Hugo Hirsch
Hugo Hirsch (* 12. März 1884 in Birnbaum, Provinz Posen; † 16. August 1961 in Berlin) war ein deutsch-jüdischer Operetten- und Schlagerkomponist.
Leben
Nach dem Abitur begann Hugo Hirsch, in Breslau Medizin zu studieren. Es dauerte jedoch nicht lange, bis er erkannte, dass der Beruf des Arztes nicht für ihn in Frage kam. Dazu spukte viel zu sehr die Musik in seinem Kopf herum. Er entschloss sich, sein Hobby zum Beruf zu machen. Am Konservatorium in Stettin fand er einen Studienplatz. Danach führte ihn sein Weg nach Berlin, wo er bei Johannes Doebber seine Studien fortsetzte.
Zwar hatte Hugo Hirsch ernsthaft Musik studiert, doch der ernsten Musik wollte er sich nicht verschreiben. Ihm flogen die Melodien nur so zu, weshalb er es vorzog, sich in den Dienst der so genannten leichten Muse zu stellen. Der Bedarf an heiteren Bühnenwerken im Deutschen Reich des zweiten und dritten Jahrzehnts im 20. Jahrhundert wuchs ständig an. Hugo Hirsch war gerade 28 Jahre alt, da gingen in Breslau und in Düsseldorf seine ersten Operetten über die Bühne. Als fruchtbar gestaltete sich die Zusammenarbeit mit dem damals sehr populären Otto Reutter, für den er einige seiner Texte vertonte, zum Beispiel Geh’n Se bloß nicht nach Berlin. Für Trude Hesterberg vertonte er die Texte Wat kiekste mir denn immer in die Bluse? und Wer wird denn weinen, wenn man auseinander geht, wo an der nächsten Ecke schon ein andrer steht?, einen Schlager, den man noch heutzutage gelegentlich im Radio hört.
1923 wurde Hugo Hirsch ein besonderer Erfolg beschert. Seine Operette Der Fürst von Pappenheim kam unter dem Titel Toni im Londoner Shaftesbury Theatre heraus und schaffte es, mehr als ein Jahr lang in Folge gespielt zu werden. Doch damit nicht genug; zwei Jahre später erreichte er den Zenit seiner Karriere: 1925 spielten vier Berliner Theater gleichzeitig Operetten von ihm. Die Tantiemen sprudelten reichlich und ermöglichten ihm, finanziell ein sorgenfreies Leben zu führen. Wie einst Rossini widmete er sich fortan fast nur noch seinem Privatleben. Zwar ließ er sich weiterhin schwungvolle Melodien einfallen, aber das Orchestrieren überließ er anderen. Einer seiner damaligen Mitarbeiter war der junge Franz Grothe, der später selbst einmal ein berühmter Komponist werden sollte.
Als 1933 in Deutschland die Nazis an die Macht kamen, sah sich Hugo Hirsch gezwungen zu emigrieren. Erste Station seines Asyls war London. Danach lebte er mit seiner Frau einige Zeit in Belgien und schließlich in Frankreich. Nachdem der Zweite Weltkrieg beendet war, kehrte er nach Deutschland zurück. Er starb am 16. August 1961 in Berlin und wurde auf dem Friedhof Dahlem beigesetzt.
Werke (Auswahl)
- Die Scheidungsreise, Musikalischer Schwank in drei Akten, Uraufführung 1918 am Deutschen Künstlertheater in Berlin
- Die tolle Lola, Operette in drei Akten, Uraufführung 1919 am Neuen Operettentheater in Berlin
- Die erste Nacht, Musikalischer Schwank in drei Akten, Uraufführung am 1. Juni 1922 am Deutschen Künstlertheater in Berlin
- Der Fürst von Pappenheim, Operette in drei Akten, Uraufführung am 6. Februar 1923 am Deutschen Künstlertheater in Berlin
- Der blonde Traum, Operette in drei Akten, Uraufführung am 5. März 1925 am Theater am Schiffbauerdamm in Berlin
- Monsieur Troulala, Satire in 3 Akten, Uraufführung 1925 am Deutschen Künstlertheater in Berlin
- Fräulein Mama, Lustspiel mit Musik in 3 Akten, Uraufführung 1928 am Deutschen Künstlertheater in Berlin
Tonbeispiele
- Die Scheidungsreise: „Wer wird denn weinen (wenn man auseinandergeht)“. Beka-Orchester mit Chorgesang, 27. Juni 1921. Beka No. 30 656 auf YouTube.
- Die tolle Lola: „Ich bleib’ dir treu.“ Shimmy-Foxtrot. Marek Weber und sein Orchester, Berlin, 2. März 1923. Parlophon P. 1463-I (Matr. 2-6253) auf YouTube.
- Die erste Nacht: „Wenn du einmal eine Braut hast“ („Lass sie wandern“). 88er Notenrolle No. 5319 auf YouTube.
- Señora: „War die erste Frau ’ne Pleite.“ Marschlied. Bohème-Orchester mit Gesang [= Gesang: Walter Herrling, Dirigent: Johannes Lasowski], Berlin, 11. Januar 1924. Beka B.3422-II (Matr. 32 256) auf YouTube.
- Der Fürst von Pappenheim: „Und zum Schluss – schuf der liebe Gott den Kuss.“ Shimmy. Notenrolle „PHILAG“ der Firma Philipps, Frankfurt am Main (um 1924) auf YouTube.
- Wenn man verliebt ist: „Gott beschütz’ mich vor Verwandten!“ Lied. Max Kuttner 1924. Schallplatte „Grammophon“ 20 141 / B 42 215 (Matr. 1700 at) auf YouTube.
- Der blonde Traum: „Mit mir kannst du’s ja machen.“ One-step. Bohème-Orchester mit Refraingesang [= Robert Koppel], 13. März 1925. Beka B. 5264-I (Matr. 32 739)
- Das hat die Welt noch nicht gesehen (Revue): „Was guckst du mir denn immer in die Bluse?“ Foxtrot. Bohème-Orchester mit Refraingesang [= Robert Koppel], 6. November 1924. Beka B. 5209-II (Matr. 32 583) auf YouTube.
- Wieder Metropol (Revue): „Jeder einmal in Berlin!“ Marschlied. (Hirsch – Müller-Förster) Orchester Efim Schachmeister mit Refraingesang [= Fritz Berger], Sommer 1927. Grammophon 21 101 / B 41 808 (Matr. 1189 bk) auf YouTube.
Verfilmungen
- 1927: Der Fürst von Pappenheim – Regie: Richard Eichberg mit Curt Bois, Mona Maris, Dina Gralla, Lydia Potechina, Hans Junkermann
- 1927: Die tolle Lola – Regie: Richard Eichberg mit Lilian Harvey, Julia Serda, Harry Halm, Julius von Szöreghy, Hans Junkermann.
- 1929: Wer wird denn weinen, wenn man auseinandergeht – Regie: Richard Eichberg mit Dina Gralla, Harry Halm, Paul Morgan, Antonie Jaeckel
- 1952: Der Fürst von Pappenheim – Regie: Hans Deppe, es spielten und sangen Victor de Kowa, Hannelore Schroth, Grethe Weiser und Georg Thomalla
- 1954: Die tolle Lola – Regie: Hans Deppe mit Herta Staal, Grethe Weiser, Wolf Albach-Retty, Paul Dahlke, Walter Giller
Filmografie (Auswahl)
- 1924: Lumpen und Seide (Hugo Hirsch komponierte als Titelmelodie das Lied “Shimmy”)
Literatur
- Hartmut Bartmuß: Hugo Hirsch. „Wer wird denn weinen …“, herausgegeben vom Centrum Judaicum, Hentrich & Hentrich, Berlin 2012, ISBN 978-3-942271-54-7 (= Jüdische Miniaturen. Band 122).[1]
Weblinks
Einzelnachweise
- Rezension: Henry Larsson am 6. Oktober 2012 auf info-netz-musik; abgerufen am 1. Dezember 2014