Kampf der toten Männer
Der Kampf der toten Männer war eine Schlacht im Ersten Weltkrieg, die am 6. August 1915 bei der Festung Osowiec stattfand. Die Berühmtheit und der Name der Schlacht kommt von dem blutbesudelten, zombiehaften Aussehen der vom Giftgas vergifteten russischen Soldaten.
Vorgeschichte
Schauplatz
Während der Herrschaft des Zaren Alexander III. wurde mit Hilfe des Ingenieurs Nestor Buinitsky[2] zwischen 1889 und 1893 die Festung Osowiec nach einem Entwurf aus dem Jahre 1873 errichtet. Die Festung lag 50 Kilometer von der Grenze zu Ostpreußen entfernt an einem der wichtigsten Übergänge über den Fluss Biebrza. Durch die Festung lief die Eisenbahnlinie von Białystok über Lyck nach Königsberg und wurde an dieser Stelle vollkommen von ihr beherrscht.[3]
Vorherige Bedeutung im Ersten Weltkrieg
Wegen der strategischen Wichtigkeit der Festung wurde sie im Ersten Weltkrieg von deutschen Truppen mehrmals belagert. Nach der Schlacht an den Masurischen Seen näherten sich im September 1914 Teile der deutschen 8. Armee der Festung Osowiec. Die Festung geriet erstmals unter schweren Artilleriebeschuss, doch die russischen Verteidiger zwangen die Deutschen in einem Gegenangriff vorerst zum Rückzug.[3] Am 3. Februar 1915 griffen die deutschen Truppen die Festung erneut an. Der Angriff erfolgte im Zusammenhang mit der allgemeinen Offensive der deutschen Armeen am ostpreußischen Abschnitt der Ostfront, die zur Winterschlacht in Masuren führte. Auch dieser Angriff schlug fehl.[3]
Im Mai 1915 wurde die russische Armee in der Schlacht von Gorlice-Tarnów entscheidend besiegt und mit dem darauffolgendem Großen Rückzug zurückgeschlagen. Die deutsche Oberste Heeresleitung wollte Anfang August mit einem frontalen Angriff auf Nordpolen fortfahren, der vom Oberbefehlshaber Ost, Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, durchgeführt werden sollte. Ziel war es, durch Überschreitung des Bober-Abschnitts die Verbindung mit der nach der Narew-Offensive nach Osten angreifenden Armeegruppe Gallwitz herzustellen.
Anfang Juli 1915 verschoben die Deutschen weitere Truppen zum Angriff auf die Festung. Die vor der Festung stationierte deutsche 8. Armee unter General der Infanterie Otto von Below wurde beauftragt, den Angriff auf die Festung Osowiec zu führen.
Schlacht
Die Schlacht wurde, wie viele Schlachten des Ersten Weltkriegs, mit schwerem Artillerie-Feuer begonnen. Da ein frontaler Angriff auf die Festung sehr hohe Verluste verursacht hätte, wurde von deutscher Seite Chlorgas eingesetzt. Am 6. August 1915 um 4 Uhr morgens begann bei günstigem Wind durch die 11. Landwehr-Division unter dem württembergischen General der Infanterie z.D. von Freudenberg ein konzentrierter Gasangriff mit Chlorgas gegen die Festung. Die freigesetzte Gaswolke erreichte eine geschätzte Breite von 8 Kilometern und Höhe von 10 bis 15 Metern.
In kurzer Zeit war ein Großteil der Männer des verteidigenden 226. Zemlyansky Infanterieregimentes,[4] die alle keine Schutzmasken zu ihrer Verfügung hatten, gestorben oder kampfunfähig geworden. Da die Gaswolke aber nur eine geringe Höhe erreichte, blieben einige Männer kampffähig. Zu einem Zeitpunkt, als die deutschen Angreifer keine Gegenwehr mehr erwarteten, begannen sie mit 7000-8000 Infanteristen den Angriff auf die Festung.[1][5]
Die deutschen Angreifer wussten um die Wirkung des Gases und erwarteten deshalb keinen bis wenig Widerstand. Zuerst schnitt Artillerie die Reserve der Angreifer ab. Darauf griffen durch den Gasangriff in einen psychischen Ausnahmezustand versetzte Truppen der halbierten 8. und 13. Kompanien mit ihren Handfeuerwaffen, zwei Maschinengewehren und den letzten fünf einsatzbereiten Geschützen, an. Angsteinflößend wirkten die russischen Truppen auf ihre deutschen Angreifer besonders dadurch, dass ihre Uniformen mit Blut besudelt waren, das sie in Folge des deutschen Chlorgas-Angriffs ausgehustetet hatten. Diese Ereignisse wurden in Folge von der alliierten Presse zur Legende überhöht und als "Kampf der toten Männer" (russisch Атака мертвецов, englisch The Attack of the dead Men) umschrieben.
Die deutsche Seite brach daraufhin den Angriff ab. Einige Soldaten gerieten in Panik und flohen. Es waren jedoch nur 60 bis 70 Verteidiger, welche innerhalb der Festung überhaupt noch zu einer Gegenwehr in der Lage waren.[6] Um 11 Uhr waren die gefallenen Verteidigungslinien wieder in russischen Händen. Kotlinsky, der Anführer des Gegenangriffes, starb an den Folgen des Gasangriffs noch am gleichen Tag.
Wenige Tage später begann der Große Rückzug auch in Nordostpolen. Dadurch verlor die Festung Osowiec ihre Bedeutung, weshalb, beginnend ab dem 18. August, die Festung geräumt wurde. Man versuchte alles zu sprengen, was nicht mitgenommen werden konnte oder ohnehin schon in Trümmern lag. Am 22. August 1915 war die Festung verlassen und am 25. August 1915 besetzten deutsche Truppen die leere und weitgehend zerstörten Anlagen. Die Festung wurde von den Deutschen in ein Militärgefängnis umgewandelt. Bei der Beschießung war die Festung nur wenig beschädigt worden. Es genügte darum, die Kasematten zu vergittern, um das Gefängnis zu bauen.[7][3]
Künstlerische Rezeption
Im Auftrag der weißrussischen Spieleentwicklers Wargaming.net entstand ein Kurzfilm über das Gefecht, der am 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs, also dem 11. November 2018, veröffentlicht wurde.[4]
Literatur
- С. А. Хмельков: Борьба за Осовец, Moskau 1939, (Digitalisat, russisch)
Einzelnachweise
- 'The Attack of the Dead Men' was a horrifying WWI infantry charge. Abgerufen am 8. Februar 2020.
- Buinitsky Nestor Aloizievich. Abgerufen am 8. Mai 2020.
- Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (Oberösterreichische Landesbibliothek), S. 129, 130
- Creators of World of Tanks shoot film about “Attack of Dead Men” of regiment from Voronezh Region. Abgerufen am 2. August 2020.
- 'The Attack Of The Dead Men' Is One Of The Most Horrifying Battles You've Never Heard Of. Abgerufen am 25. Januar 2020 (englisch).
- J. E. Kauffman & H. W. Kauffman: Verdun 1916: The Renaissance of the Fortress, 2016, S. 112–113, 225
- Karl Retzlaw: Spartakus. Verlag Neue Kritik, Frankfurt 1971, S. 103, ISBN 3-8015-0096-9