Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Das Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist eine interdisziplinäre Einrichtung, die sich durch eine große Bandbreite der Lehr- und Forschungsaktivitäten auszeichnet. Dabei gilt das besondere Interesse der Lehre und Forschung am Institut dem zeitgenössischen Afrika. Das Institut verfügt mit dem Archiv für die Musik Afrikas (AMA) über eine in Deutschland einzigartige Sammlung moderner afrikanischer Musik.[1] Von international großer Bedeutung ist auch die Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen, die literarische Werke in über 80 afrikanischen Sprachen beherbergt.[2]
Aufgaben
Das Institut für Ethnologie und Afrikastudien wurde 1946 bei der Neugründung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Institut für Völkerkunde gegründet. Es wurde 1969 in Institut für Ethnologie und 1975 in Institut für Ethnologie und Afrikastudien umbenannt.[3]
Das Institut deckt sowohl im Bereich der Forschung, als auch der Lehre eine dichte Bandbreite ethnologischer Tätigkeitsbereiche ab. Diese reichen von der Politik-[4], Religions-, Sozial-, Medien- und Wirtschaftsethnologie über Migrations- und Diasporaforschung bis hin zur Erforschung von Ethnologie und Entwicklung, Ethnizität und Kolonialismus, Musik, populärer Kultur und Ästhetik sowie afrikanischer Literaturen und Sprachen. Großer Wert wird auf die Zusammenarbeit mit afrikanischen Kollegen gelegt, ohne die Afrikawissenschaften heute nicht mehr denkbar sind. Das bedeutet einerseits die regelmäßige Anwesenheit von afrikanischen Gastdozenten, Doktoranden und Studenten am Institut und andererseits Feldforschungen, Vortragsreisen und Lehraufenthalte von Institutsmitgliedern in den afrikanischen Partnerländern. Forschung und Lehre sind eng miteinander verknüpft und fortgeschrittene Studierende sind in Forschungsprojekte einbezogen.
Studiengänge
Folgende Studiengänge werden angeboten:[5]
- der Bachelorstudiengang Ethnologie (als Kernfach oder Beifach) mit dem Abschluss Bachelor of Arts in Ethnologie
- der Masterstudiengang Ethnologie mit dem Abschluss Master of Arts in Ethnologie
- der Masterstudiengang Linguistik mit dem Schwerpunkt Afrikanistik
- der Abschluss Dr. phil. in Ethnologie
- der Abschluss Dr. phil. in Afrikanischer Philologie (Afrikanistik).
Sammlungen für Forschung und Lehre
Drei einmalige und international renommierte Sammlungen für Forschung und Lehre sind mit dem Institut verbunden:
- das Archiv für die Musik Afrikas: beinhaltet eine in Deutschland einzigartige Sammlung moderner afrikanischer Musik auf Tonträgern unterschiedlicher Formate (Schellack- und Vinylschallplatten, Audio- und Videokassetten, CDs und DVDs). Der derzeitige Bestand des Archivs liegt bei ca. 10.000 Tonträgern, die zum Teil bis in die 1940er Jahre zurückreichen. Regionale Schwerpunkte bilden Äthiopien, Ghana, Kamerun, Kongo (Ex-Zaire), Kenia, Nigeria und Tansania. Darüber hinaus befinden sich mehr oder weniger repräsentative Bestände aus nahezu allen Ländern Afrikas südlich der Sahara in der Sammlung, die durch regelmäßige Zukäufe weiterhin im Aufbau befindlich ist. Mehrere tausend Zeitungsausschnitte werden in der nach Ländern, Musikstilen und Musikern sortierten Ausschnittsammlung aufbewahrt. Die Artikel, Berichte, Interviews, Schallplattenbesprechungen etc. bieten einen reichen Fundus an Hintergrundmaterial, der vor Ort eingesehen werden kann.[6][7][8]
- die Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen: hervorgegangen aus der persönlichen Bibliothek von Janheinz Jahn, beherbergt sie eine einzigartige Sammlung literarischer Werke in über achtzig Sprachen, darunter die ehemaligen Kolonialsprachen ebenso wie eine sehr große Zahl afrikanischer Sprachen. Neben Klassikern der verschiedenen literarischen Traditionen Afrikas umfasst die Sammlung zeitgenössische Literatur international renommierter afrikanischer Autoren, aber auch zahlreiche unbekanntere, lokal produzierte Werke, Übersetzungen, Comics, Literaturverfilmungen und Hörbücher. Die Sammlung wird durch umfangreiche Sekundärliteratur sowie Zeitschriften ergänzt.[9][10]
- die Ethnografische Studiensammlung: bewahrt etwa 2.800 Objekte, die vor allem aus Zentral- und Westafrika sowie aus Australien, Papua-Neuguinea und anderen Teilen Ozeaniens stammen. Die Gegenstände der vielfältigen Sammlung repräsentieren ein breites Spektrum von Aktivitäten, die von religiösen Praktiken über Jagd und Kriegsführung bis zu Musik und Haushalt reichen. Sie ist die einzige Sammlung ihrer Art in Rheinland-Pfalz und eine der größten universitären Sammlungen an der Mainzer Universität. Viele Objekte kamen in der Zeit Ende des 19./ Anfang des 20. Jh. nach Europa. Es sind daher historische Objekte, die auf vergangene Lebenswelten verweisen und gleichzeitig von ihrer Aneignung in Europa im Kontext der kolonialen Eroberung Afrikas oder Ozeaniens erzählen. Die magazinierte Ethnografische Sammlung ist als Lehr- und Forschungssammlung konzipiert. Einer breiteren Öffentlichkeit wird die Sammlung durch Ausstellungen, Leihgaben und Ausstellungsbeteiligungen zugänglich gemacht. Nach Absprache mit der Kuratorin Dr. Anna-Maria Brandstetter ist auch eine Besichtigung möglich.[11]
Professoren seit 1946
Universitätsprofessoren[12]
- Adolf Friedrich (1947–1956)
- Wilhelm E. Mühlmann (1957–1960)
- Karl J. Jettmar (1961–1964)
- Eike Haberland (1965–1967)
- Ernst W. Müller (1969–1986)
- Leo Stappers (1974–1977)
- Gerhard Grohs (1975–1994)
- Paul P. De Wolf (1978–1982)
- Norbert Cyffer (1984–1994)
- Ivo Strecker (1984–2005)
- Karl-Heinz Kohl (1987–1996)
- Raimund Kastenholz (seit 1996)
- Thomas Bierschenk (seit 1997)
- Carola Lentz (seit 2002)
- Matthias Krings (seit 2005)
- Heike Drotbohm (seit 2016)
- Markus Verne (seit 2017)
- Nico Nassenstein (seit 2017)
Honorar- und außerplanmäßige Professoren, Vertretungsprofessuren[12]
- Eugen L. Rapp (1946–1972)
- Alfons M. Dauer (1976–1991)
- Klaus-Peter Köpping (1982–1983)
- Josef Gugler (1983–1984)
- Rupert Moser (1983–1984)
- Gerhard Hauck (1984–1985, 1994–1997, 1998–1999)
- Gerhard Kubik (1986–1987, 1996, 1997, 1998–1999)
- Stephen Tyler (1987)
- Bernhard Streck (1987–1988; 1990–1992)
- Hartmut Zinser (1989–1990)
- Heike Behrend (1992–1993)
- Hans-Jürgen Hildebrand (1996–1997)
- Susanne Schröter (1999–2000)
- Judith Schlehe (2000)
- Alexander Henn (2001–2002)
- Pierre-Yves Le Meur (2002–2003)
- Katja Werthmann (2003–2004)
- Paul Drechsel (2006–2008)
- Nikolaus Schareika (2007–2008)
- Ute Röschenthaler (seit 2009)
- Helmut Asche (seit 2011)
Habilitationen
- Horst Nachtigall (1957)
- Hans Paul Bahrdt (1958)
- Ute Luig (1987)
- Paul Drechsel (1989)
- Bernhard Streck (1992)
- Katja Werthmann (2004)
- Nikolaus Schareika (2006)
- Holger Tröbs (2006)
- Ute Röschenthaler (2008)
Veröffentlichungen
Das Institut zeichnet als Herausgeber für die wissenschaftlichen Schriftenreihen Mainzer Afrika-Studien und Mainzer ethnologische Arbeiten, erschienen bei Reimer in Berlin, sowie für die Mainzer Beiträge zur Afrikaforschung[13] verantwortlich. Es gibt auch eine Serie von elektronischen Arbeitspapieren heraus.
Literatur
- Anna-Maria Brandstetter, Carola Lentz: 60 Jahre Institut für Ethnologie und Afrikastudien: Ein Geburtstagsbuch. Rüdiger Köppe, Köln 2006, ISBN 3896458140
Weblinks
Einzelnachweise
- Im Keller ertönt der „Bongo flava“. Ethnologie Uni-Institut verfügt über einzigartiges Archiv. In: Allgemeine Zeitung. 24. Mai, 2012.
- Literatur jenseits von Klischees und Schubladen auf der Homepage der Universität Mainz. Abgerufen am 17. Juli 2018.
- Geschichte der Ethnologie am Institut, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 30. Dezember 2014, abgerufen am 4. Mai 2016
- „Zur Versachlichung beitragen“ – Rassismus-Streit. Institut für Ethnologie erklärt Position / Als Forschungszweig mit eigener kolonialer Vergangenheit auseinandergesetzt. In: Allgemeine Zeitung. 13. April, 2015.
- Studienangebot am Institut für Ethnologie und Afrikastudien, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 26. Juni 2015, abgerufen am 4. Mai 2016
- Archiv für die Musik Afrikas (AMA), Archiv für die Musik Afrikas am Institut für Ethnologie und Afrikastudien, 20. April 2016
- Afrika ist in Mainz zu hören. Uni-Archiv dokumentiert die Entwicklung der modernen afrikanischen Musik. In: Saarbrücker Zeitung. Saarbrücker Zeitung vom 11. Februar, 2012.
- Andrea Löbbecke: Afrika im Mainzer Keller. Reggae von der Elfenbeinküste oder Highlife aus Ghana: Im „Archiv für die Musik Afrikas“ können Forscher und Studenten in die Klangwelt des Kontinents eintauchen. In: Südwest Presse. 9. Februar, 2012, S. 26.
- Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen, Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen am Institut für Ethnologie und Afrikastudien, 9. März 2016
- Literatur jenseits von Klischees und Schubladen. Abgerufen am 20. Februar 2020.
- Ethnografische Studiensammlung, Institut für Ethnologie und Afrikastudien, 29. April 2016
- Professuren, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 18. Februar 2015, abgerufen am 4. Mai 2016
- Mainzer Beiträge zur Afrikaforschung (Rüdiger Köppe Verlag, Köln). Abgerufen am 17. Juli 2018.