre 1626–1630 der Prozeß gegen Katharina Henot eingebettet zu sein in eine Kette von Verfahren im Klarissenkloster, die wiederum ihre Entsprechung in der aufkommenden Welle von Hexenprozessen in den umliegenden Ämtern des Kurfürstentums haben, wo seit dem Frühjahr 1626 die Scheiterhaufen brannten.“
Neue Studien von Albrecht Burkardt zum Fall der Kölner Klarisse Sophia Agnes von Langenberg, die unter der Folter Katharina Henot der Hexerei beschuldigt hatte und selbst als Hexe im Januar 1627 in Lechenich erdrosselt wurde, und von Franz Josef Burghardt zu deren Vater Nikolaus von Langenberg unterstützen diese Ansicht Beckers, dass der Fall Henot im Kontext der konfessionell und ständepolitisch aufgeheizten regionalen Zeitgeschichte zu sehen ist. Für Gerd Schwerhoff bleibt „die oft geäußerte Vermutung einer Intrige gegen die Postmeisterin von Seiten der Konkurrenz derer von Thurn und Taxis […] Spekulation.“
Rezeption und Ehrungen
Der Fall hat eine Reihe literarischer Gestaltungen gefunden, etwa von Wolfgang Lohmeyer.[2] Kölner Studenten haben den Fall als Hörspiel inszeniert.[3] 1988 beantragte der Kölner Frauengeschichtsverein die Umbenennung der Henot-Straße in Katharina-Henot-Straße. Henot ist seit demselben Jahr durch eine Arbeit der Bildhauerin Marianne Lüdicke, einer Nachfahrin von Katharina Henot, am Kölner Rathaus dargestellt. Außerdem wurde am 9. März 1992 die Gesamtschule Köln-Kalk/Höhenberg in Städtische Katharina-Henoth-Gesamtschule umbenannt.
Die Kölner Gruppe Bläck Fööss verfasste das Lied ihrer Geschichte mit dem Titel Katharina Henot im Kölner Dialekt.
Der Fernsehfilm Die Hexe von Köln aus dem Jahr 1989 (Regie Hagen Mueller-Stahl) behandelt das Leben Katharina Henots und ihres Bruders Hartger.[4]
Rehabilitation für Opfer der Kölner Hexenprozesse
Im November 2011 reichten Nachfahren von Katharina Henot und andere Personen beim Rat der Stadt Köln einen Antrag auf sozialethische Rehabilitation der Opfer der Kölner Hexenprozesse ein.[5] Dieser Antrag wurde vom Ausschuss für Anregungen und Beschwerden am 13. Februar 2012 einstimmig befürwortet und an den Rat der Stadt mit der Empfehlung zur Beschlussfassung weitergegeben.[6][7] unter großer Anteilnahme der Medien.[8] Der Kölner Stadtrat beschloss am 28. Juni 2012 die Rehabilitierung Henots und 37 weiterer Frauen, die wie Henot zum Tode verurteilt worden waren[9][10]
Literatur
- Engelbert Goller, Jakob Henot, Inaugural-Dissertation, Bonn 1910
- Friedrich Wilhelm Siebel, Die Hexenverfolgung in Köln, Juristische Dissertation, Bonn 1959
- Irene Franken, Ina Hoener: Hexen. Die Verfolgung von Frauen in Köln. Kölner-Volksblatt-Verlag, Köln 1987, ISBN 3-923243-32-4
- Neuauflage unter dem Titel Hexen. Verfolgung in Köln. Ermons, Köln 2000, ISBN 3-89705-173-7
- Gerhard Schormann: Der Krieg gegen die Hexen. Das Ausrottungsprogramm des Kurfürsten von Köln. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1991, ISBN 3-525-01345-0 (auch online )
Weblinks
- Literatur von und über Katharina Henot im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Artikel von Thomas Becker: Henot, Katharina, Köln (Reichsstadt), (Historicum.net)
- Das Leben und die Verurteilung von Katharina Henot- ein Bericht mit Hinweis auf Musikvideos
- Landschaftsverband Rheinland - Portal Rheinische Geschichte - Katharina Henot (circa 1570-1627), Opfer der Hexenverfolgung
- Marion Menne: Rehabilitation für Katharina Henot? Als Hexe verbrannt (Memento vom 8. Februar 2012 im Internet Archive) auf WDR.de vom 29. Dezember 2011
Einzelnachweise
- Gerhard Schormann: Der Krieg gegen die Hexen: das Ausrottungsprogramm des Kurfürsten von Köln, Sammlung Vandenhoeck, 1991, ISBN 3-525-01345-0 S. 55
- Wolfgang Lohmeyer: Die Hexe, erstmals München 1976 ISBN 3-570-02615-9, mehrere Auflagen.
- Der Fall Katharina Henot - die "Hexe" von Köln Kölner Studenten auf den Spuren eines Justiz-Skandals. Wachtendonk, Singland-Verl. 2004 ISBN 3-938217-00-6.
- Angaben laut IMDb
- Als Hexe verbrannt: Nachfahren fordern Rehabilitation für Kölnerin (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Katharina Henot soll rehabilitiert werden (Memento vom 17. Februar 2012 im Internet Archive)
- Antrag auf Rehabilitation für Opfer der Kölner Hexenprozesse (PDF)
- Köln Stadtrat Hexenprozesse Presse Berichterstattung (PDF)
- Köln rehabilitiert Opfer der Hexenprozesse (Memento vom 4. Juli 2012 im Internet Archive)
- Tagesordnungspunkt 5.1.1 (Ö) aus der Sitzung vom 28. Juni 2012 Rat Rehabilitation der Katharina Henot und anderer Opfer von Hexenprozessen in Köln. In: ratsinformation.stadt-koeln.de. Stadt Köln, 28. Juni 2012, abgerufen am 21. Dezember 2020.