Hieronymus Osius
Hieronymus Osius, auch: Ossanna (* um 1530 in Schlotheim; † April 1575/76 in Graz) war ein deutscher neulateinischer Dichter, Literaturwissenschaftler und Rhetoriker.
Leben
Osius wurde in Gera erzogen, so dass er teilweise auch unter dem Namen Hieronymus Geranus bekannt war.[1] Am 28. März 1552 immatrikulierte er sich an der Universität Wittenberg und erwarb hier am 28. Juni 1552 den akademischen Grad eines Magisters. 1555 fand er Aufnahme in die philosophische Fakultät der Wittenberger Hochschule und hielt Vorlesungen über Poetik. Ab 1557 trat er auch als Prüfer (Examinator) in Erscheinung, was möglicherweise auf eine Professur der Poetik hindeuten kann. Am 2. Mai 1558 krönte ihn König Christian III. von Dänemark und Norwegen in Kopenhagen zum Poeta laureatus und somit besaß er die dazu notwendige Qualifikation für das Lehramt. Seit 1560 war er an der Universität Jena wo er ebenfalls Vorlesungen über Poesie hielt. Am 3. Dezember 1565 wurde er Rektor am „Gymnasium poeticum“ in Regensburg, für das er eine Schulordnung verfasste,[2] und kehrte 1568 als Professor der Eloquenz nach Jena zurück. Er begleitete David Chytraeus 1573/74 in die Steiermark. In Graz übernahm er das Rektorat der protestantischen Landschaftsschule und wurde dort ermordet.
Mit zahlreichen Gelegenheitsgedichten und lateinischen Versen nahm Osius an der poetischen Produktion der Melanchthonschüler teil. Im Auftrag von Friedrichs II. von Dänemark und im Zusammenhang mit der Dichterkrönung entstanden mehrere Gedichte zum Lob Christians III. und Friedrichs II. sowie Osius’ Hauptwerk, eine epische Beschreibung des Dithmarscher Kriegs von 1559, die in der Tradition der antiken Heldenepik gegen die freie Bauernrepublik Dithmarschen gerichtet war. Osius übertrug das Gedicht verkürzt ins Deutsche, eine Seltenheit in der neulateinischen Literatur.
Beiträge zur neulateinischen Fabelliteratur und eine lateinische Übertragung des Pseudohomerischen Froschmäusekriegs enthielt der in Wittenberg 1564 erschienene Band Phrygis Aesopi Fabulae carmine elegiaco …, Item pugna ranarum et murium Homert. Die Fabeldichtung wurde mit Argumenten Philipp Melanchthons gerechtfertigt, dessen Schüler er war.
Werkauswahl
- Fabulae Aesopi carmine elegiaco redditae. Wittenberg 1564.
- Historia belli Ditmarsici. Wittenberg 1560.
- Pugna ranarum & murium.
- Libb. 2. de vitanda ebrietate.
- Epicedion de …, ducis Saxoniae Electoris Mauricii mortc. Wittenberg 1553.
- Epicedion scriptum …, Dominae Sibyllae. Wittenberg 1554
- Carmen de natali Christi. Wittenberg 1557.
- Historia excidii Hierosolymorum. Wittenberg 1558.
- Res gestae …, Christiani III Regis Daniae. Wittenberg 1563.
- Oratio continens enkomion poetices. Regensburg 1566.
- Scriptum continens ceu oeconomiam quandam lectionum. Regensburg 1567.
- Icones catecheseos Christianae. Wittenberg 1565.
Literatur
- Osius, Hieronymus. In: Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste. Band 25, Leipzig 1740, Sp. 2120.
- Osius (Hieronymus). In: Christian Gottlieb Jöcher (Hrsg.): Allgemeines Gelehrten-Lexicon. Band 3: M–R. Johann Friedrich Gleditsch, Leipzig 1751, Sp. 1124 (Textarchiv – Internet Archive).
- Luise Hallof, Klaus Hallof: Die Inschriften Der Stadt Jena bis 1650.
- Matrikel der Universität Wittenberg.
- Walther Killy: Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. 15 Bände. Bertelsmann-Lexikon-Verlag, Gütersloh / München 1988–1991 (CD-ROM: Berlin 1998, ISBN 3-932544-13-7).
- Osius, Hieronymus, Dichter. In: Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE). 2., überarb. und erweiterte Auflage. Band 7: Menghin–Pötel. De Gruyter / K. G. Saur, Berlin / Boston / München 2007, ISBN 978-3-11-094026-8, S. 610 (books.google.de – Leseprobe).
Einzelnachweise
- Acta scholastica, worinnen nebst einem gründlichen Auszuge derer auserlesensten Programmatum der gegenwärtige Zustand derer berühmtesten Schulen und der dahin gehörigen Gelehrsamkeit entdeckt wird. Band 5, Teil 1. Samuel Benjamin Walther, Leipzig 1745, S. 523 (books.google.de).
- Harvard University: Monumenta Germaniae paedagogica. Berlin, 1886, S. 362 ff. (Textarchiv – Internet Archive).