Karronade
Die Karronade (engl. Carronade) ist eine Art leichter Kanone kurzer Reichweite, die seit Ende des 18. Jahrhunderts zunächst als Zusatzbewaffnung auf Linienschiffen und Fregatten, später auch als Hauptbewaffnung auf Sloops und Korvetten aufgestellt wurden. In Landheeren fand die Karronade relativ selten Verwendung. Die ersten dieser kurzrohrigen Waffen wurden 1774 vom schottischen Offizier Robert Melville (1728–1809) erfunden und bei den Carron Iron Works in Falkirk, Schottland, gegossen, daher die Benennung als Carronade.
Technik
Die Karronade hatte ein sehr kurzes Rohr ohne Zug mit einem großen Kaliber von leichterer und daher schwächerer Konstruktion, weshalb sie mit weniger Pulver geladen werden musste als schwerere Kanonen gleichen Geschossgewichts. Wegen der Kürze des Laufs und der kleineren Pulvermenge waren Mündungsgeschwindigkeit und Schussgenauigkeit und somit die effektive Reichweite dieser Waffe kleiner als bei anderen Kanonen. Auf geringe Entfernung konnte die Wirkung auf die gegnerische Schiffsstruktur jedoch aufgrund der geringeren Geschossgeschwindigkeit verheerend sein, weil die Karronadenkugel die Bordwand des gegnerischen Schiffs nicht durchbohrte, sondern eher zerschmetterte und dabei einen Splitterregen auf den Gegner niedergehen ließ.
Die Waffe unterschied sich von der Kanone weiterhin durch eine andere Lagerung des Rohres. Die Karronade war meist auf einer besonderen pivotierten Gleitlafette gelagert und dabei nicht auf den bei Kanonen üblichen Schildzapfen gelagert, sondern mit einer unter dem Rohr zentral angegossenen Öse, durch die waagerecht ein Bolzen gesteckt wurde. Die tiefer gelegene Lagerung erlaubte bei gleicher Bauhöhe der Lafette die benötigten steileren Schusswinkel.
Ein großer Vorteil der Karronade war ihr geringeres Gewicht, das es ermöglichte, großkalibrige Waffen auf den Aufbauten wie Back und Achterdeck aufzustellen, wo normale Kanonen zu schwer gewesen wären. Eine 68-pfündige Karronade wog 1790 mit 1,78 Tonnen gerade einmal so viel wie eine 12-pfündige Kanone auf normaler Lafette. Zudem ließ sie sich wegen ihrer Leichtigkeit von kleinen Mannschaften bedienen. Das machte die Karronade gerade bei Handelsschiffen sehr beliebt, um sich mit leichteren Karronaden mit großen Geschossgewichten auf kurze Entfernung effektiv wehren zu können. Die verbreitetsten Kaliber waren 68, 36, 24 und 18 Pfund Kugelgewicht.
Einsatzgeschichte
Die Karronade war 1774 vom schottischen Offizier Robert Melville (1728–1809) entwickelt worden. Ursprünglich für Verwendung in der Armee entworfen, kam 1779 eine marinetaugliche Version in Gebrauch. Seit Ende des 18. Jahrhunderts wurde sie zunächst als Zusatzbewaffnung auf Linienschiffen und Fregatten genutzt. Nelsons Flaggschiff HMS Victory führte in der Schlacht von Trafalgar auf der Back zwei 68-Pfünder mit.[1] Später dienten Karronaden auch als Hauptbewaffnung auf Sloops und Korvetten. Die Marinen des europäischen Festlands verinnerlichten das neue Prinzip der Karronade zunächst nicht, die Franzosen benutzten beispielsweise an deren Stelle die haubitzenartige Obusier de vaisseau. Die Marinen der Ostsee entwickelten eine Art kurzrohriger Waffe mit großem Kaliber, die fast wie Drehbassen aufgestellt wurden. Sie sahen aus wie eine Kreuzung aus Haubitze und Drehbasse.
Obwohl sie sich zunächst als Neuentwicklung besonders in der amerikanischen und britischen Navy auf kleineren Schiffen wie etwa den Sloops verbreitete, war sie der Kanone in der Reichweite deutlich unterlegen. Die mit einer Hauptbewaffnung aus Karronaden bestückten Schiffe wurden daher meist mit zumindest einem Paar langrohriger Jagdkanonen ausgestattet, um diesen Nachteil auszugleichen.
Die Karronade wurde bis etwa 1850 benutzt. Mit der Zeit lernte man, dass Abstand halten ein einfaches Gegenmittel ist. Auch waren die meisten Schiffe mit Karronaden ausgerüstet, so dass niemand mehr einen Vorteil im Nahkampf hatte. Anfang der 1840er Jahre wurden Granaten verschießende Geschütze eingeführt, was die Karronaden überflüssig machte.[2]
Kaliber
- 12-Pfünder: 11,50 cm
- 18-Pfünder: 13,10 cm
- 24-Pfünder: 14,40 cm
- 32-Pfünder: 16,10 cm
- 42-Pfünder: 17,40 cm
- 68-Pfünder: 20,40 cm
Die Pfund-Angabe bezieht sich auf die Masse einer im Lauf des entsprechenden Innendurchmessers (= Kaliber) verschießbaren Kugel aus Gusseisen. Idealisiert hat eine Eisenkugel mit Durchmesser D = 20,4 cm ein Volumen V = 4⁄3 · · r³ = 4489 cm³, die im Fall von Gusseisen mit der Dichte d = 7,2 g⁄cm³ die Masse m = V · d = 32319 g hat. Nimmt man das britische Pfund – avoirdupois pound – zu 453,6 g an, ergibt sich für diese Masse m = 71,25 pound. Das Nenngewicht von 68 Pfund liegt um 4,5 % niedriger, was 1,5 % kleineren Durchmesser, Oberflächenmulden und Lunker erlaubt.
Weblinks
Einzelnachweise
- Matthew Sheldon: HMS Victory, Pavilion Books, 2015, S. 8.
- Angus Konstam: Naval Miscellany, Osprey Publishing, 2013, ISBN 9781472803719, S. 74