Karla Homolka
Karla Leanne Homolka (* 4. Mai 1970 in Port Credit, Ontario) ist eine kanadische Serienmörderin, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Paul Kenneth Bernardo mehrere junge Mädchen vergewaltigte und tötete. Die beiden wurden als Ken and Barbie of Murder and Mayhem bekannt und gaben der kanadischen Presse den Anlass für spektakuläre Prozessberichte.
Die Morde
1987 lernte Karla Homolka im Alter von 17 Jahren ihren späteren Ehemann Bernardo kennen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Bernardo bereits mindestens eine Frau in Scarborough (heute ein Teil von Toronto) vergewaltigt. Dies war der Anfang einer Serie von Vergewaltigungen; der damals noch unbekannte Täter wurde bald von der Presse als „Scarborough Rapist“ bezeichnet. Er griff seine Opfer fast immer hinterrücks an, so dass die meisten sein Gesicht nicht sehen konnten. Nachdem eines der Opfer sein Gesicht gesehen hatte und eine gute Beschreibung bei der Polizei abgeben konnte, wurde ein Phantombild veröffentlicht. Es meldeten sich daraufhin einige hundert Bürger, die glaubten, den Verdächtigen zu kennen. Darunter waren auch mehrere Hinweise auf Bernardo. Im November 1990 wurde Bernardo von der Polizei befragt; außerdem wurden Blut- und Speichelproben für eine DNA-Analyse genommen. Diese konnten jedoch nicht sofort untersucht werden, da DNA-Untersuchungen damals noch eine relativ neue Methode darstellten, die nur von wenigen Laboren durchgeführt werden konnten.
Bernardo machte Homolka im Laufe ihrer Beziehung Vorwürfe, sie sei zum Zeitpunkt ihres Kennenlernens keine Jungfrau mehr gewesen. Homolka versuchte Bernardo zu beschwichtigen, indem sie ihm ihre 15-jährige Schwester Tammy als „Ersatz“ anbot, da diese im Gegensatz zu Homolka noch unberührt sei. Bernardo sollte Tammy als „Weihnachtsgeschenk“ im Dezember 1990 bekommen. Zu dieser Zeit lebte Bernardo bei Homolkas Familie in St. Catharines. Nachdem alle anderen Mitglieder ihrer Familie bereits zu Bett gegangen waren, mischte Homolka ihrer Schwester am späten Abend des 23. Dezember 1990 Schlaftabletten in deren Drink. Die Medikamente hatte Homolka über ihre Tätigkeit als Tierarzthelferin organisiert. Nachdem Tammy bewusstlos geworden war, vergewaltigte Bernardo sie. Homolka nahm die Tat auf Video auf. Um sicherzustellen, dass Tammy nicht während der Vergewaltigung aufwachte, hielt Homolka ihr ein Tuch vor Mund und Nase, das mit dem Betäubungsmittel Halothan getränkt war. Auch Homolka verging sich an ihrer Schwester, was wiederum von Bernardo mit der Videokamera aufgenommen wurde. Doch noch während der Tat erbrach sich Tammy und erstickte an ihrem Erbrochenen. Dies war Homolkas und Bernardos erste, wenn auch unbeabsichtigte, Tötung. Die Tat blieb zunächst unentdeckt, da die Drogen in Tammys Körper bei der Autopsie nicht bemerkt wurden und man von einem Unfall unter Alkoholeinfluss ausging.
Anfang 1991 zogen Bernardo und Homolka in ein gemietetes Haus in Port Dalhousie, einem Stadtteil von St. Catharines. Während der nächsten Monate lud Homolka eine Freundin ihrer verstorbenen Schwester Tammy ein, die auf dieselbe Art und Weise betäubt und vergewaltigt wurde, die Tat jedoch überlebte, ohne sich daran zu erinnern.
Am 15. Juni 1991 verschleppte Bernardo die 14-jährige Leslie Mahaffy aus Burlington zu sich nach Hause, wo sie mehrere Tage lang gefangen gehalten und von ihm und Homolka mehrfach vergewaltigt und gefoltert wurde. Auch diese Tat wurde mit der Videokamera aufgezeichnet. Als Bernardo Mahaffys überdrüssig wurde, erwürgte Karla sie und zerstückelte die Leiche im Keller mit Hilfe einer Motorsäge. Sie goss die Leichenteile in Zement und warf sie in den Stausee Lake Gibson.
Am 29. Juni 1991 heirateten Paul Bernardo und Karla Homolka. Zur selben Zeit wurden die Leichenteile von Leslie Mahaffy im Lake Gibson gefunden, da inzwischen der Wasserspiegel gesenkt worden war.
Das zweite Mordopfer, die 15-jährige Kristen French, wurde am 16. April 1992 von dem Paar auf dem Rückweg von der Schule in St. Catharines entführt und über mehrere Tage gefangen gehalten, vergewaltigt und gefoltert, was wiederum auf Video aufgenommen wurde. Homolka entledigte sich der Leiche des Teenagers in einem Straßengraben, nachdem sie das Mädchen erwürgt hatte.
Vor Gericht
Im Februar 1993 lagen der Polizei die Auswertungen der mehr als zwei Jahre zuvor entnommenen Speichelproben vor. Daraus ging hervor, dass Paul Bernardo mit großer Wahrscheinlichkeit der Scarborough Rapist war. Am 17. Februar 1993 wurde Bernardo verhaftet. Bei einer Durchsuchung des Wohnhauses wurden die Videobänder mit den Aufnahmen der Verbrechen zunächst nicht gefunden.
Bereits im Januar 1993 hatte sich Karla Homolka von Bernardo getrennt, da er sie krankenhausreif geschlagen hatte. Im Zuge der Ermittlungen vereinbarte Homolka eine Kooperation mit der Polizei und Staatsanwaltschaft und war ebenfalls bereit, vor Gericht auszusagen. Sie gestand auch, am Tod ihrer Schwester mitschuldig zu sein.
Ohne die Videobänder gab es zu diesem Zeitpunkt kaum Beweise gegen Bernardo, um ihn für die Verbrechen gegen Leslie Mahaffy und Kristen French anzuklagen, so dass die Staatsanwaltschaft auf Homolkas Hilfe angewiesen war. Sie stellte sich als eine der zahlreichen Sexsklavinnen ihres Mannes dar und behauptete, gedemütigt und misshandelt worden zu sein. Im Gegenzug entkam sie einer Mordanklage, bekannte sich vor Gericht des Totschlags in zwei Fällen schuldig und wurde am 5. Juli 1993 zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Derartige Vereinbarungen, bei denen sich ein Beschuldigter eines geringeren Deliktes für schuldig bekennt und im Gegenzug gegen einen anderen Beschuldigten aussagt, sind in Kanada und den USA üblich.
Im September 1994 wurden die Videobänder, die inzwischen aufgetaucht waren, an die Staatsanwaltschaft übergeben. In den Videos ist Homolka als aktive Täterin und nicht als abhängige Misshandelte zu sehen. Eine erneute Verurteilung wegen derselben Straftat war allerdings auch auf Grundlage der neuen Beweise nach kanadischem Recht nicht möglich.
Bernardo wurde für die Morde und Vergewaltigungen in einem spektakulären Prozess im Sommer 1995 in Toronto, in dem Homolka zwei Wochen lang aussagte und die Videobänder den Geschworenen gezeigt wurden, zu lebenslanger Haft verurteilt. Entlassung auf Bewährung ist nach frühestens 25 Jahren möglich. Allerdings wurde Bernardo vom Gericht als gemeingefährlich („dangerous offender“) eingestuft, was bedeutet, dass er wahrscheinlich bis an sein Lebensende im Gefängnis bleiben wird. Bernardo gab zu, 14 weitere Frauen vergewaltigt zu haben. Die Polizei geht auch von weiteren Morden aus, die aber nie nachgewiesen werden konnten.
Wahrnehmung in der Öffentlichkeit
Karla Homolkas mildes Strafmaß war bei der kanadischen Bevölkerung sehr umstritten, insbesondere nachdem die Videobänder ans Licht gekommen waren. Ihre Kooperation mit der Staatsanwaltschaft wurde in der Presse als „Teufelspakt“ bezeichnet. Sie musste ihre Haftstrafe bis auf den letzten Tag absitzen, was in Kanada eher ungewöhnlich ist. Die meisten Gefangenen werden nach zwei Dritteln der Haftzeit auf Bewährung entlassen, bei guter Führung schon nach einem Drittel. Vor ihrer Freilassung entschied das Gericht, dass sie dem Risiko unterliegt, weiterhin Verbrechen zu begehen. Ihr wurden vom Gericht Beschränkungen auferlegt; zum Beispiel sollte sie sich regelmäßig bei der Polizei melden und den Behörden ihren Aufenthaltsort zu allen Zeiten bekanntgeben.
Am 4. Juli 2005 wurde sie aus dem Gefängnis entlassen, das von Journalisten regelrecht belagert war. Trotzdem gelang es ihr, unbemerkt das Gefängnis zu verlassen; kurz danach gab sie Radio-Canada ein Interview. Sie lebte seitdem in der Nähe von Montreal und veränderte ihr Äußeres. Die vom Gericht beschlossenen Beschränkungen wurden in höherer Instanz wieder aufgehoben; eine offizielle Änderung ihres Namens wurde ihr zunächst jedoch nicht genehmigt.
Nach ihrer Haftentlassung wurde sie mehrmals von Reportern aufgespürt: das erste Mal im August 2005 von der Boulevardzeitung Toronto Sun nach einem Tipp ihres Arbeitgebers, ein anderes Mal im Sommer 2006 von einem Global TV-Team, das die Begegnung aufzeichnete und später in den Nachrichten ausstrahlte. Anfang 2007 brachte sie in Montreal einen Sohn zur Welt. Sie heiratete den Vater ihres Kindes zu einem unbekannten Zeitpunkt.
Am 14. Dezember 2007 meldete TVA, eine französischsprachige Fernsehstation, dass Homolka einige Wochen vorher zusammen mit ihrem Sohn und ihrem neuen Ehemann Thierry Bordelais Kanada verlassen hat und nun auf der karibischen Insel Guadeloupe lebt,[1] der Heimat ihres Mannes.
Kulturelle Bezüge auf Karla Homolka
- Die Folge Erkenne deinen Feind der BBC-Serie The Inspector Lynley Mysteries (6. Staffel, 2007) weist deutliche Parallelen zum Fall „Homolka/Bernardo“ auf.
- 2006 erschien der Film Karla von Joel Bender mit Laura Prepon als Karla Homolka und Misha Collins als Paul Bernardo.
- Die Homolka Kettensäge – Sketch von Die Toten Hosen, erschienen auf dem Album Kauf MICH!.
- In der Netflix Dokumentation Don‘t F**k With Cats - Die Jagd nach einem Internet-Killer wird auf den Fall Karla Homolka hingewiesen.
Literatur
- Burnside, Scott and Alan Cairns. Deadly Innocence. Grand Central Publishing, Warner Books edition (1995) ISBN 0446601543.
- Pron, Nick. Lethal Marriage: The Uncensored Truth Behind the Crimes of Paul Bernardo and Karla Homolka. Seal Books (2005). ISBN 077042936X.
- Williams, Stephen, Invisible Darkness, The Strange Case of Paul Bernardo and Karla Homolka, Little, Brown and Company Limited (1996), ISBN 0-316-94137-9
- Williams, Stephen, Karla, A Pact with the Devil, Cantos International (2003), ISBN 2-89594-000-2
- Benecke, Mark, Mordmethoden. Neue spektakuläre Kriminalfälle – erzählt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt, Bastei Lübbe (2002), ISBN 978-3-404-60545-3, S. 204–256
- Ketchum, Jack, Übler Abschaum, Festa Verlag (2020), Privatdruck ohne ISBN
Einzelnachweise
- Homolka moves to Caribbean (Memento vom 11. September 2012 im Webarchiv archive.today), St. Catharines Standard vom 15. Dezember 2007