Jenny Schon

Jenny Schon (* 16. Dezember 1942 i​n Trautenau (Trutnov) i​n Böhmen) i​st eine deutsche Autorin, Herausgeberin u​nd Stadtführerin.

Leben

Jenny Schon wurde mit ihrer Mutter im Juli 1945 aus Trautenau Riesengebirge vertrieben. Über Umwege kamen sie nach Brühl/Rheinland, dem Heimatort ihres Vaters. Dort ging sie zur Volksschule. In Köln machte sie eine Lehre als Steuerfachgehilfin. Nach dem Mauerbau am 13. August 1961 folgte sie einem Aufruf des Bundesjugendrings und fuhr nach West-Berlin, um dort zu arbeiten, weil Arbeitskräfte rar geworden waren. Sie machte eine Buchhändlerlehre und war Mitbegründerin der Studentenbuchhandlung „Das Politische Buch“. Sie war Mitglied im Republikanischen Club und im SDS. Auf dem zweiten Bildungsweg erlangte sie das Abitur. Ab 1969/70 begann sie ein Studium der Sinologie und Publizistik. 1972 folgte sie einer Einladung aus dem Außenministerium der Volksrepublik China und fuhr nach China, obwohl die Bundesrepublik Deutschland damals keine diplomatischen Beziehungen zur Volksrepublik hatte. Damit besuchte Jenny Schon als eine der ersten das Land nach der Kulturrevolution. Seitdem erfolgten diverse Veröffentlichungen zu China.

Von 1988 b​is 1993 absolvierte s​ie ein Aufbaustudium i​n den Fächern Philosophie u​nd Kunstgeschichte. Zwischen 1988 u​nd 1991 h​atte sie a​n der Freien Universität Berlin mehrere Lehraufträge z​um Thema „Chinesische Philosophie“.[1]

Nach der Wende erfolgte ein Besuch in ihrer Geburtsheimat Trautenau im böhmischen Riesengebirge. Schon publizierte mehrfach zu Böhmen, besonders über den aus Wscherau bei Pilsen stammenden Bildhauer Franz Metzner, der die Figuren am Völkerschlachtdenkmal in Leipzig schuf und dessen Mitarbeiter, den akademischen Bildhauer Emil Schwantner, eines Verwandten aus der böhmischen mütterlichen Familie von Jenny Schon. Aus dieser Familie stammt auch der amerikanische Komponist und Pulitzerpreisträger Joseph Schwantner. Die Wiederbegegnung mit der Geburtsheimat floss in ihre Publikationen ein, besonders die späte Traumatisierung der Kriegskinder durch Flucht und Vertreibung. Sie schreibt u. a. für die Prager Zeitung, Landesecho Prag, Berliner Literaturkritik, Literaturkritik, Marburg u. a. Nach der Wende suchte sie auch die Spuren der mütterlichen Familie ihres rheinischen Vaters, der thüringschen Familie Weisheit, der auch die Hochseil-Akrobaten-Gruppe Weisheit aus Gotha entstammt.

Jenny Schon schreibt Lyrik, Romane sowie Beiträge in Anthologien und erhielt Literaturpreise. Viele ihrer Bücher sind mit ihren eigenen Fotografien und Graphiken ausgestattet. Sie lebt in Berlin. Dort ist sie seit 1998 auch als selbstständige Stadtführerin tätig.[1]

Sie i​st Gründungs-Mitglied d​es Vereins Kunst.Raum.Steglitz e.V. Berlin, Mitglied i​m PEN-Zentrum Deutschland,[2] Künstlergilde e.V. Esslingen, i​n der GEDOK e.V. Berlin, Künstlerkolonie e.V. Berlin, Stifter Verein e.V. München. Jenny Schon w​urde 2021 a​uf der Basis v​on zwei Gutachten u​nd in Anerkennung i​hrer großen künstlerischen Leistungen a​ls ordentliches Mitglied i​n die Sudetendeutsche Akademie d​er Wissenschaften u​nd Künste berufen.

Rezeption

„Allen, d​ie sich d​er Aktualität u​nd der Brisanz d​er Themen stellen, i​st eine interessante u​nd gewinnbringende Auseinandersetzung garantiert. Sie lernen i​n Jenny Schon n​icht nur e​ine engagierte u​nd differenzierte Romanautorin, sondern a​uch eine sensible u​nd prägnante Lyrikerin i​n einer Person kennen“

Anna Gerstlacher: Doppelrezension zu „Wie Männer mich lehrten die Bombe zu halten und ich sie fallen ließ“ und „Eine deutsche Zählung“[3]

Bibliografie

Lyrik

  • Böhmische/Česká Polka. Gedichte und Fotos. Geest, Vechta 2005. (deutsch-tschechisch)
  • Wie Männer mich lehrten, die Bombe zu halten und ich sie fallen ließ. Gedichte und Fotos. Geest, Vechta 2009.
  • Rheinisches Rondeau. Erzählungen. Gedichte. trafo Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-86465-010-9.
  • Fus-s-volk: Gedichte. Geest Verlag, Vechta 2012, ISBN 978-3-86685-386-7.
  • endlich sterblich – de brevitate vitae. Gedichte. Geest Verlag, Vechta 2016, ISBN 978-3-86685-553-3.
  • lautes schweigen. Lyrikband. Geest Verlag, Vechta 2018, ISBN 978-3-86685-700-1. (illustriert von Christiane Lenz.)
  • Fragen bleiben … vita variatur. Gedichte. Geest Verlag, 2020, ISBN 978-3-86685-802-2, Collagen Christiane Lenz.

Romane/Prosa

  • Der Graben. Roman. verlag am park/edition ost, Berlin 2005.
  • Die Sammlerin. Roman. trafo, Berlin 2009.
  • mit Joachim Süß: PostelbergKindeskinder – Träume und Trauma. Erzählungen und Gedichte. Odertor-Verlag, Bad Schussenried 2011.
  • Finger zeig. Geschichten zum 25. Jahr der Maueröffnung. Geest-Verlag, 2014, ISBN 978-3-86685-470-3.
  • 1967 Wespenzeit. Roman. Dahlemer Verlagsanstalt, Berlin 2015, ISBN 978-3-928832-53-3.
  • halbstark. Roman. Geest Verlag, Vechta 2017, ISBN 978-3-86685-635-6.
  • Der Duft der Bücher. Roman. Dittrich Verlag, 2019, ISBN 978-3-947373-40-6.
  • Flüchtige. Erzählungen zu 30 Jahre Mauerfall und Samtenen Revolution. Geest Verlag, Vechta 2019, ISBN 978-3-86685-739-1.
  • Hier stehe ich...Ich kann nicht anders. Geschichten von Widerstand. Essays und Erzählungen. Geest Verlag, Vechta, 2021, ISBN 978-3-86685-842-8.
  • Das Seidenbrokatsofa. Roman der siebziger Jahre. Dittrich Verlag, Weilerswist, 2021. ISBN 978-3-947373-67-3.

Sachbücher/Essays

  • China im Vertrauen auf die eigene Kraft. Reisebericht. Berlin, Oberbaum 1973.
  • Frauen in China. Studie. Bochum, Brockmeyer 1982.
  • Das Weibliche in der chinesischen Philosophie. In: Frauenstudien. Beiträge der Berliner China-Tagung 1991. (= Berliner China-Studien. 20). Minerva Publikationen, Saur Verlag, München 1992, ISBN 3-597-10616-1.
  • Emil Schwantner. Ein starkes Temperament in stetem Kampfe um seine formale Bändigung. Tschechisch-deutscher Katalog. Städtische Galerie Trautenau/Trutnov 1996.
  • Bildwerke im öffentlichen Raum Ostböhmens – Auf den Spuren des akademischen Bildhauers Emil Schwantner. In: Friedhof und Denkmal, Zeitschrift für Sepulkralkultur. 5, Kassel 2008.
  • Der Bildhauer Franz Metzner – Hundert Jahre Völkerschlachtdenkmal. Leipzig, Jahrbuch Leipzig 2013.
  • Verlorene Geschichten wieder entdeckt. Zum 70. Geburtstag der Dichterin Gertie Hampel-Faltis (1897–1944). Stifter Jahrbuch, München, 28/2014.
  • Eine Vertreibung in Etappen – Rückschau nach 70 Jahren. In: Sudetendeutsche Zeitung. München, 3. Juli 2015.
  • Böhmen nicht am Meer – Eine Spurensuche bis heute. Gerhard-Hess-Verlag, 2016, ISBN 978-3-87336-483-7.

Herausgeberschaften

  • Die Bonner kommen! Satiren. Jaron, Berlin 1998.
  • Wo sich Gott und die Welt traf – Westberlin. Zum 50. Jahrestag – 13. August 1961. Zeitzeugen erinnern sich der ersten Jahre nach dem Mauerbau. Geest, Vechta 2011.
  • Alter, Konkursbuch 40. 2003, ISBN 3-88769-240-3.
  • Woman and literature in China. Berlin 1985, ISBN 3-88339-452-1.

Preise und Auszeichnungen

  • 1997: Förderstipendium des Adalbert-Stifter-Vereins, München
  • 2007: 3. Preis Erzählwettbewerb Der Tagesspiegel/Museen Dahlem für die Erzählung Schlafes Schwester[4]
  • 2008: 3. Preis des undotierten Schreibwettbewerbs Zeitzeugenpreis Berlin-Brandenburg für die Erzählung Mein erster Berlin Marathon[5]
  • 2011: Anerkennungspreis für Essay Als ob einem die Augenlider weggeschnitten wären, Wettbewerb „Kleist und ich“ des Kleist-Museums Frankfurt/Oder
  • 2011: 1. Preis Lyrik für das Gedicht Winterliebe 3. Berner Bücherwochen[6]
  • 2013: Nominiert (Shortlist) für Landschreiber-Wettbewerb Leipzig 2013 mit der Erzählung Schlafes Schwester.
  • 2013: 3. Preis der Künstlergilde Eßlingen für das Gedicht Stadtrandgeschichten[7]
  • 2013: Preisauszeichnung für die Erzählung Mutter verlieren und Veröffentlichung im Rahmen des Literaturwettbewerbs der Bonner Buchmesse Migration November 2013
  • 2013: Preisauszeichnung für Auch Dita tanzt beim Literaturwettbewerb „Irrtum“ Bremen
  • 2014: Bestenliste im Hildesheimer Lyrikwettbewerb mit „Winterliebe“[8]
  • 2015: Sonderpreis Mundart, 3. Landschreiber-Wettbewerb „Sprache und Tarnung“, Münster,
  • 2015: 2. Preis Lyrik für das Gedicht „Kafka“, Künstlergilde
  • 2016: Andreas-Gryphius-Preis für das Lebenswerk[9]
  • 2017: textplusbild Düsseldorf, 3. Preis Prosa „Verloren“
  • 2017: Lyrikpreis KünstlerGilde Esslingen, 2. Lyrikpreis „Die jungen Jahre“
  • 2017: 2. Preis beim 5. Landschreiberliteraturwettbewerb Sprache und Elemente, Münster
  • 2018: Bestenliste Autorenwettbewerb „China-Roman“, 2018 Europäischer Universitätsverlag und in Kooperation mit dem Chinese Culture Translation and Studies Support und mit Förderung des Chinesischen Kulturministeriums, Bochum
  • 2018: 1. Preis „Aufstieg durch Bildung“, Mannheim[10]
  • 2020: 1. Preis „8. Landschreiberpreis Sprache und Umwelt Prosa“, Münster

Literatur

  • Ostdeutsche Gedenktage 2012 – Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Persönlichkeiten und historische Ereignisse. Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Bonn 2013, S. 242 ff.
  • PEN – Lexikon der Autorinnen und Autoren 2020/2021. Darmstadt, S. 276.
  • Kürschners Deutscher Literatur-Kalender, 2020/21. Walter de Gruyter Verlag, München.
  • Ich bin eine Vorachtundsechzigerin. In: Für mich wurde die Welt geöffnet. Interview mit Jenny Schon von Helene Becker. Band 1, Berliner Geschichtswerkstatt e.V., Berlin 2020, S. 22–26.

Einzelnachweise

  1. Steckbrief Jenny Schon auf Literaturport.de (online), abgerufen am 24. Februar 2014.
  2. Website des PEN-Zentrums, abgerufen am 8. Januar 2015.
  3. In: Die Berliner Literaturkritik. 26. Februar 2010. (online), abgerufen am 24. Februar 2014.
  4. 3. Platz, Erwachsene: Schlafes Schwester - von Jenny Schon. In: Der Tagesspiegel. 12. September 2007. (tagesspiegel.de)
  5. Veröffentlichungen. auf der Webseite von Jenny Schon. gerhard-hess-verlag.de (Memento vom 29. Oktober 2010 im Internet Archive)
  6. Viele Texte auf hohem Niveau. In: NWZ online. 13. Dezember 2011. (nwzonline.de (Memento vom 17. Februar 2013 im Webarchiv archive.today))
  7. Jenny Schon gewinnt den 3, Preis für Lyrik der Künstlergilde Esslingen. Geest Verlag.
  8. Hildesheimer Lyrikwettbewerb zweitausend 14 - Die Gewinnergedichte. (lyrik-bestenliste.de (Memento vom 8. Januar 2015 im Internet Archive), abgerufen am 8. Januar 2015.)
  9. Andreas-Gryphius-Preis 2016 für Jenny Schon. 10. Oktober 2016. (lyrikzeitung.com)
  10. 9. Börsenblatt des Deutschen Buchhandels, 20. Dezember 2018.
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