Herbert Rusche
Herbert Rusche (* 6. Mai 1952 in Bad Neuenahr) ist ein deutscher Politiker und Aktivist in der Schwulenbewegung. Er war im Vorstand des Kreisverbandes Offenbach der nationalistischen Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher. Von 1980 bis 2001 gehörte er Bündnis 90/Die Grünen an. 2009 trat er der Piratenpartei Deutschland bei.
Persönliches
Durch die beruflich bedingte Mobilität seiner Familie lebte Rusche in seiner Kindheit in verschiedenen Städten und besuchte dort die Schulen. Nach dem Ende der Haupt- und Handelsschule lebte er in Kaiserslautern, Heidelberg, Berlin, Hamburg, Offenbach und Frankfurt am Main.
Rusche trat 1970 aus der evangelischen Kirche aus und konvertierte 1977 zum Buddhismus[1]. Ebenfalls 1977 eröffnete er zusammen mit seinem Freund den ersten Bioladen Offenbachs. In den 1980er und 1990er Jahren war Rusche selbstständig im Telekommunikationsbereich. So startete Rusche bereits 1988 im Bildschirmtext-System der Deutschen Bundespost (ein Vorläufer von T-Online) ein erstes Online-Angebot für schwule Männer („BTX für Freunde“).[2] Nach längerer Krankheit ist er seit 2004 Rentner und lebt in Frankfurt.
Politische Entwicklung
Während seiner Schulzeit in Tairnbach und Wiesloch war Herbert Rusche in einer lokalen sozialistischen Schülerinitiative aktiv, die Kontakte zum SDS in Heidelberg pflegte. In Heidelberg kam er 1970 erstmals mit der sich neu entwickelnden Schwulenbewegung in Verbindung und gründete mit Freunden im Jahre 1972 „Homo Heidelbergensis“, die erste Schwulengruppe Heidelbergs. Ab 1973 war er Mitglied der Berliner Homosexuellen Aktion Westberlin (HAW). Danach arbeitete er im schwulen Frankfurter Kommunikationszentrum „Anderes Ufer“ mit.
Er war im Vorstand des Kreisverbandes der nationalistisch-neutralistischen Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher Offenbach/Frankfurt und wurde Mitglied der Grünen Liste Hessen (GLH). Zur Landtagswahl in Hessen 1978 kandidierte Rusche auf der Landesliste der GLH. Die GLH erreichte 1,1 % der Stimmen und erhielt wegen der 5-Prozent-Hürde kein Landtagsmandat.
Später war er Gründungsmitglied der „Sonstigen politischen Vereinigung DIE GRÜNEN“ und danach auch der Partei Die Grünen. Von 1981 bis 1983 amtierte Rusche als Landesgeschäftsführer des Landesverbandes Hessen der Grünen. In seiner Amtszeit zogen die Grünen im September 1982 erstmals in den Hessischen Landtag ein (8,0 % der Wählerstimmen).
Bei der Bundestagswahl 1983 zogen die Grünen erstmals in den Bundestag ein (Liste der MdBs hier). Rusche gehörte der Bundestagsgruppe der Grünen an, die aus 28 Bundestagsabgeordneten und 28 Nachrückern bestand.
Rusche wurde am 12. März 1984 in München bei einem Vortrag zur Problematik des § 175 wegen seiner Homosexualität von einem Neonazi angeschossen und leicht verletzt.[3]
Als Abgeordneter brachte Rusche mit der Fraktion der Grünen im Februar 1984 ein Strafrechtsänderungsgesetz (Bundestagsdrucksache 10/2832[4], Plenarprotokoll 10/184) zur Streichung der §§ 175 und 182 Strafgesetzbuch und 1986 erneut einen Antrag zur Streichung des § 175 StGB ein. Rusche war auch der erste Politiker, der sich mit dem neu entstandenen Problem AIDS befasste. Viele Anfragen halfen, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das Thema zu lenken. Jährliche Anträge zum Haushalt machten deutlich, dass Mittel für die Forschung und Prävention gebraucht wurden.
Herbert Rusche war der erste Abgeordnete in der Geschichte des Deutschen Bundestages, der offen zu seiner Homosexualität stand.
Zusammen mit Petra Kelly brachte der Buddhist Rusche 1986 eine Kleine Anfrage (Drucksache 10/6127) zur menschenrechtlichen und völkerrechtlichen Situation in Tibet im Parlament ein. Der Anfrage folgten weitere Anfragen und Anhörungen.
Nach seiner Zeit im Bundestag arbeitete Rusche bei verschiedenen AIDS-Hilfe-Organisationen und in der Homosexuellen Selbsthilfe mit.
2001 trat er bei Bündnis 90/Die Grünen aus, unter anderem wegen der von den Grünen mitverantworteten Kosovo-Politik der damaligen rot-grünen Bundesregierung (Kabinett Schröder I). Schon zuvor war Rusche an Chance 2000 und wurde im Oktober 1999 einer der Vorsitzenden der Partei.[5]
Von 2004 bis 2012 war Rusche einer von drei Vertretern der „Buddhistischen Gemeinschaft“, des Vereins der Einzelmitglieder der Deutschen Buddhistischen Union (DBU) und von 2008 bis April 2011 Mitglied des Rates derselben.
Am 24. August 2009 trat er der Piratenpartei Deutschland im Landesverband Hessen bei.[6][7] Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2011 kandidierte er für seine neue Partei für einen Sitz im Ortsbeirat seines Frankfurter Wohnviertels.[8]
Bei der Aufstellungsversammlung am 16./17. Februar 2013 in Grünberg wurde er auf den zweiten Listenplatz der hessischen Landesliste für die Bundestagswahl 2013 gewählt.[9] Am 22. Juni 2013 wurde Herbert Rusche zusätzlich als Direktkandidat für den Bundestagswahlkreis 174 (Fulda) gewählt.[10] Zudem kandidierte er bei der Landtagswahl in Hessen 2013 im Wahlkreis Frankfurt am Main V für die Piraten.
Weblinks
Quellen
- Buddhismus. Website von Herbert Rusche (Memento vom 23. August 2007 im Internet Archive).
- Online. Website von Herbert Rusche (Memento vom 30. Oktober 2010 im Internet Archive).
- Pascal Beucker, Frank Überall: Hinter dem Schlüsselloch. Taz, 10. Juni 2006.
- Drucksache 10/2832 (PDF; 300 kB) Deutscher Bundestag, 10. Wahlperiode, 4. Februar 1985.
- Chance 2000: Information auf der Website der Partei (Memento vom 11. Juni 2000 im Internet Archive)
- Mitbegründer der Grünen wird Pirat. Pressemitteilung der Piratenpartei, 27. August 2009 (Memento vom 29. August 2009 im Internet Archive).
- Das ist es, wie ich mir Demokratie vorstelle. Interview mit Herbert Rusche auf Klarmachen-zum-Aendern.de (Memento vom 31. Dezember 2009 im Internet Archive).
- Ortsbeirat 3 – Keine Wohnung für Harry Potter. Frankfurter Rundschau, 23. März 2011 (Memento vom 1. August 2012 im Webarchiv archive.today).
- Landesliste für die Bundestagswahl gewählt. (Memento vom 24. Februar 2013 im Internet Archive) Pressemitteilung der Piratenpartei Hessen, 17. Februar 2013.
- Direktkandidaten der Piratenpartei Fulda gewählt. Pressemitteilung der Piratenpartei Fulda, 22. Juni 2013.