John Dowland
John Dowland (heute meist ˈdɑulənd, historisch ˈdoʊlənd[1]) (* (nach eigener Angabe) 1563 möglicherweise in London[2]; begraben 20. Februar 1626 in St Anne, Blackfriars, London) war ein englischer Lautenist, bedeutender Komponist und Musikherausgeber des Elisabethanischen Zeitalters.
Leben
Von 1579 bis 1584 stand Dowland im Dienst Henry Cobhams, des englischen Gesandten in Paris, und seines Nachfolgers Edward Stafford, 3. Duke of Buckingham. Nachdem er sich 1594 erfolglos als Nachfolger des verstorbenen königlichen Lautenisten John Johnson beworben hatte, begab er sich auf eine einjährige Auslandsreise und hielt sich zunächst am Hof von Heinrich Julius, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, und des Landgrafen Moritz von Hessen in Kassel auf. Anschließend wollte er Luca Marenzio in Rom besuchen. In Florenz erfuhr er vom Plan einer katholischen Gruppe englischer Exilanten, ein Attentat auf Königin Elisabeth I. zu begehen. Bestürzt reiste er nach Nürnberg zurück. Von dort aus schrieb er einen langen, verstörten Brief an Robert Cecil, 1. Earl of Salisbury, in dem er detaillierte Angaben über die Verschwörer machte. Ende 1596 oder Anfang 1597 kehrte er nach London zurück, wiederum in der Hoffnung, als Hoflautenist angestellt zu werden. Doch seine Erwartungen zerschlugen sich abermals, da sein Freund und Gönner Henry Noel verstarb, kurz nachdem er Dowland in einem Brief um seine Rückkehr nach England gebeten hatte. Dowlands nächster Auslandsaufenthalt führte ihn nach Dänemark, wo er von 1598 bis 1606 Lautenist am Hof König Christians IV. von Dänemark sieben materiell ertragreiche Jahre verbrachte, bis er wegen großer finanzieller Schwierigkeiten von seinem Posten entfernt wurde. Die Komposition The King of Denmark’s Galliard hatte Dowland seinem Gönner Christian gewidmet.[3] Nach seiner Entlassung kehrte er nach England zurück und war einige Jahre bei einem Höfling namens Theophilus Howard, Lord Walden angestellt. Schließlich erhielt er am 12. oder 28. Oktober 1612 den jahrelang ersehnten Posten als Musician for the lute am königlichen Hof in England, schrieb aber nach diesem beruflichen Erfolg fast keine Kompositionen mehr. Nach seinem Tod – wahrscheinlich am 21. Januar 1626 – wurde er auf dem Friedhof von St Anne, Blackfriars, London, begraben. Die Kirche wurde beim großen Brand 1666 zerstört. Eines seiner bekanntesten Lautenlieder ist In darknesse let mee dwell, das 1610 publiziert wurde.
John Dowlands Sohn ist der ebenfalls als Lautenist und Komponist bekannte Robert Dowland, der auch Werke seines Vaters publizierte (etwa Queen Elizabeth’s Galliard, ein von John Dowland der selbst Laute spielenden Königin Elisabeth gewidmetes Stück, in Variety of Lute Lessons).[4]
Werk
Mistress Nichols Almand à 5 (Lachrimae Nr. 20)
M. George Whitehead His Almand (Lachrimae Nr. 21)Dowlands musikalisches Werk umfasst Lautenlieder (Sololieder[5] mit Lautenbegleitung), die durch meist drei zusätzliche Stimmen auch mit Vokalensemble (Sopran, Alt, Tenor, Bass) aufzuführen sind (Ensemblestücke, bei denen man Stimmen weglassen kann), sowie Werke für Laute solo und Werke für Gambenconsort mit Lautenbegleitung.
Dowlands Lieder (Ayres), veröffentlicht ab 1597,[6] behandeln ganz verschiedene Themen. Musikalisch handelt es sich vorwiegend um Strophenlieder (zum Beispiel das dreistrophige Lied If my complaints could passions move), seltener finden sich auch durchkomponierte Stücke. Die Begleitung ist weitgehend homophon, jedoch bereichert durch zahlreiche Verzierungen. Einige Lieder, etwa das berühmte Lied Flow My Tears oder Oh, sweet woods, enthalten aber auch polyphon durchkomponierte Passagen. Die Textdeklamation bleibt durchgehend deutlich, Verzierungen werden als Ausdruckselemente eingesetzt. Ein Teil der Lautenlieder Dowlands beruht auf seinerzeit gängigen Tanzformen.
Von besonderer Bedeutung sind Dowlands Instrumentalwerke. Seine Kompositionen für Gambenconsort mit Lautenbegleitung markieren in der europäischen Musikgeschichte einen ersten Höhepunkt der Entwicklung zu einer selbständigen Instrumentalmusik. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang vor allem sieben Variationen über das Thema der Lachrimae Pavane (ursprünglich eine Komposition für Laute solo, später zum Lied Flow My Tears und zu den genannten Kompositionen für Gambenconsort ausgearbeitet) und die Consortfassung der Lautenkomposition Semper Dowland, Semper Dolens. In beiden Stücken wird die oft melancholische Stimmung der Werke Dowlands besonders deutlich, musikalisch hervorgehoben durch eine vergleichsweise dissonanzenreiche Harmonik.
Von Dowland sind etwa 100 Kompositionen für Laute solo erhalten. Sie gehören zu den anspruchsvollsten und ausgereiftesten Werken für dieses Instrument und zählen heute zum festen Repertoire nahezu aller Lautenisten und klassischen Gitarristen.
Jigs und andere Stücke im 6/8 Takt
Bearbeitungen von Balladen
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Liedarrangement
Stücke unbekannter Herkunft, möglicherweise von Dowland:
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Rezeption
Der Komponist Benjamin Britten verwendete Dowlands dreistrophigen Song Come Heavy Sleep(e) (aus Dowlands erstem Liederbuch[8]) für sein „Nocturnal“ (opus 70) für Gitarre solo (1964), das er für den Gitarristen Julian Bream schrieb. Dowlands Pavane Lachrimæ bildete die Grundlage für Brittens Lachrymae: reflections on a song of Dowland, op. 48 (1950) für Viola und Klavier, welches Britten 1974 als op. 48a auch für Viola und Streichorchester bearbeitete. Bernard Stevens setzte 1953 seiner Verehrung für den Renaissancekomponisten mit einer Fantasia on a Theme of Dowland für Violine und Klavier ein Denkmal.
Eine mehrbändige Noten-Gesamtausgabe aller Dowland-Lieder für Gesang und Gitarre, herausgegeben von Werner J. Wolff, ist im österreichischen Musikverlag Doblinger erschienen. Ebenfalls als mehrbändige Lied-Gesamtausgabe für Gesang & Gitarre (optional auch als einbändiges Hardcover) gibt es eine Edition im deutschen PRIM-Musikverlag.
Die Folk-Metal-Band Subway to Sally verwendete Passagen von Dowlands Flow my Tears für ihren Song Syrah auf dem Album Bannkreis.
Der Pop-Musiker Sting hat im Oktober 2006 zusammen mit dem bosnischen Lautenspieler Edin Karamazov die CD „Songs From The Labyrinth“ auf dem Klassiklabel Deutsche Grammophon veröffentlicht, auf der er einige von Dowlands Werken spielt und singt. Außerdem werden Zeilen aus Briefen von Dowland an den Earl Robert Cecil von Sting vorgetragen. Diese Interpretation wurde auch kritisch rezipiert.
Literatur
- Christian Kelnberger: Text und Musik bei John Dowland. Eine Untersuchung zu den Vokalkompositionen des bedeutendsten Lautenvirtuosen der englischen Renaissance. 2. Auflage. Stutz, Passau 2004, ISBN 3-88849-207-6, (Zugleich: München, Univ., Diss., 1999).
- Diana Poulton: John Dowland. Faber Music, London 1970; 2. Auflage ebenda 1982.
- Diana Poulton: John Dowland (1563–1626) und Lachrimae. In: Gitarre & Laute. Band 1, 1979, Heft 2, S. 10–18.
- Jürgen Bieler: Lautenlieder von John Dowland: Formen und Fassungen. In: Gitarre & Laute. Band 9, 1987, Heft 2, S. 29–34.
Online-Noten und -Aufnahmen
- Noten und Audiodateien von John Dowland im International Music Score Library Project
- Gemeinfreie Noten von John Dowland in der Choral Public Domain Library – ChoralWiki (englisch)
- Classic Cat - Dowland – Verzeichnis mit freien Aufnahmen
- Videos einiger Aufnahmen von Dowland-Liedern mit der Sopranistin Valeria Mignaco und dem Lautenisten Alfonso Marin
Weblinks
- Literatur von und über John Dowland im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über John Dowland in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- johndowland.de – Informationen zu John Dowland
Anmerkungen
- In England dürfte die weit überwiegende Aussprache ˈdɑulənd sein (vgl. Everyman´s English Pronouncing Dictionary 1972 und Oxford Learner´s Dictionary (online)). Daneben gibt es ˈdɑulən und ˈduːlən(d). Gewichtige Hinweise aus Dowlands Zeit sprechen für ˈdoʊlənd, zum Beispiel der von Dowland selbst verwendete Reim "Semper Dowland - semper dolens" vgl. "Werke für Laute" in diesem Artikel. Im Einzelnen vgl. die „Talk“-Seite in der englischen Wikipedia.
- Der Geburtsort ist nicht eindeutig bekannt, aber einige Kirchenbücher in London weisen im 16. Jahrhundert den Namen Dowland auf. Quelle: Biographie Dowlands auf johndowland.de (Memento des Originals vom 5. April 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. . Andere Quellen geben auch Dalkey bei Dublin als Geburtsort an.
- Frederick Noad: The Renaissance Guitar. (= The Frederick Noad Guitar Anthology. Teil 1) Ariel Publications, New York 1974; Neudruck: Amsco Publications, New York /London/Sydney, UK ISBN 0-7119-0958-X, US ISBN 0-8256-9950-9, S. 87.
- Frederick Noad: The Renaissance Guitar. (= The Frederick Noad Guitar Anthology. Teil 1) Ariel Publications, New York 1974; Neudruck: Amsco Publications, New York /London/Sydney, UK ISBN 0-7119-0958-X, US ISBN 0-8256-9950-9, S. 88 f.
- Ulrich Olshausen: Das lautenbegleitete Sololied in England um 1600. Phil. Dissertation, Frankfurt am Main 1963.
- The first Booke of Songes or Ayres of fowre partes with Tableture for the Lute [...]. London (Druck: Peter Short) 1597.
- Vgl. auch Frederick Noad: The Renaissance Guitar. (= The Frederick Noad Guitar Anthology. Teil 1) Ariel Publications, New York 1974; Neudruck: Amsco Publications, New York /London/Sydney, UK ISBN 0-7119-0958-X, US ISBN 0-8256-9950-9, S. 91 f. (Lady Hunsdon’s Alman, signiert von Dowland als „Bachelor of Musick“).
- Frederick Noad: The Renaissance Guitar. (= The Frederick Noad Guitar Anthology. Teil 1) Ariel Publications, New York 1974; Neudruck: Amsco Publications, New York /London/Sydney, UK ISBN 0-7119-0958-X, US ISBN 0-8256-9950-9, S. 100 f.