Karolinger Verlag
Der Karolinger Verlag ist ein 1980 von Peter Weiß und Jean-Jacques Langendorf in Wien gegründeter Verlag.
Geschichte
Der Verlag mit Sitz im 18. Bezirk wurde 1980[1][2] unter dem Namen L’Age d’Homme – Karolinger gegründet. Es war eine finanzielle Kooperation mit einem frankophonen, von Vladimir Dimitrijević mitbegründeten und geleiteten Verlag L’Âge d’Homme. Seit Beendigung der Zusammenarbeit heißt der Verlag Karolinger[3] bzw. Dr. Peter Weiß -Karolinger Verlag.[4] Gesellschafter des Verlags sind neben Peter Weiß und Jean-Jaques Langendorf Cornelia Langendorf, Jean Yves Lefebvre und Hans Hofinger.[5]
Verlagsprogramm
Das Programm des Verlags mit dem Motto „Nihil commune“ orientiert sich an der „romanisch-germanischen Spannweite der Karolinger“ und legt dabei ein besonderes Augenmerk auf französische Literatur.
Neben Geschichte, Politik und Metapolitik werden weitere Schwerpunkte durch verschiedene Reihen bestimmt:
- Die Reihe Romanica umfasst Titel der französischen Literatur (wie beispielsweise Céline und Renard)
- In der Reihe Der Osten werden Autoren aus dem europäischen und außereuropäischen Osten publiziert.
- Die Reihe Die Bibliothek von R*** besteht aus verschiedenen Werken wie z. B. späte Mystik, militärische Geistesgeschichte oder Hausväterliteratur des 18. Jahrhunderts.
- In der Reihe Bibliothek der Reaction werden Quellentexte mit dem Schwerpunkt der europäischen Restauration verlegt, z. B. Werke von Donoso Cortés, Metternich, de Maistre oder Bloy.
Stärkere Beachtung erhielt die erstmalige Übersetzung von Peter F. Druckers The End of Economic Man durch Konrad und Peter Weiß, die 2010 veröffentlicht wurde.[6]
Bis zum Jahr 2004 hatte der Karolinger Verlag 77 Titel veröffentlicht.[1][7]
Einordnung
Hannes Hintermeier meinte 2004 in der FAZ, der Verlag habe sich auf „Quertreiber zur jeweils herrschenden Meinung“ sowie „Verweigerer des Zeitgeistes“ spezialisiert. Es sei „ein widerständiges Bücheruniversum gewachsen, das versunkene Schätze der europäischen Geistesgeschichte hebt“, was er als „verdienstvolles Unternehmen“ ansieht.[1] Auch Andreas Dorschel befand 2007 in der Süddeutschen Zeitung, der Verlag sei „ausweislich seines Programms ein Ort von bestechender intellektueller Agilität“.[8]
Im Gegensatz dazu hatte der Publizist Claus Tieber den Verlag bereits 1996 als „rechtsextrem“ eingestuft und sich dabei auf verlegte Autoren wie Hans-Jürgen Syberberg, Günter Maschke, Nicolás Gómez Dávila und Erik von Kuehnelt-Leddihn bezogen.[9] Auch für das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes könne das Verlagsprogramm unter anderem wegen einer Publikation über Armin Mohler eine „gewisse Nähe zu rechtsradikalem Gedankengut erkennen lassen“.[10] Bettina Stadlbauer und andere SPÖ-Parlamentsabgeordnete warfen dem Verlag 2003 in einer kleinen Anfrage vor „Schriften von deklarierten Antidemokraten“ zu veröffentlichen.[11] Die Literaturkritikerin Sigrid Löffler bezeichnete diesen 2007 als einen „Dunkelmännerverlag“, in dem sich „sehr dubiose Leute mit sehr dubiosen Ansichten versammeln“.[12] Das Verlagsprogramm umfasse „alles, was seine anti-modernen, anti-liberalen, anti-aufklärerischen, monarchistischen und sonstwie anti-demokratischen Impulse «entre nous» ungeniert ausleben möchte, von Günter Maschke bis Armin Mohler. Eine besondere «Bibliothek der Reaction» versammelt so erlauchte Namen wie Metternich, den savoyardischen Gegenaufklärer Joseph de Maistre und Konstantin Leontjew, einen ruchlosen Reaktionär des 19. Jahrhunderts, der gegen Fortschritt und Aufklärung in jederlei Gestalt wetterte, die Leibeigenschaft verteidigte und es neuerdings zum Kult-Autor der russischen Rechten gebracht hat.“[13] Der Philosoph Gerald Raunig[14] (2005) und der Historiker Stefan Wiederkehr[15] (2007) bezeichnen den Verlag als „rechts“. Das Verlagsprogramm decke „mit historischen und auch gegenwartsbezogenen Schriften das Feld der intellektuellen Rechten ab, die sich Gegenaufklärung auf die Fahnen geschrieben“ habe, so der Journalistikwissenschaftler Hans Bohrmann (2008).[16] 2014 rechneten Julian Bruns, Kathrin Glösel und Natascha Strobl den Verlag in einem Buch zur Jugendbewegung der Identitären dem politisch-publizistischen Umfeld dieser als rechtsextrem geltenden Bewegung zu.[17] Der Politologe Bernhard Weidinger (2015) attestiert dem Verlag ein „‚neurechtes‘ Profil“, da der Verlag beispielsweise in den Zeitschriften Die Aula und Zur Zeit inseriere und die Bücher des Verlages u. a. durch den rechtsextremen Aula Verlag in Graz und den neurechten Verlag Antaios in Schnellroda vertrieben würden.[2]
Zudem soll der Karolinger Verlag laut Darstellung des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes zumindest 2001 zehn Prozent am W3-Verlag gehalten haben, der Eigentümer der Wochenzeitung Zur Zeit des FPÖ-Funktionärs Andreas Mölzer war.[18][19] Gemäß Hannes Hintermeier soll es sich dabei um ein Privatdarlehen in Höhe von 10.000 Schilling an den Privatmann Mölzer gehandelt haben.[1]
Weblinks
Einzelnachweise
- Hannes Hintermeier, Gerechtes Denken ist langweilig. In: FAZ, 30. April 2004, S. 52.
- Bernhard Weidinger: "Im nationalen Abwehrkampf der Grenzlanddeutschen". Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945. Böhlau, Wien 2015, ISBN 978-3-205-79600-8, S. 385.
- Angabe auf der Website des Karolinger Verlags.
- Firmenbucheintrag der Wirtschaftskammer Österreich: Dr. Peter Weiß -Karolinger Verlag.
- Firmeninformationen laut unternehmen24.at
- Eintrag unter Perlentaucher.de
Jürgen Kaube: Wehe der Zeit, die Helden braucht. In: FAZ, 22. Mai 2011
Hans-Jörg Modlmayr: Völker im Rausch der Verzweiflung, auf Deutschlandradio Kultur vom 5. Januar 2011
Richard Brem: Ursprünge des Totalitarismus, ORF vom 12. November 2010 - Siehe dazu auch die Autorenliste auf der Website des Verlags.
- Andreas Dorschel: Die Massen sind zum Sterben da. In: Süddeutsche Zeitung, 29. Oktober 2007, S. 18.
- Claus Tieber: Die Letzten von gestern. Die Rechten und die Kunst. Mit einem Vorwort von Franz Primetzhofer, Picus-Verlag, Wien 1996, ISBN 3-85452-298-3, S. 120.
- Irene Judmayer: Bedenken zu Uni-Rat-Vorschlag. OÖ-Nachrichten vom 25. Februar 2003, S. 6.
- Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadibauer und Genossinnen, 141/J XXII. GP, 26. Februar 2003.
- Liane von Billerbeck: Das hat etwas Perverses. Deutschlandradio Kultur, 5. Oktober 2007.
- Sigrid Löffler: Klartext - Als man zum Kitsch noch ‚Horreur‘ sagte. (Memento vom 8. März 2016 im Internet Archive) In: Cicero, 7. Juli 2009.
- Gerald Raunig: Kunst und Revolution. Künstlerischer Aktivismus im langen 20. Jahrhundert (= Republicart. 4). Turia und Kant, Wien 2005, ISBN 3-85132-425-0, S. 19.
- Stefan Wiederkehr: Die eurasische Bewegung. Wissenschaft und Politik in der russischen Emigration der Zwischenkriegszeit und im postsowjetischen Russland (= Beiträge zur Geschichte Osteuropas. Bd. 39). Böhlau, Köln u. a. 2007, ISBN 978-3-412-33905-0, S. 124.
- Hans Bohrmann: Das Hakenkreuz. Zeichen im Weltbürgerkrieg. Eine Kulturgeschichte by Lorenz Jäger. In: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 10 (2008), S. 188.
- Julian Bruns, Kathrin Glösel, Natascha Strobl: Die Identitären. Handbuch zur Jugendbewegung der Neuen Rechten in Europa. Unrast, Münster 2014, ISBN 978-3-89771-549-3, S. 123 f.
- Andreas Peham: „Österreich neu regieren“: Steuergeld für Vorfeldorgan des Rechtsextremismus. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Wien, November 2001.
- "Entsetzen" über Rechte im Unirat. In: Der Standard, Printausgabe, 21. Februar 2003, online 20. Februar 2003