Iodprobe
Die Iodprobe (Iod-Stärke-Reaktion) ist ein chemisches Verfahren zum Nachweis von Stärke mit Hilfe einer Iod-haltigen Lösung.[1] Umgekehrt ist die Iodprobe auch zum Nachweis von Iod durch den Einsatz einer Stärkelösung anwendbar. Gemäß aktueller GHS-Einstufung erhalten die üblicherweise verwendeten Lugolschen Lösungen die Einstufung GHS08 „Gesundheitsgefahr“. Da ein Stärkenachweis mit einer geringer konzentrierten Iod-Lösung ebenfalls erfolgreich ist, sind die klassischen Lugolschen Lösungen zum Stärkenachweis obsolet.[2]
Ersatzverfahren: Eine Iodlösung mit einer Konzentration von 0,025 mol/L (ca. 0,635 % Iod) besitzt derzeit keine Einstufung gemäß GHS, kann aber dennoch für einen Stärkenachweis verwendet werden. Gemäß Ersatzstoffprüfung in der Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz empfiehlt sich daher die Verwendung der geringer konzentrierten Lösung. Ebenso ist die gleichzeitige Verwendung von Kaliumiodid (GHS08) obsolet, da die Anwesenheit von Iodidionen den einzigen Zweck hat, eine bessere Löslichkeit in Wasser zu erzielen. Die schlechte Löslichkeit in Wasser spielt jedoch keine Rolle, wenn das Testreagenz einen Tag vor der ersten Verwendung angesetzt wird.[2]
Anwendungen des Tests auf Stärke
Im Obstbau wird eine Iodprobe zur Bestimmung des Erntezeitpunkts angewandt. Dazu werden die Schnittflächen frisch gepflückter Äpfel mit einer Lösung aus 3 g Iod und 10 g Kaliumiodid in 1 l Wasser benetzt. Anschließend wird das Stärkeabbaumuster anhand einer Vorlage bewertet.[3]
Chemisch funktionierende Geldscheinprüfstifte sind Filzstifte, mit denen etwas Iodlösung auf einen Geldschein gestrichen wird. Banknotenpapiere basieren auf Baumwolle und/oder Polymer und enthalten keine Stärke, der leicht gelbliche Strich verblasst eher, während die meisten Büro- und Kopierpapiere Stärke enthalten, die den Strich rasch blau erscheinen lassen.[4][5]
Chemischer Hintergrund
Die in der Stärke vorhandene Amylose besitzt eine helixförmige Konformation mit einem kanalartigen Hohlraum in der Mitte. Entgegen einer früheren Ansicht sind hierzu keine Polyiodidketten (I3−, I5−, I7−, I9−) erforderlich,[6] sondern lediglich unbegrenzt lange Ketten aus neutralem Iod.[7][8][9] Im Polyiod-Stärke-Komplex sind die Valenzelektronen der Iod-Atome delokalisiert. Dadurch verringert sich die Anregungsenergie der Valenzelektronen, sodass sie im langwelligeren Bereich Licht absorbieren, weshalb der Polyiodid-Stärke-Komplex, komplementär zum Absorptionsspektrum, blau-schwarz erscheint. Je nach Stärke-Typ (Stärke aus Kartoffeln, Mais, Weizen, Reis …), industrieller Aufbereitung der Stärkeprodukte und Konzentration der Reaktanden erscheint die Färbung rötlich, violett, blau oder schwarz. Hierzu lässt sich als Regel aufstellen, dass eine stärkere Verzweigung der Molekülkette eine rötliche Verfärbung verursacht (20–30 Glucose-Einheiten bis zur nächsten Verzweigung) und eine weniger verzweigte Kette (über 45 Einheiten bis zur nächsten Verzweigung) einen blauen Eindruck hervorruft.[10] Diese Färbung wird qualitativ als Stärkenachweis und quantitativ beim analytischen Verfahren der Iodometrie zur Bestimmung des Stärkegehaltes ausgenutzt. Beim Erwärmen der tiefblauen bis blauvioletten Lösung findet eine Entfärbung statt.
Durch Zugabe von Ethanol oder Schwefelkohlenstoff werden die Polyiodidionen aus der Helix herausgelöst.
Weblinks
Einzelnachweise
- Eintrag zu Iodstärke-Reaktion. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 14. Juni 2014.
- Hanne Rautenstrauch, Klaus Ruppersberg, Wolfgang Proske: Chemiedidaktik: Welcher Zucker ist in der Probe. In: Nachrichten aus der Chemie. Band 70, Nr. 2. Wiley-Verlag, Februar 2022, ISSN 1439-9598, S. 15–20, doi:10.1002/nadc.20224116610 (wiley.com [abgerufen am 20. Februar 2022]).
- Lucas' Anleitung zum Obstbau, 31. Auflage 1992, S. 308–309.
- Geldscheinprüfstifte – für mehr Sicherheit im Portemonnaie kriminalberatung.de, mit Video aus 2012, aktualisiert 2019, abgerufen am 20. Juni 2019.
- effektivo: Anleitung Banknotenprüfstift Geldprüfstift Funktion youtube.com, 18. September 2012, abgerufen am 20. Juni 2019. – Video (0:44)
- X. Yu, C. Houtman, R. H. Atalla, Carbohydr. Res. 1996, 292, 129–141.
- Sheri Madhu, Hayden A. Evans, Vicky V. T. Doan-Nguyen, John G. Labram, Guang Wu, Michael L. Chabinyc, Ram Seshadri, Fred Wudl: Infinite Polyiodide Chains in the Pyrroloperylene-Iodine Complex: Insights into the Starch-Iodine and Perylene-Iodine Complexes. In: Angewandte Chemie. 128, 2016, S. 8164, doi:10.1002/ange.201601585.
- spektrum.de: Jod-Stärke-Probe: Rätsel um Schulversuch nach 200 Jahren gelöst - Spektrum der Wissenschaft, abgerufen am 8. September 2016.
- Dr. Sheri Madhu et al.: Infinite Polyiodide Chains in the Pyrroloperylene–Iodine Complex: Insights into the Starch–Iodine and Perylene–Iodine Complexes, Angewandte Chemie, 30. Mai 2016, onlinelibrary.wiley.com, Abstract einsehbar, abgerufen am 20. Juni 2019.
- Georg Schwedt: Faszinierende chemische Experimente für Entdecker, Gesundheitsbewusste und Genießer. Wiley-Verlag, Weinheim 2019, ISBN 978-3-527-34624-0.