Identity Kills
Identity Kills ist ein deutscher Spielfilm des Regisseurs Sören Voigt. Die Erstaufführung fand während der Berlinale 2003 in der Sektion Forum statt. Das Psychodrama startete am 11. März 2004 im Kino.
Film | |
---|---|
Originaltitel | Identity Kills |
Produktionsland | Deutschland |
Originalsprache | Deutsch |
Erscheinungsjahr | 2004 |
Länge | 81 Minuten |
Stab | |
Regie | Sören Voigt |
Drehbuch | Sören Voigt |
Produktion | Gergana Voigt, Sören Voigt |
Musik | Jonny Blender, Hannes Bieger, Rainer Kirchmann, Markus Trockel |
Kamera | Markus Stein |
Schnitt | Gergana Voigt |
Besetzung | |
|
Handlung
Karen kommt nach einem mehrtägigen Aufenthalt in der Psychiatrie zurück in ihr Zuhause, ein anonymes Hochhausapartment in der Leipziger Straße. Ihrem Freund Ben hat sie nichts von ihren Problemen erzählt, deshalb glaubt er, sie sei in den letzten Tagen mit jemand anderem zusammen gewesen. In der Zwischenzeit hat er seine Ex-Freundin Sara in der gemeinsamen Wohnung einquartiert. Der Gipfel ist erreicht, als Ben in Karens Wohnung Saras Geburtstagsparty organisiert. Angesichts der betrunken grölenden Gäste packt Karen Blumen und Geschenke in eine Mülltüte und fordert, dass die Leute gehen. Ben schreit Karen vor den Gästen an und schiebt sie kurzerhand in die Küche ab. Karen beschließt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Sie beginnt in einer Besteckfabrik zu arbeiten, wo sie sich mit der Kollegin Susanne anfreundet. Karen unternimmt Ausflüge in das wahre Leben, zum Friseur, ins Café. Eines Tages wird sie von dem Hotelmanager Sanchez mit einer Bewerberin für eine Stelle in einem Hotel in der Karibik verwechselt. Zielstrebig überrumpelt er Karen mit einem Einstellungsgespräch. Karen wird plötzlich lebhaft. Sie spielt mit, ohne die Verwechslung aufzuklären – solange bis Sanchez das Gespräch auf Spanisch fortsetzt. Karen hat das Missverständnis bisher gefallen, aber jetzt kommt sie ins Stottern. Sie verrät sich und Sanchez schimpft noch auf sie ein, bevor er geht und ihr die Zeitung mit dem Stellengesuch, welches er für Karens gehalten hatte, auf den Tisch schmeißt. Im selben Moment erscheint Fanny Volant, die tatsächliche Bewerberin und sieht sich suchend um. Karen hat eine Idee. Als „Mitarbeiterin von Herrn Sanchez“ ruft sie Fanny an und verabredet sich mit ihr zu einem späteren Termin. Karen vergisst dieses Erlebnis fast völlig, da Ben sich überraschenderweise wieder um sie bemüht. Er ist zärtlich und einfühlsam. Er scheint einen wirklichen Neuanfang zu versuchen. Karen gibt nach – und sie ist glücklich. Die beiden heiraten. Sie kaufen sich gemeinsam einen Sportwagen, den Karen allein bezahlt. Endlich angekommen im „normalen Leben“ versucht Karen alles richtig zu machen, aber schnell ist alles wieder beim alten. Ben lässt sie tagelang allein, kommt dann aggressiv und betrunken nach Hause. Dann bereut er wieder alles. Diesmal will sie ihn aus der Wohnung werfen, wird aber doch wieder weich. Karen versucht zu entkommen. Sie braucht eigenes Geld und verkauft gestohlene Besteckkoffer. Das so angehäufte Geld versteckt sie in der Wohnung. Aber schon bald hat Ben es aufgespürt und verschleudert. Karen läuft weg und kommt bei ihrer Arbeitskollegin unter. Sie stiehlt sich ein neues Outfit zusammen, schlüpft erneut in die Rolle der „Mitarbeiterin von Sanchez“ und nimmt Kontakt mit Fanny Volant auf. Indem Karen ihr den Traumjob in der Karibik anbietet, schleicht sie sich in deren Vertrauen. Arglos lädt Fanny die „Vertretung von Herrn Sanchez“ zu sich nach Hause ein, bevor sie ihre große Reise antritt …
Drehort
Identity Kills wurde im Sommer 2001 und im Herbst 2002 in Berlin gedreht.
Statement des Regisseurs
„Identity kills“ wurde dreimal geschrieben, einmal als Skizze, dann beim Drehen und dann im Schnitt. Als ich Brigitte Hobmeier in der Faustinszenierung von Peter Stein gesehen habe, wurde die Idee zu dem Film schließlich konkret.
Gedreht wurde teils in Situationen, in denen weder Schauspieler noch Team wussten, wie sie aussehen würden. Das ist keine Spielerei, sondern hat ästhetische Gründe. Die Schauspieler hatten so oft keine Möglichkeit, die Szenen zu probieren. Was üblicherweise bei Proben geschieht, nämlich eine Szene von einem Ausgangspunkt zu entwickeln und zu einem Endpunkt zu bringen, der wieder in die nächste Szene führt, wird so ausgehebelt. Die Schauspieler müssen nicht die Dialoge an sich heranziehen und irgendwie interpretieren, also nicht versuchen ihre Figur an die schriftliche Vorlage irgendwie anzupassen. Stattdessen müssen sie sich ihre Figur selbst erfinden. Dazu gehört genauso gut der Dialog, den ein Autor, so nicht entwerfen könnte. Das geht bis in die Mikroebene des Gesprochenen, in Überlappungen, halbe Sätze, abgebrochene Rede. Wird so etwas als geschriebener Dialog gespielt, drängt sich in der Regel sofort die Kunst des Schauspielers in den Vordergrund. In der Art, dass das Publikum die Performance bewundert und wie „realistisch“ der Schauspieler die Rolle gestaltet. In unserer Arbeit schiebt sich dieser Effekt nicht zwischen Schauspieler und Publikum. Statt der gestalteten Erzählung, die von Schauspielern interpretiert wird, verfolgt man das Sichselbstgestalten der Schauspieler.
Für die Schauspieler ist das aus verschiedenen Gründen sehr schwer. Man bewegt sich dabei immer auf dünnem Eis und ist noch mehr persönlich ausgeliefert als man das ohnehin schon ist. Kein Dialog und keine vorgefasste Aktion sind als Rettungsring da. Die Unsicherheit auszuhalten ist nicht nur für die Schauspieler schwer, wahrscheinlich aber ein notwendiger Vorgang, um zu dieser Art der Erzählung zu gelangen.
Das Schöne am Film und am Kino ist, dass es eine unbegrenzte Zahl von Erzählungen und Erzählweisen ermöglicht. Selten wird diese Vielfältigkeit ausgeschöpft. Ist man der Meinung, dass Lebenszustände, die man täglich in der eigenen Nachbarschaft beobachten könnte, wenn man nur hinsähe, auch im Film erzählt werden sollen, und will man das nicht Gerichtssendungen zur Mittagszeit überlassen, kann man auf diese improvisierte Weise versuchen, sich dieser Lebenswelt zu nähern.
Es handelt sich bei „Identity Kills“ immer noch um einen Spielfilm, auch wenn er mit der dokumentarischen Form spielt, wie er auch mit anderen Erzählweisen spielt. Auch das ist ein Ergebnis der Arbeitsweise, dass sich die Form, in der erzählt wird, fließend ändert. Das ergibt sich unmittelbar aus dem Spiel der Akteure und den Situationen. Will man so eine Vorgehensweise praktizieren, dann ist es schwer bis unmöglich, Drehbuchförderung, oder Fernsehgelder zu bekommen, einfach deswegen weil es kein Drehbuch gibt in der Art, wie Fernsehanstalten und Förderungsanstalten es erwarten. Nämlich so, dass sich darauf pochen lässt, nachher im Film auch das zu sehen, was im Drehbuch steht. Zwangsläufig musste das Projekt deswegen eigenfinanziert werden.
Das Dokumentarische an dem Film liegt für mich im Ausgangspunkt, der auf einer wahren Begebenheit und wirklichen Figuren beruht.
Auszeichnungen
- International Contemporary Film Festival Mexico City 2004: Beste Schauspielerin Brigitte Hobmeier
- Internationalen Filmfestival Anonimul, Rumänien: Beste Schauspielerin Brigitte Hobmeier
- Viennale 2003: nominiert für den FIPRESCI-Preis der internationalen Filmkritik
Festivalteilnahmen (Auswahl)
- 53. Internationale Filmfestspiele Berlin 2003. Forum des Jungen Films;
- 25. Internationales Filmfestival Moskau 2003, G.U.S.;
- 38. Internationales Filmfestival Karlovy Vary 2003 Another View;
- 9. Sarajevo Film Festival 2003-New Currents;
- 28. Toronto International Film Festival 2003-Contemporary World Cinema;
- Calgary International Film Festival 2003;
- b-film+digital vision festival Berlin 2003;
- 19. Internationales Filmfestival Warschau 2003;
- Days of German Cinema, Krakau 2003;
- Viennale 2003;
- 15. Filmforum Schleswig-Holstein;
- Nordische Filmtage 2003;
- 11. Raindance Festival London 2003;
- 14. Ljubljana International Film Festival-Perspektiven;
- 13. Internationales Filmfestival Oslo;
- 43. Thessaloniki/Zypern International Filmfestival 2003-New Horizons;
- 52. Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg,–neue Deutsche Filme;
- X. Festival de Cinema Independent Barcelona. l’Alternativa 2003;
- International Contemporary Film Festival Mexico City 2004;
- Internationales Film Festival Sofia 2004;
- Internationalen Filmfestival Anonimul 2005.
Weblinks
- Identity Kills – Berlinale 2003 (PDF)
- Identity Kills bei German films
- Identity Kills in der Internet Movie Database (englisch)
- Identity Kills bei filmportal.de
- Rezension bei Schnitt.de