Intermittierende Vakuumtherapie
Die intermittierende Vakuumtherapie (IVT) ist ein Verfahren, welches bei bestimmten venösen und arteriellen Fragestellungen sowie in der Rehabilitation (nach Sport-[1] und Gefäßleiden) durchgeführt werden kann. Durch den Einsatz von Druck und Unterdruck soll es ermöglicht werden, den venösen Rückfluss zu steuern, den Lymphfluss anzuregen[2] sowie die Durchblutung in der Peripherie und Muskulatur zu verbessern.
Technologie
Die Geräte zur Anwendung der IVT bestehen aus einem zylindrischen Raum, in dem der Unterkörper des liegenden Patienten bis zum Rippenansatz eingeschlossen und beaufschlagt wird. Die Beine werden vollständig von der Röhre umschlossen. Im Bereich der Taille wird der Innenraum mit Hilfe einer Linse abgedichtet. Im Raum werden durch eine Vakuumpumpe intermittierend, abwechselnd Unter- und Normaldruck (−20 bis −70 mbar) erzeugt. Die Geräte gelten als Medizinprodukte (EG-Richtlinie 93/42/EWG Klasse IIa. CE 0123).
Wirkungsweise
Durch die Erzeugung von Unterdruck wird die Blutzirkulation in den unteren Extremitäten und im Abdomen angeregt, d. h., die arterielle Perfusion wird stimuliert[3]. „Diese Blutbewegung führt zur Senkung des Blutdrucks in der Zentralvene, des Herzschlagvolumens, des Herzauswurfes und letztlich zu einer Senkung des arteriellen Blutdruckes, dem die Kompensationsmechanismen entgegenwirken müssen“[4]. Als Reaktion auf diese Veränderungen steigert sich der Puls und der peripherische Gefäßwiderstand. Zusätzlich werden Scherkräfte wirksam[5] und die sympathische Antwort auf das Herz aktiviert. Das Blutvolumen passt sich an die Druckänderungen im Unterkörper an. Durch die sich verändernden Bedingungen – Normal- und Unterdruck – wird der Fluss des oxigenierten Blutes in Beinen und unteren Extremitäten angeregt und erhöht[6]. In der Normaldruckphase wird der Rückfluss des venösen Blutes und der Lymphe in die großen Gefäße gefördert. So hat die intermittierende Vakuumbehandlung eine "stark physiologische Wirkung" auf den "Abtransport lymphpflichtiger Lasten"[7], d. h. es findet eine Lymphdrainage statt. Die damit verbundene pH-Steigerung führt häufig zu einer Stärkung des Bindegewebes, welches von der Steigerung der Kollagensynthese beeinflusst wird, und zu schnellerem Fettabbau[8].
Die Behandlungsmethode wurde auf Basis des LBNPD-Verfahrens der NASA[9] (lower body negative pressure device, Gerät für den Unterdruck im Unterkörper) entwickelt. 1999 begann die Entwicklung der intermittierenden Variante des LBNPD als Neurolab-Forschungsprojekt am Institut für Weltraummedizin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Behandlung
Die durchschnittliche Behandlungsdauer beträgt je nach Indikation 4 bis > 10 Anwendungen (je 30–45 Minuten). Es werden zahlreiche Indikationen für die intermittierende Vakuumtherapie aufgeführt, in vielen Fällen besteht aber noch Forschungsbedarf, da die Ergebnisse nicht immer eindeutig sind. So werden beispielsweise genannt: Bindegewebsschwäche, Übersäuerung, Cellulite und Besenreisern, Verletzungen (beispielsweise Blutergüsse und Sportverletzungen[10][11]), Gefäßerkrankungen, Ödeme und Ulcera[12]. Weitere Indikationen, die seit Anfang 2013 in den Niederlanden bereits mit Hilfe der IVT behandelt werden, sind u. a. das RSI-Syndrom (repetitive strain injury syndrome), CTS (carpal tunnel syndrome), CRPS (komplexes regionales Schmerzsyndrom), Epicondylitis und das Raynaud-Syndrom[13][14].
Kontraindikatoren
Negative Wirkungen konnten bis jetzt nicht festgestellt werden, jedoch sollte bei akuten Erkrankungen wie Phlebothrombose (tiefe Beinvenenthrombose), Thrombophlebitis (Venenentzündung), Infektionen oder Schwangerschaft das Verfahren nicht angewendet werden.
Einzelnachweise
- Hui Hui Dong, Bing Hong Gao, Huan Zhu, Sheng Tao Yang: [The effects of lower limb intermittent negative pressure therapy on the skin microcirculation perfusion of quadriceps in male rowers]. In: Zhongguo Ying Yong Sheng Li Xue Za Zhi = Zhongguo Yingyong Shenglixue Zazhi = Chinese Journal of Applied Physiology. Band 35, Nr. 2, Februar 2019, ISSN 1000-6834, S. 126–129, doi:10.12047/j.cjap.5727.2019.028, PMID 31250602 (nih.gov [abgerufen am 10. November 2021]).
- C. C. Campisi, M. Ryn, C. S. Campisi, P. Di Summa, F. Boccardo: INTERMITTENT NEGATIVE PRESSURE THERAPY IN THE COMBINED TREATMENT OF PERIPHERAL LYMPHEDEMA. In: Lymphology. Band 48, Nr. 4, Dezember 2015, ISSN 0024-7766, S. 197–204, PMID 27164765 (nih.gov [abgerufen am 10. November 2021]).
- Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 6. September 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Orletskiy & Timtschenko, 2009 / Ben T. A. Esch, Jessica M. Scott and Darren E. R. Warburton, 2007
- Dick H. J. Thijssen, Ceri L. Atkinson, Kumiko Ono, Victoria S. Sprung, Angela L. Spence: Sympathetic nervous system activation, arterial shear rate, and flow-mediated dilation. In: Journal of Applied Physiology (Bethesda, Md.: 1985). Band 116, Nr. 10, 15. Mai 2014, ISSN 1522-1601, S. 1300–1307, doi:10.1152/japplphysiol.00110.2014, PMID 24699856 (nih.gov [abgerufen am 10. November 2021]).
- Orletskiy & Timtschenko, 2009
- Archivlink (Memento des Originals vom 21. Juni 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Elisabeth Löberbauer-Purer, Nanna L. Meyer, Susanne Ring-Dimitriou, Judith Haudum, Helmut Kässmann: Can alternating lower body negative and positive pressure during exercise alter regional body fat distribution or skin appearance? In: European Journal of Applied Physiology. Band 112, Nr. 5, Mai 2012, S. 1861–1871, doi:10.1007/s00421-011-2147-1.
- NASA - NSSDCA - Experiment - Details. Abgerufen am 4. August 2020.
- Borut Fonda, Nejc Sarabon: Effects of intermittent lower-body negative pressure on recovery after exercise-induced muscle damage. In: International Journal of Sports Physiology and Performance. Band 10, Nr. 5, Juli 2015, ISSN 1555-0265, S. 581–586, doi:10.1123/ijspp.2014-0311, PMID 25473823 (nih.gov [abgerufen am 10. November 2021]).
- Prof Dr Tahsin Beyzadeoğlu, Dr Kerem Yildirim: Intermittent Vacuum Therapy after ACL Surgery. In: Sportärztezeitung. 31. Mai 2021, abgerufen am 10. November 2021 (deutsch).
- Tuganbekov Т., Ashimov N., Saipiyeva D.: Experience in the application of interval vacuum therapy with Vacumed device in complex treatment of lower extremity trophic ulcers. 21. April 2014, abgerufen am 10. November 2021 (russisch).
- Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 12. November 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Weltraumtechnik stand Pate für neue RSI-Behandlung - Seite 2 von 2. In: Human Capital Care. 22. Oktober 2013, abgerufen am 4. August 2020 (deutsch).
Literatur
- Studie über die intermittierende Vakuumtherapie am Olympiastützpunkt Rhein-Ruhr (PDF; 247 kB) – unter der Leitung von Dietmar F. Alf