Ingelrii

Die Ingelrii-Gruppe besteht a​us etwa 20 bekannten[1] mittelalterlichen Schwertern a​us dem 10. b​is 12. Jahrhundert m​it tauschierter Klingeninschrift INGELRII. Sie i​st vergleichbar m​it der älteren, wesentlich besser belegten Ulfberht-Gruppe (9. b​is 11. Jahrhundert, e​twa 170 bekannte Exemplare).

Zeichnungen zweier Schwerter der Ingelrii-Gruppe (nach Anders Lorange, Den yngre jernalders sværd, 1889). Oben: das in der Isac bei Nantes gefundene Schwert, datiert auf das 10. Jh., mit Klingeninschrift (nach Lorange) INGELRED FIT. Unten: das in der Fyris bei Uppsala gefundene hochmittelalterliche (11. oder 12. Jh.) Schwert mit Inschrift INGEL.AH. und charakteristischem Ornament auf der Rückseite der Klinge.

Inschriftenschwerter

Die Inschriften Ingelrii und Ulfberht werden als Namen von Klingenschmieden gedeutet,[2] also eine Herstellerangabe, die aber während mehr als 200 Jahren, weit über die Lebenszeit der ursprünglichen Namensträger, als eine Art Qualitätsmarke weiterverwendet wurde. Im Vergleich zu den Ulfberht-Inschriften sind die Ingelrii-Inschriften im Allgemeinen besser lesbar, und erscheinen ohne Kreuzzeichen.[1] Peirce (2002) deutet das Auftreten der Ingelrii-Klingen im 10. Jahrhundert als die Gründung eines „Konkurrenzunternehmens“ zur Ulfberht-Schmiede. Es stammen allerdings nicht alle Stücke aus einer einzigen Werkstatt, anscheinend wurden qualitätvolle Namen auch imitiert bzw. „gefälscht“.[3]

Inschriften a​uf Schwertern wurden aufgebracht, i​ndem man s​ie mit e​inem Stichel aushob u​nd tauschierte. Dazu wurden andersfarbige Metalldrähte hineingehämmert u​nd die Oberfläche anschließend verschliffen.

Vergleichbar s​ind die Gicelin-Schwerter d​es Hochmittelalters; d​rei Schwerter m​it Varianten d​er Inschrift GICELIN ME FECIT,[4] n​ebst einigen anderen me-fecit-Inschriften a​us dem Hochmittelalter, w​ie BENNO ME FECIT (Fund a​us der Schwinge b​ei Stade) o​der NISO ME FET.

Individuelle Ingelrii-Schwerter

Beispiele v​on Ingelrii-Schwertern sind:

  • Statens Historiska Museum, Stockholm, ein Schwert aus dem frühen 10. Jahrhundert, gefunden in Sigridsholm, nördlich von Stockholm. Die Inschrift INGRLRIIMEFECIT etabliert den Eigennamen Ing[e]lrii als Herstellerangabe.[5]
  • Das Schwert von Flemma, Norwegen, Inschrift INGELRIH FECIT.[6]
  • Ein Schwert aus dem 10. Jh., gefunden in der Isac bei Nantes, in Privatbesitz; Inschrift INGELRED (oder INGELRII?).[7]
  • gefunden in London, in der Themse bei Temple (Inschrift INGELRII).[3]
  • British Museum (1856,7-11404), London, gefunden in der Themse bei Kings Reach, 10. oder 11. Jh., Knauf: Petersen Typ Z, Inschrift INGELRII.[8]
  • British Museum (1891, 09-05 3), London, gefunden in der Themse bei Kew, datiert auf das 10. Jh., Länge: 75,3 cm, Knauf: Petersen Typ Q. Auf der Vorderseite der Klinge die Inschrift INGELRII; die Rückseite der Klinge war auch beschriftet, nun aber kaum lesbar (versuchsweise gelesen als SITANBI oder IBNATIS).[9]
  • London Museum (A2373), gefunden in der Themse bei Vauxhall, Wandsworth Reach; Länge 88,2 cm (Klinge 74,2 cm), Inschrift INGELRII.[10]
  • Kelvingrove Art Gallery and Museum, Glasgow (A.1966.17), 10. Jh., Länge 70,0 cm, Gewicht 1,060 kg; Inschrift INGELRII.[11]
  • Statens Historiska Museum, Stockholm, ein Schwert aus dem 11. oder 12. Jh., gefunden in der Fyris bei Uppsala, mit schwer leserlicher Inschrift INGEL.AH. und charakteristischer Ornamentik auf der Klingenrückseite.
  • Das gut erhaltene „Schwert aus dem Teufelsmoor“ (Niedersachsen), datiert auf das 11. Jh., Niedersächsisches Landesmuseum Hannover, Länge: 83 cm, Inschrift INGELRII.[12]
  • Schwert aus Marin (Kanton Neuenburg), Schweizerisches Landesmuseum (Inschrift INGELRII)
  • Ein in der Nähe von Dresden gefundenes Schwert trägt auf der einen Seite der Klinge die Inschrift INGELRII, auf der anderen HOMODEI (viz. homo dei, eine Bezeichnung für Kreuzfahrer).[1]
  • Ein exzeptionelles Beispiel, gefunden bei Wisbech, trägt auf der einen Seite der Klinge die Inschrift INGELRII und auf der anderen Seite die Inschrift ULFBERHT.[13]
  • Bayerisches Nationalmuseum, München, gefunden in der Donau nahe Hilgartsberg.

Quellen

  1. R. Ewart Oakeshott, The Archaeology of Weapons (1960), S. 145.
  2. Ulfberht ist ein gut belegter fränkischer Name (Förstemann, Altdeutsches Namenbuch s.v. Vulfbert, belegt seit dem 8. Jh.); Ingelrii dagegen scheint eine verderbte Form eines Namens in Ingel-, Engil- zu sein (Förstemann, Altdeutsches Namenbuch s.v. "Angil"), interpretiert als "Ingelred, der Name des Waffenschmieds" in Jahresbericht Schweizerisches Landesmuseum Zürich Band 19 (1910). Lorange (1889) führt allerdings zum Vergleich den Namen eines Münzmeisters des König Ethelred (r. 978–1013/4) an, belegt INGELRI (bzw. INGLRI). Ein Münzmeister, der mit INGELRIES signiert, ist bereits zur Regierungszeit von Eadgar (959–975) belegt (Pagan, Edgar, King of the English (2014), S. 202). Der angelsächsische Name wird interpretiert als Ingalric (Martin Biddle, Winchester Studies 8: The Winchester Mint: And Coins and Related Finds from the Excavations of 1961-71, Oxford, 2012, S. 582; P. Dalton in: Rulership and Rebellion in the Anglo-Norman World, c.1066–c.1216: Essays in Honour of Professor Edmund King, Ashgate Publishing, Ltd., 2015, S. 42).
  3. Peirce (2002), S. 8.
  4. J. Schwietering, "Meister Gicelin", Zeitschrift fuer historische Waffenkunde 7 (1915–1917).
  5. Fund aus dem Sigridsholmssjön, Gemeinde Sigtuna, heute am östlichen Ende der Piste 08/26 des Flughafens Stockholm/Arlanda. Peirce (2002), S. 8. Historiskt-geografiskt och statistiskt Lexikon öfver Sverige, Volume 6, S. 70.
  6. T. Petersen, Aarsskrift for Nordmär Historielag, 1925, S. 31. H. E. Davidson (1998) The Sword in Anglo-Saxon England: Its Archaeology and Literature, p. xviii–xx. Boydell & Brewer Ltd.
  7. INGELRED nach Lesung von Wegeli (1904), mit Abbildung; später auch zitiert als INGELRII. Ewart Oakeshott, The Sword in the Age of Chivalry (1964), S. 27 (Fig. 5).
  8. britishmuseum.org
  9. Peirce (2002), S. 80.
  10. David M. Wilson, "Some neglected late Anglo-Saxon swords", Medieval Archaeology 9 (1965), S. 52.
  11. glasgowmuseums.com
  12. Gefunden wohl um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zwischen Worpswede und Adolphsdorf im Teufelsmoor im Landkreis Osterholz, in Niedersachsen; die Fundsumstände sind aber unbekannt. Erwerb durch das Landesmuseum in Hannover 1933. Gesamtl. Die breite Klinge endet flachbogenartig und trägt auf jeder Seite eine flache Mittelrinne. Die Griffangel war ursprünglich mit einem Griff aus organischem Material verkleidet. Aufgesetzt sind eine breite gerade Parierstange und ein dicker in etwa linsenförmiger Knauf, beide aus Eisen. Auf der Vorderseite trägt die Klinge die tauschierte Inschrift INGELRII, auf der Rückseite die typischen symmetrischen, "schriftähnlichen" Balkenornamente. G. Jakob-Friesen: Ein hochmittelalterliches Schwert mit Inschriften aus dem Teufelsmoor In: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern Bd. 31. Das Elb-Weser-Dreieck, III Exkursionen Bremerhaven, Cuxhaven Worpswede. 1976.
  13. The Archaeological Journal 124-125, Royal Archaeological Institute, 1968, S. 179. H. E. Davidson (1998) The Sword in Anglo-Saxon England: Its Archaeology and Literature, p. xviii–xx. Boydell & Brewer Ltd.
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