Johannes Heinrich Müller
Johannes Heinrich Müller[1] (auch: Johannes Müller;[2][3] * 2. Februar 1828 in Hildesheim; † 31. Mai 1886 in Hannover) war ein deutscher Konservator, Denkmalpfleger und Numismatiker.[4] Der bei zahlreichen Grabungen als Archäologe Hervorgetretene[2] zählt zudem zu seiner Zeit zu den führenden Prähistorikern auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsen.[5]
Leben
Johannes Heinrich Müller durchlief seine grundlegende Bildung zunächst in seiner Geburtsstadt Hildesheim[4] und studierte dann an der Universität Göttingen, an der er im Oktober 1852 zum Dr. phil. promoviert wurde. Nachdem er anschließend als Hauslehrer Beschäftigung fand, übernahm er zu Beginn des Jahres 1855 am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg anfangs die Aufgaben des Ersten Sekretärs, ab 1856 die des Konservators der Altertümer-Sammlung.[1] Im selben Jahr wurde er – gemeinsam mit dem ersten Sekretär des Germanischen Nationalmuseums Johannes Falke – Herausgeber der ab 1856 erschienenen Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte, in der er auch eigene Beiträge publizierte[3]: die Zeitschrift stellte ihr Erscheinen aber bereits 1859 wieder ein. 1860 trat Müller der Deutschen Münzen-Gesellschaft bei.[4]
Zum 18. Oktober 1861 wurde Müller[1] durch den Königlich Hannoverschen Oberhofmarschall Ernst von Malortie[4] nach Hannover berufen als Konservator[1] und Sekretär des Welfenmuseums – allerdings „für ein kümmerliches Gehalt.“[2]
Nachdem er 1864[1] als Kollaborateur vom Historischen Verein für Niedersachsen, der sich für seine Museums-Sammlung dem Welfenmuseum angeschlossen hatte,[2] zum Konservator der hannoverschen Landesaltertümer ernannt wurde,[1] baute er eine seinerzeit als hervorragend geltende Sammlung prähistorischer Altertümer auf[4] und wirkte parallel dazu als Assistent am Königlichen Münzkabinett.[1] Am 27. Mai 1865 wurde Müller der Titel eines Studienrats verliehen,[1] wohl als erstem Hannoveraner überhaupt.[2]
Nach der Annexion des Königreichs Hannover durch Preußen 1866 war er weiter für die dortige Denkmalpflege zuständig, nun als „Beauftragter des preußischen Landeskonservators für die Provinz Hannover“. Ab 1869 leitete Müller die Altertumssammlung des nunmehrigen „Provinzialmuseum“ (später: Niedersächsisches Landesmuseum Hannover).[1] Ab dem 1. November 1877[1] oder ab Dezember des Jahres[4] wirkte Müller dazu als Privatdozent, bevor er am 1. April 1879 zum a. o. Professor für allgemeine Kunstgeschichte an der Technischen Hochschule Hannover ernannt wurde.[1]
Zum 1. Dezember 1883 wurde Johannes Heinrich Müller korrespondierendes Mitglied der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen.[1] Außerhalb der Fachwelt geriet Müller bald in den Schatten der von einem weit unabhängigeren Posten als Direktor des städtischen Kestner-Museums agierenden Persönlichkeit des Prähistorikers Carl Schuchhardt, dessen allzu rasche Schlussfolgerungen nach nur kurzer Freiluftbetätigung sich jedoch mehrfach als Irrtümer entpuppten. Müller aber hat sich „als guter Archäologe [...] durch Grabungen einen Namen gemacht“, über die er vielfach in der Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen berichtete.[2] Müllers „Stellung in der Urgeschichtsforschung ist nicht ganz unbestritten“; doch gab er mit seinem Hauptwerk, seiner posthum erschienenen Schrift Vor- und frühgeschichtliche Altertümer der Provinz Hannover, erstmals „eine wissenschaftlich brauchbare Übersicht über den urgeschichtlichen Denkmalsbestand des ganzen Landes“.[5]
Nachfolger Müllers als Direktor am heutigen Niedersächsischen Landesmuseum wurde Jacobus Reimers.[2]
Schriften (Auswahl)
- Deutsche Münzgeschichte. In 3 Theilen. Erster Theil: Deutsche Münzgeschichte bis zur Ottonenzeit, Weigel, Leipzig 1860 (nur Teil 1 erschienen; Digitalisat); (Neuausgabe von Manfred Miller, Money-Trend-Verlag, Purkersdorf bei Wien 2012, ISBN 978-3-9503347-0-8; Inhaltsverzeichnis)
- Das Königliche Welfenmuseum zu Hannover im Jahre 1863. Hahn, Hannover 1864 (Digitalisat).
- Die Reihengräber zu Rosdorf bei Göttingen. Bericht. Hahn, Hannover 1878 (Digitalisat).
Posthum erschien:
- Jacobus Reimers (Hrsg.), J. H. Müller: Vor- und frühgeschichtliche Alterthümer der Provinz Hannover. Verlag von Theodor Schulze's Buchhandlung, Hannover 1893 (Digitalisat).
Johannes Heinrich Müller verfasste ferner verschiedene Berichte über Grabungen in der Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen[2] und 1856 und 1877 Beiträge in der Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte[4]
Literatur
- Wilhelm Rothert: Müller, Johannes Heinrich. In: ders.: Allgemeine Hannoversche Biographie, Band 1: Hannoversche Männer und Frauen seit 1866. Sponholtz, Hannover 1912, S. 358.
- Otto Philipps: Studienrat Dr. Johannes Heinrich Müller. Ein Leben im Dienste niedersächsischer Vorzeitforschung. In: Niedersächsische Jahrbücher für Landesgeschichte, Bd. 13, 1936, S. 96–130 (Digitalisat).
- Hugo Thielen: Müller, (3) Johannes Heinrich, in: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen (Hrsg.): Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 262.
Weblinks
- Müller, Johannes Heinrich in der Datenbank Niedersächsische Personen (Neueingabe erforderlich) der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek, zuletzt abgerufen am 16. Januar 2021.
Einzelnachweise
- Hugo Thielen: Müller, (3) Johannes Heinrich, in: Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 262.
- Manfred Hamann: 1835–1985. 150 Jahre Historischer Verein für Niedersachsen. Aus der hundertfünzigjährigen Geschichte des Historischen Vereins für Niedersachsen, in: Hannoversche Geschichtsblätter, Neue Folge Band 39 (1985), Heft 1, S. 1–64; hier: S. 47; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- Titelblatt und Inhaltsverzeichnis der Erstausgabe der Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte von 1856.
- Wilhelm Rothert: j. Hr., Dr., Konserv. d. Welf.-Mus., in ders.: Allgemeine Hannoversche Biographie, Band 1: Hannoversche Männer und Frauen seit 1866. Sponholtz, Hannover 1912, S. 358
- Peter Zylmann u. a..: Zur Ur- und Frühgeschichte Nordwestdeutschlands. Neue Untersuchungen aus dem Gebiete zwischen Ijssel und Ostsee, Verlag August Lax, Hildesheim 1956, S. 258; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche