Justizanstalt Wien Josefstadt
Die Justizanstalt Josefstadt ist ein gerichtliches Gefangenenhaus, das dem Landesgericht für Strafsachen Wien angegliedert ist. Sie befindet sich in der Wickenburggasse im 8. Wiener Gemeindebezirk Josefstadt in direkter baulicher Verbindung mit dem Gerichtsgebäude.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Anstalt von den Wienern bereits seit den Anfängen ihres Bestehens meist das „Graue Haus“ genannt. Diese Bezeichnung ist auf die damals graue Kleidung der Häftlinge zurückzuführen. Insbesondere von ehemaligen Strafgefangenen wird das Gefängnis auch als „Einser“ (wienerisch „Aansa“) bezeichnet.
Konzeption
Das Gefängnis ist die größte österreichische Justizanstalt und kann bis zu 1057 Insassen beherbergen. Hier werden Personen zum Straf- und Maßnahmenvollzug für eine Länge von bis zu 18 Monaten untergebracht. Die Justizanstalt ist zur Gänze im Gebäude des Landesgerichts für Strafsachen in Wien untergebracht, es existieren aber Außenstellen für Häftlinge mit Lungenerkrankungen auf der Wilhelminenhöhe sowie eine geschlossene Krankenabteilung im Krankenhaus Barmherzige Brüder. In der Abteilung D werden ausschließlich jugendliche Untersuchungs- und Strafgefangene untergebracht, die größtenteils zuvor in der Justizanstalt Erdberg inhaftiert waren. Weiters ist der JA Josefstadt die österreichische Justizwacheschule und der zentrale Überstellungsdienst für alle Justizanstalten in Österreich angegliedert.
Am 30. August 2007 waren in der Justizanstalt Josefstadt 1226 Gefangene inhaftiert, von denen allein 798 Untersuchungshäftlinge waren. Die daraus resultierende Gesamtauslastung des Gefängnisses entspricht knapp 116 %. Damit zählt die Justizanstalt Josefstadt zu den am stärksten ausgelasteten Strafvollzugseinrichtungen Österreichs.[1]
Geschichte
1831 genehmigte Kaiser Franz I. die Errichtung eines Criminalgerichtsgebäudes in der Alservorstadt. Nach rund sieben Jahren Bauzeit wurde das Gebäude 1839 seiner Bestimmung übergeben. Seither fanden hier die Kriminalprozesse statt, die zuvor in der Schranne abgehalten worden waren. Bis heute erfolgten zahlreiche Erweiterungen und Umbauten, die vorläufig letzten endeten 1995. Hier wurden viele „Sensationsprozesse“ durchgeführt, auch über Wirtschaftsdelikte wie im Fall Lucona oder zuletzt der BAWAG-Prozess. In der NS-Zeit war das „Graue Haus“ berüchtigt als Hinrichtungsstätte politischer Häftlinge.
Am 13. April 2005 schaffte ein ukrainischer Häftling die Flucht aus der Justizanstalt, nachdem er Besuch von einem angeblichen Anwalt erhalten hatte. Dieser legte gefälschte Dokumente vor und gelangte so mit dem Häftling in ein nicht überwachtes Zimmer, wo er ihm in einem Koffer mitgeführte Kleidungsstücke überreichte. Anschließend marschierten beide unbehelligt aus dem Gebäude, vor dem bereits ein Fluchtwagen wartete. Nach diesem Vorfall wurde ein Biometrie-System eingerichtet, das das Gesicht jedes Besuchers registriert. Außerdem erhält jetzt jeder Besucher eine eigene Zutrittskarte. Beim Verlassen des Gebäudes wird das Gesicht des Besuchers überprüft. Nur für diejenigen, die beim Hineingehen erfasst worden sind, öffnet sich dann auch die Türe in die Gegenrichtung und aus der Justizanstalt in die Freiheit.[2]
Trotz der neuen Sicherheitsmaßnahmen kam es am 30. Juni 2011 zu einem weiteren sicherheitsrelevanten Vorfall. Ein serbischer Untersuchungshäftling gab sich am Entlassungstag seines Zellenkollegen als dieser aus und wurde anstelle seines Kollegen entlassen, wonach er sofort untertauchte. Der Insasse hatte dafür nur den Namen und das Geburtsdatum seines Mitinsassen angegeben und wurde nicht weiter überprüft. Der wirkliche Entlassungshäftling meldete sich erst am Abend und musste daraufhin ebenfalls freigelassen werden. Als Reaktion auf diese Vorkommnisse kündigte Peter Prechtl von der Vollzugsdirektion künftig einzusetzende Fingerabdruck-Systeme an.[3]
Nachdem die Gebäudeinfrastruktur der gesamten Justizanstalt ebenso wie des benachbarten Straflandesgerichts zunehmend einer Modernisierung bedurfte, kündigte die Generaldirektion für den Strafvollzug im Jahr 2017 an, die Justizanstalt und das Gerichtsgebäude schrittweise ab 2020 generalsanieren zu lassen. Während der Umbauarbeiten sollen die Insassen der betroffenen Gefängnisteile in die Justizanstalten Simmering und Hirtenberg verlegt werden.[4]
Weblinks
- Webauftritt der Justizanstalt Josefstadt im Justizressort.
Einzelnachweise
- Anfragebeantwortung (PDF; 22 kB) der Bundesministerin für Justiz zum Thema Aktuelle Häftlingszahlen.
- ORF Wien: Gesichtskontrolle in Justizanstalt (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. . Artikel vom 19. Jänner 2006.
- ORF Wien: Falscher Häftling aus Justizanstalt entlassen (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. . Artikel vom 18. Juli 2011.
- ORF Wien: Justizanstalt Josefstadt wird generalsaniert. Artikel vom 7. August 2017.