Homonationalismus

Das politische Schlagwort Homonationalismus beschreibt e​ine Verbindung zwischen nationalistischen Ideologien u​nd der LGBT-Bewegung u​nd ihren Rechten.[1][2][3]

Der Begriff wurde erstmal von der Geschlechterforscherin Jasbir Puar im Jahre 2007 aufgebracht. Sie versuche damit einen Prozess zu beschreiben, in dem sich gesellschaftliche Kräfte mit den Forderungen der LGBT-Community identifizieren, um Heterophobie, Rassismus und Xenophobie zu rechtfertigen, im Speziellen Vorurteile gegen den Islam. Diese Vorurteile beziehen sich vor allem auf Migranten, die als homophob gesehen werden, während die westliche Gesellschaft als sehr willkommenheißend und sicher für die LGBT-Community dargestellt wird.[1][2][4][5][6][7][8][9] Damit wird sexuelle Vielfalt und die unterschiedliche Situation der rechtlichen Gleichstellung der LGBT-Community in verschiedenen Ländern und Gebieten benutzt, um politische Einstellungen gegen Einwanderung zu rechtfertigen. Dieses Phänomen trete immer häufiger in politisch weit rechten Parteien und bei weißen Amerikanern auf.[10][11][12] Ein Beispiel hierfür ist das Phänomen, dass der homosexuelle Journalist und Autor Milo Yiannopoulos eine Galionsfigur der Alt-Right in den Vereinigten Staaten war.[13][14][15][16]

Die Hauptkritik an dem Phänomen besteht darin, dass durch die selektive, sektiererische Ausnutzung der LGBT-Bewegung, Intoleranz akzeptabel gemacht werden soll, während gleichzeitig die in westlichen Gesellschaften immer noch stattfindende Diskriminierung der LGBT-Bewegung bewusst ignoriert wird.[17][18] Als Beispiel für die Gleichstellung von Homosexuellen wird oft der Zugang zur gleichgeschlechtlichen Ehe angeführt. Dadurch würden Beziehungen innerhalb der LGBT-Gemeinschaft heteronormalisiert und westliche chauvinistische Positionen gestärkt. Zudem würden Verdächtigungen gegenüber Menschen aus jenen Ländern begünstigt, die gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht anerkennen oder Homosexualität immer noch kriminalisieren. Oft wird zwischen Muslimen und der Kriminalisierung von Homosexualität ein direkter Zusammenhang gesehen.[2][19][20][21][22][23]

Bruno Perreau h​at die Annahmen v​on Puars Modell kritisiert. Während e​r ihr b​ei der Kritik d​aran zustimmt, d​ass es nationalistische Strömungen i​n LGBT-Gruppierungen gibt, führt e​r an, d​ass Puar diejenigen Menschen, d​ie sie a​ls „sexuell nicht-normative ethnisierte“ Menschen bezeichnet, idealisiert.[1] Perreau erklärt, d​ass die Dekonstruktion v​on Normen n​icht von i​hrer Reproduktion entkoppelt werden können.[24] Floris Biskamp m​erkt an, e​s sei für Puar prinzipiell rassistisch u​nd imperialistisch, Homophobie u​nter Muslimen z​u kritisieren, u​nd sie z​eige eine offene Feindschaft gegenüber Israel, d​as ihrer Ansicht n​ach die homosexuelle Community für s​eine „rassistischen“, „imperialistischen“ u​nd „islamophoben“ Zwecke instrumentalisiere.[25]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Jasbir K. Puar: Terrorist Assemblages: Homonationalism in Queer Times. Duke University Press, 2007, ISBN 978-0-8223-4094-2, S. 83.
  2. Homonationalism, Heteronationalism and LGBTI Rights in the EU. Public Seminar. 31. August 2016.
  3. Homonationalism and Pinkwashing. CLAGS. Center for LGBTQ Studies. 2013.
  4. Homonationalism and the Death of the Radical Queer. Inquiries Journal. 2015.
  5. Conchita Wurst y los peligros del homonacionalismo. Periódico Diagonal. 21. Mai 2014.
  6. Nuevo nacionalismo y movimiento gay. Viento Sur. 15 Juli 2012.
  7. In America, Muslims Are More Likely to Support Gay Marriage Than Evangelical Christians. Reason. 13. Juni 2016
  8. La regidora musulmana de Badalona casa una parella gai. (Memento des Originals vom 2. Februar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.directe.cat Directe!cat. 11. Januar 2016.
  9. Homonacionalismo e cidadania LGBT em tempos de neoliberalismo: dilemas e impasses às lutas por direitos sexuais no Brasil. Revista Em Pauta. 2014.
  10. The Men Who Would Be Queen: France, Le Pen & The LGBT Vote. Pride Life. 7. Juni 2016.
  11. El ascenso de la extrema derecha en Europa, en clave LGTB. Dos manzanas. 2. Juni 2014.
  12. Homo et d'extrême droite: qu'est-ce que «l'homonationalisme»? Le Monde. 22. Dezember 2014.
  13. Donald Trumps schönster Hassprediger. 31. Oktober 2016, abgerufen am 23. Juni 2017.
  14. The Men Who Would Be Queen: France, Le Pen & The LGBT Vote. Pride Life. 7. Juni 2016.
  15. El ascenso de la extrema derecha en Europa, en clave LGTB. Dos manzanas. 2. Juni 2014.
  16. Homo et d'extrême droite: qu'est-ce que «l'homonationalisme»? Le Monde. 22. Dezember 2014.
  17. Why Pinkwashing Insults Gays and Hurts Palestinians. Slate Magazine. 17. Juni 2014.
  18. Sporting Homonationalism: Russian Homophobia, Imaginative Geographies & the 2014 Sochi Olympic Games. Sociology Association of Aotearoa New Zealand Annual Conference 2013.
  19. Homonormativity, Homonationalism and the Other 'Other'. Huffington Post. 19. März 2015.
  20. Muy español y muy gay: ‘homonacionalismo’ vs. radicales religiosos. El Confidencial. 18. Juli 2011.
  21. Vers un nouvel homonationalisme? Mediapart. 5 December 2012.
  22. From Orientalism to Homonationalism: Queer Politics, Islamophobia and Europeanization in Kosovo. Southeastern Europe. 2016.
  23. Israel and ‘Pinkwashing’. The New York Times. 22 November 2011.
  24. Bruno Perreau, Queer Theory: The French Response, Stanford University Press, 2016, 124.
  25. Ist jihadistisch das neue schwul? In: jungle.world. 9. Dezember 2010, abgerufen am 30. März 2018.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.