Hoecker-Haus
Das Hoecker-Haus in Długopole Górne (bis 1945 Oberlangenau) im Powiat Kłodzki in der Woiwodschaft Niederschlesien war ein Teil des ehemaligen Oberlangenauer Freirichtergutes. Ab 1901 bewohnte es der akademische Maler Paul Hoecker.
Geschichte des Anwesens
Das Freirichtergut geht auf die Zeit der Besiedlung des Dorfes zurück. Das Amt des Freirichters wurde gewöhnlich erbrechtlich den Lokatoren für ihren unternehmerischen Einsatz bei der Urbarmachung und Besiedlung eines Dorfes übertragen.
Um 1500 gehörten zu dem Oberlangenauer Freirichtergut zwei freie Bauerngüter, ein Kretscham, eine Wassermühle, eine Leinwandwalke und eine Bleiche sowie 25 Gärtner- und andere Häuslerstellen. Das Richtergut, welches neben der Kirche liegt, verfügte über zwei Huben Acker, einige Teiche und das Braurecht. Für 1571 ist Johann Wolf als Freirichter und damit als Besitzer des Freirichtergutes nachgewiesen, für 1644 Christoph Rupprecht.
1728 wurde das Forsthaus durch den Leinwandgroßkaufmann Josef Männel erworben. Dadurch wurde dieses Anwesen, zu dem auch die Fischgerechtigkeit in der Glatzer Neiße gehörte, aus dem Freirichtergut herausgetrennt. Um 1780 ging es an Männels Stiefsohn Johann Hoecker (1724–1784), dessen Familienname künftig als Bezeichnung auf das Anwesen überging (Hoecker-Haus). Auch er betrieb den damals erfolgreichen Leinwandhandel, da die Gebirgstäler der Grafschaft Glatz seit alters her dem Flachsanbau dienten. Durch verschiedene gesetzgeberische Maßnahmen Friedrichs des Großen expandierte der Flachsanbau in den 1780er Jahren. Die Qualität der Stoffballen wurde durch die Leinwandhändler kontrolliert. Gut beschaffene Stoffe wurden gestempelt, schlechte als minderwertig gekennzeichnet oder sogar zerschnitten. Um 1850 wurde der Leinwandhandel eingestellt, da durch den Einsatz von Maschinen billigere Erzeugnisse bezogen werden konnten. Für die schlesischen Weber begann eine schwierige Zeit.
1807–1808 wurde das Hoecker-Haus auf eine Länge von neun Fenstern erweitert. Die Insignien von Johann Josef Hoecker wurden über der Tür eingemeißelt.
Nach 1850
Am 11. August 1854 wurde im Hoecker-Haus der spätere akademische Maler Paul Hoecker geboren. Nach dem Abschluss des Gymnasiums in Neustadt studierte er an der Königlichen Kunstakademie München, wo er später zum Professor berufen wurde. Er modernisierte das Hoecker-Haus und stattete es mit erlesener Einrichtung aus. Zusammen mit dem Atelier wurde es zu einem künstlerischen Treffpunkt. Hoeckers beliebtes Malmotiv war seine Nichte Vally Walter, welche nach dessen Tode 1910 das Anwesen übernahm.
Nach dem Tode des Malers Paul Hoecker diente das Atelier verschiedenen Malern als Arbeitsstätte. Es waren u. a. Paul Plontke, A. Wasner, Wilhelm Hartmann, Wilhelmine Melzer und Arthur Kampf, der aus dem kriegsbedrohten Berlin floh.
Nach 1946
Da Dr. Maria Pompe, deren Familie das Hoecker-Haus gehörte, in Habelschwerdt als Ärztin arbeitete, wurde ihre Familie nach dem Zweiten Weltkrieg von den polnischen Behörden nicht ausgewiesen. Nach dem Tod der Eltern durfte sie nach Westdeutschland umsiedeln. Gegenwärtig wird das Hoecker-Haus als Lebensmittelladen und Wohnung genutzt.
Literatur
- Aloys Bernatzky: Lexikon der Grafschaft Glatz. Mit Kurzbiographien berühmter Grafschafter. Marx Verlag, Heidelberg 1984. (Glatzer Heimatbücher, Band 8, ZDB-ID 542998-5)
- Artur Heinke: Die Grafschaft Glatz. Ostdeutsche Verlags-Anstalt, Breslau 1941.
- Joseph Kögler: Die Chroniken der Grafschaft Glatz. (neu bearbeitet und herausgegeben von Dieter Pohl) Band 4: Die Chroniken der Dörfer, Pfarreien und Herrschaften des Kreises Habelschwerdt. Pohl, Köln 2001, ISBN 3-927830-18-6, S. 55–65. (= Geschichtsquellen der Grafschaft Glatz, Reihe A Ortsgeschichte, Neue Folge 4.)
- Fritz Rupprecht: Oberlangenau, Kreis Habelschwerdt, Reg. Breslau - Schlesien. Recklinghausen 1960.
- Gottfried Sellig (Hrsg.): Bildband zur Heimatchronik von Oberlangenau, Kreis Habelschwerdt, Reg.-Bezirk Breslau, Schlesien. Eine Darstellung unseres Dorfes mit über 500 Bildern. Selbstverlag, Essen 1994.