Kamloops Indian Residential School
Die Kamloops Indian Residential School war von 1890 bis 1969 ein katholisches Internat im Residential School-System für Kinder indigener Abstammung, vorwiegend der Tk’emlups te Secwepemc.[1]
Die Kinder wurden in staatlichen Auftrag von ihren Eltern teilweise gewaltsam getrennt, um sie zu „westlich-christlichen Werten“ umzuerziehen.[2] Die Schule befand sich in der Westkanadischen Stadt Kamloops (British Columbia) und war mit bis zu 500 Schülern die größte ihrer Art in Kanada. Die Kamloops Indian Residential School wurde von der katholischen Kirche betrieben, bis eine Inspektion die Unterernährung vieler Kinder feststellte und die Schule 1969 in staatlichen Besitz überführte. Bis 1978 war sie dann ein staatlich geführtes Wohnheim für indigene Kinder und Jugendliche, die in Kamloops reguläre Schulen besuchten.
Premierminister Justin Trudeau forderte 2021 Papst Franziskus auf sich zu entschuldigen.
215 Kinderleichen
Im Frühjahr 2021 führten Ingenieure mit Hilfe von Radarstrahlen Untersuchungen des Bodens hinter der Schule durch und entdeckten so 215 Kinderleichen.[3][4] Die verstorbenen Kinder waren vermutlich über die Jahre des Bestehens des Internats verscharrt worden – darunter Kinder, die erst drei Jahre alt waren. Die Kindersterblichkeit von auf diese Weise umerzogenen Schülern lag zwischen zwei- und fünfmal höher als bei nicht-indigenen. Sie starben an Misshandlung, Krankheiten und Verwahrlosung. Die internationale Presse sprach von einem Massengrab. Die Namen der Verstorbenen wurden nur unvollständig dokumentiert, die Gräber blieben anonym. Die von der kanadischen Regierung eingerichtete National Truth and Reconciliation Commission konnte offiziell 51 Kinder in diesem Internat zwischen 1919 und 1971 verstorbene Kinder identifizieren.[5] Die Tk̓emlúps te Secwépemc kündigten Pläne zur Exhumierung, Identifizierung und Repatriierung der sterblichen Überreste an.[6]
Hintergrund
Zwischen ca. 1883 und 1996 durchliefen etwa 150.000 indigene Kinder über 140 kanadische Schulen wie die in Kamloops. Die offiziellen Zahlen sprechen von mehr als 4000 während der Umerziehung verstorbenen Kindern, wobei die Daten von Sanatorien und Kirchen noch nicht erforscht wurden.[7]
Die europäischen Siedler in Kanada begannen als herrschende Klasse im 19. Jahrhundert mit der Ausgliederung der indigenen Stämme in Reservate. 1811 zerschlugen die Kolonialherren unter dem britischen Gouverneur James Douglas das Volk der Secwepemc in 17 Gruppen und wiesen ihm kleine, voneinander getrennte Flecken Land in British Columbia zu. Ein halbes Jahrhundert später begann dann die von staatlicher Seite betriebene Entführung von Kindern indigener Familien in eigens dafür eingerichtete Umerziehungseinrichtungen. Die Familien verloren den Kontakt zu ihren Kindern; die meisten Kinder fanden nie den Weg zurück. Ein Beamter sprach 1910 davon, diese Schulen „helfen der Endlösung unseres Indianerproblems“.[8]
Die von der kanadischen Regierung eingerichtete National Truth and Reconciliation Commission stellte nach der Befragung von 6750 Zeugen in ihrem Abschlussbericht 2015 fest, dass das System einem „kulturellen Genozid“ glich.[9]
Einzelnachweise
- Kamloops Residential School. National Centre for Truth and Reconciliation, abgerufen am 31. Mai 2021 (englisch).
- Hanson, Eric, University of British Columbia: The Residential School System. Abgerufen am 28. Mai 2021 (englisch).
- CBC News: Remains of 215 children found buried at former B.C. residential school. Abgerufen am 28. Mai 2021 (englisch).
- Tk̓emlúps te Secwépemc: office of the chief - press release. Abgerufen am 24. Juni 2021 (englisch).
- National Truth and Reconciliation Commission: Kamloops (St. Louis - Memorial). Abgerufen am 24. Juni 2021 (englisch).
- CBC News: Work underway for forensic experts to identify, repatriate children's remains from B.C. residential school. Abgerufen am 28. Mai 2021 (englisch).
- Venbuekl: 215 Innocent Children. National Centre for Truth and Reconciliation, 1. Juni 2021, abgerufen am 6. Juni 2021 (englisch).
- ‘He was just a child’: dead of Indigenous residential schools haunt Canada. 5. Juni 2021, abgerufen am 8. Juni 2021 (englisch).
- Ian Austen: How Thousands of Indigenous Children Vanished in Canada. In: The New York Times. 7. Juni 2021, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 8. Juni 2021]).