Kaiserliche Wagenburg Wien
Die Kaiserliche Wagenburg Wien ist ein auf dem Areal des Schlosses Schönbrunn in Wien-Hietzing gelegenes Museum, in dem Glanzstücke aus dem Fuhrpark des österreichischen Kaiserhauses sowie bekannter Adelshäuser, insbesondere von Thurn und Taxis, zu finden sind. Das Museum, eine Abteilung des Kunsthistorischen Museums, zählt zu den bedeutendsten Sammlungen höfischer Prunk- und Gebrauchsfahrzeuge.
Sammlungsgeschichte
Gegen Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie umfasste die in den kaiserlichen Hofstallungen (heute Museumsquartier) untergebrachte k. k. Hof-Wagenburg rund 640 Fahrzeuge unterschiedlichster Art. Mit ihnen wurde der tägliche Transport einiger hundert Menschen und zahlreicher für den Hof benötigter Waren und Gegenstände bewerkstelligt. Die Verwaltung der Fahrzeuge oblag dem Oberststallmeisteramt, dessen Stab sich aus rund 500 Personen zusammensetzte. Zum Bestand des habsburgischen Marstalls gehörte auch die Reiche Sattelkammer.[1]
Nicht nur der Kaiser und seine Familie hatten Anspruch auf den Gebrauch von Hofwagen, sondern auch die Würdenträger und Bediensteten bis hin zu den Hof-Schauspielern und den Edelknaben. Dementsprechend groß war das Spektrum der Fahrzeuge, das von barocken Prunk-Karossen über Gala-, Freizeit- und Alltagswagen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts bis hin zu einfachen Transportgefährten oder modernen Automobilen reichte.
Mit dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie verlor der kaiserliche Fuhrpark seine bisherige Funktion. Ein Teil der Wagen wurde nach 1918 von den Funktionären der neu gegründeten Republik Österreich weiterbenützt; manche Fahrzeuge mussten an die übrigen Nachfolgestaaten abgegeben werden, andere wiederum wurden an Privatpersonen verkauft, um die leeren Staatskassen zu füllen. Den überwiegenden Teil der Gefährte brachte man jedoch in ein kommerzielles Transportunternehmen, den „Bundes-Fuhrwerksbetrieb“, ein. Die zahlreichen Victorias, Mylords und Coupés, die von den Mitgliedern des Hofes im Alltag verwendet wurden und somit ein charakteristischer Bestandteil des Wiener Straßenbildes waren, gingen dadurch – ebenso wie der Bestand an Nutz- und Arbeitsfahrzeugen – verloren.
Nach Auflösung des Oberststallmeisteramts im Jahr 1922 wurde ein als historisch bedeutend und deshalb erhaltenswert geltender Rest des Hoffuhrparks zusammen mit einigen Beispielen des modernen Wagenbaus und den zugehörigen Pferdegeschirren und Livreen dem Kunsthistorischen Museum (KHM) übergeben. Es handelte sich vorerst um 90 Fahrzeuge, einige weitere kamen in späteren Jahren noch hinzu. Dazu kamen andere Bestände der Sattelkammer, wie Reitsättel, Pferdedecken und Ähnliches (Monturdepot). Ebenfalls 1922 mussten die dem Museum überlassenen Fuhrwerke ihren angestammten Platz in den Hofstallungen verlassen, da diese Räumlichkeiten nun der Wiener Messe AG vermietet wurden, die das Gebäude Jahrzehnte lang Messepalast nannte.
Da im Hofburgareal keine ausreichend großen Hallen zur Verfügung standen, wurden die Objekte in die ehemalige Winterreitschule von Schloss Schönbrunn übersiedelt. 1947 wurde die Wagenburg von der Direktion der Waffensammlung (heute Hofjagd- und -rüstkammer) des KHM, der sie seit 1922 unterstellt war, getrennt und als selbstständige Sammlung des Kunsthistorischen Museums, mit eigener Direktion, wissenschaftlichem Personal und Restauratoren eingerichtet.
Im November 2001 kehrte das letzte noch erhaltene Hof-Automobil, der 1914 von der österreichischen Firma Gräf & Stift gebaute spätere „Kaiserwagen“, als Dauerleihgabe des einstigen Produzenten in den Bestand zurück. Kaiser Karl I. hatte ihn bei seiner Ausreise aus dem republikanischen Deutschösterreich im März 1919 per Bahn mit in die Schweiz genommen; später hatte ihn Gräf & Stift bei einer Auktion zurückerworben.[2] 2007 lieh Gloria von Thurn und Taxis 17 ihrer Karossen und Kutschen dem Museum.[3]
Bestandteile der Sammlung
Die Wagenburg beherbergt über 5000 Objekte, die großteils aus dem Zeitraum vom Barock bis zum Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie stammen. Von den 161 Wagen bzw. Tragevorrichtungen der Wagenburg stammen 101 Stück aus dem Marstall des Wiener Hofes und 50 Stück aus Fuhrparks österreichischer Adelshäuser. In den Schauhallen der Wagenburg sind rund 60 Fahrzeuge ausgestellt. Die Sammlung gliedert sich in folgende Gruppen:
- Kutschen
- Galawagen (Imperialwagen, Krönungskarossen, Galaberlinen, Karussellwagen, Leichenwagen)
- Alltagswagen (Stadtwagen, Reisewagen)
- Freizeitwagen (Gartenwagen, Selbstkutschierwagen, Jagdfahrzeuge, Kinderkutschen)
- Nutzfahrzeuge (Pferdeabrichtwagen, Wirtschaftswagen, Löschfahrzeuge)
- Schlitten
- Sänften, Tragsessel
- Automobile
- Geschirre, Sättel, Schabracken …
- Gemälde, Graphiken
Literatur
- Georg Johannes Kugler: Die Wagenburg in Schönbrunn. Hofwagenburg, Reiche Sattel- und Geschirrkammer der Kaiser von Österreich. Graz 1977, ISBN 3-201-01017-0.
- Elisabetta Bresciani, Monica Kurzel-Runtscheiner, Elisabeth von Samsonow (Hrsg.): Wagenburg und Wagenbau. Die Geschichte der Sammlung historischer Prunkfahrzeuge (Wagenburg) und die Entwicklung der Kutschenproduktion in Wien. In: Schwanenhals und Goldkrepine. Ausstellungskatalog des Kunsthistorischen Museums. Wien 2004, ISBN 3-85497-080-3, S. 14–17.
- Rudolf H. Wackernagel: Der goldene Wagen des Fürsten Joseph Wenzel von Liechtenstein. Ausstellung der Wagenburg in Schönbrunn mit Leihgaben der Sammlungen des Regierenden Fürsten von Liechtenstein. Ausstellungskatalog. Kunsthistorisches Museum, Wien 1977.
Weblinks
Einzelnachweise
- Reiche Sattelkammer. kaiserliche-wagenburg.at.
- Der Kaiserwagen kehrt nach Schönbrunn zurück. news.ch, 4. November 2001, abgerufen am 31. März 2009 (Der historische Kaiserwagen fährt als Dauerleihgabe in die Wagenburg des Kunsthistorischen Museums in Schönbrunn ein. Der festliche Einzug über den Ehrenhof Schönbrunn ist für den 11. November geplant.).
- Anna-Maria Wallner: Mit der Kutsche nach Wien. Die Presse, 18. September 2007, abgerufen am 31. März 2009 (Gloria Fürstin Thurn und Taxis ist zurzeit auf Kurzurlaub in Wien. Sie hat dem Kunsthistorischen Museum 17 Kutschen geliehen. Zum Auftakt wurde prunkvoll gespeist.).