Herbert Föttinger
Herbert Föttinger (* 25. Juli 1961 in Wien) ist ein österreichischer Schauspieler und Theaterregisseur. Er ist Direktor des Theaters in der Josefstadt.
Leben und Wirken
Herbert Föttinger besuchte das Wiener Schottengymnasium und das Marianum im 18. Wiener Gemeindebezirk. Noch während seiner Schulzeit gründete er mit 16 Jahren eine Jugendtheatergruppe im niederösterreichischen Waldviertel. Nach der Matura nahm Föttinger drei Jahre privaten Schauspielunterricht bei Burgschauspieler Peter P. Jost. Ab 1984 spielte er am Städtebundtheater im deutschen Hof an der Saale, am Landestheater Detmold (1985–1987), am Stadttheater Hildesheim (1987–1988) und am Schauspielhaus Graz (1988–1990).
Nach sechs Jahren in der deutschen und österreichischen Provinz holte ihn Emmy Werner ans Wiener Volkstheater, drei Jahre später war es Karlheinz Hackl, der ihn für seine Inszenierung von Ödön von Horváths Volksstück Geschichten aus dem Wiener Wald ans Theater in der Josefstadt brachte.
Noch vor seinem Debüt im Februar 1994 als Strizzi Alfred bot ihm Otto Schenk, der damalige Direktor des Theaters in der Josefstadt, einen Ensemblevertrag an.
Neben seinem Schauspielengagement am Theater in der Josefstadt realisierte Herbert Föttinger auch eigene Theaterproduktionen, so konnte er 1995 mit "Talk Radio" als Produzent und Schauspieler einen großen Erfolg feiern, 1996 folgte "Die Bernfeld Revue", wo er neben seiner Schauspielertätigkeit auch als Regisseur einspringen musste.
1998 wurde ihm der Wiener Schauspielerring verliehen.
2004 kehrte Helmuth Lohner nach der kurzen Direktionszeit von Hans Gratzer wieder als künstlerischer Leiter ans Josefstädter Theater zurück, Otto Schenk wünschte sich für Nestroys "Kampl" Helmuth Lohner als Partner sowie Herbert Föttinger als Regisseur.
Seit dieser erfolgreichen und vom Publikum akklamierten Inszenierung führt Herbert Föttinger regelmäßig Regie am Theater in der Josefstadt und an den Kammerspielen der Josefstadt.
2013 erfolgte sein Debüt als Opernregisseur mit Beethovens Fidelio im Theater an der Wien unter dem Dirigat von Nikolaus Harnoncourt.
2017 wurde er ans Münchner Gärtnerplatztheater engagiert, seine Inszenierung von Mozarts Don Giovanni wurde von der Kritik als „packendes und zeitgemäßes Musiktheater“ (Peter Jungblut, BR-Klassik) gefeiert.
Herbert Föttinger ist mit der Schauspielerin Sandra Cervik verheiratet, sie haben einen Sohn.
Josefstadt Direktion
Seit 2004 wurde Herbert Föttinger in den Medien als Direktionsnachfolger von Helmuth Lohner gehandelt, im Juni 2005 war es schließlich Günter Rhomberg, der, als Stiftungsvorsitzender der kurz zuvor gegründeten "Theater in der Josefstadt-Stiftung", Herbert Föttinger zum neuen Josefstadt-Direktor designierte. Dieses Amt hat er seit 2006 bis heute inne.
Exakt 15 Monate nach seiner Designation zum Künstlerischen Direktor eröffnet er am 14. September 2006 die Spielzeit mit der Uraufführung von Peter Turrinis Mein Nestroy.
Dieser Abend war programmatisch für Föttingers zukünftige Spielplangestaltung, denn seither fanden im Theater in der Josefstadt und in den Kammerspielen der Josefstadt über 80 Uraufführungen und Erstaufführungen statt. Somit hat Herbert Föttinger im Laufe seiner bisherigen Direktion die beiden Theater als erste Uraufführungshäuser in Wien etabliert. Zahlreiche AutorInnen wie Peter Turrini, Felix Mitterer, Daniel Kehlmann, aber auch Christopher Hampton wurden damit beauftragt, Stücke für die beiden Häuser zu schreiben. Am 1. September 2016 hatte in seiner Inszenierung die Uraufführung von Ödön von Horváths Tragödie Niemand im Theater an der Josefstadt Premiere.
Im Laufe seiner Direktionszeit gelang es Föttinger auch renommierte RegisseurInnen an sein Haus zu holen, darunter Hans Neuenfels, Elmar Goerden, Anna Bergmann, Günter Krämer, Hans Hollmann, Mateja Koležnik, Amélie Niermeyer, Claus Peymann und David Bösch.
Mit der Generalrenovierung des Theaters in der Josefstadt gelang Herbert Föttinger zusammen mit Günter Rhomberg, dem Stiftungsvorstand der Josefstadt-Stiftung und Alexander Götz, dem kaufmännischen Direktor des Theaters in der Josefstadt 2007, ein historisches Großereignis.
Ein Drittel des Finanzierungsvolumens wurde durch das Theater selbst aufgebracht und durch die großzügige Unterstützung von Spendern und Donatoren ermöglicht.
Dank einer großzügigen Spende der Familie Pühringer konnte im Zuge der Generalrenovierung der Josefstadt im Jahr 2008 auch eine Probebühne errichtet werden.
Seit dem 24. Oktober 2013 erstrahlen auch die Kammerspiele der Josefstadt in neuem Glanz.
In nur fünfmonatiger Bauzeit konnte ein schwer sanierungsbedürftiges, veraltetes Theater in ein modernes, zukunftsorientiertes Haus verwandelt werden und dabei seine Identität und seinen Charme behalten.
Für Herbert Föttinger war die Renovierung des Hauses die einzige Chance, modernen künstlerischen Anforderungen und heutigen Zuschauerbedürfnissen gerecht zu werden und ein notwendiger Schritt, um die Zukunft dieses traditionsreichen Theaters zu sichern.
70 Prozent der Generalsanierungskosten konnten durch private Geldgeber und Spenden-Aktionen finanziert werden.
Im Sommer 2014 konnte Herbert Föttinger mit dem Umbau des ehemaligen Dekorationsfundus in Aspern eine weitere Probebühne für das Theater in der Josefstadt realisieren.
Das bis jetzt letzte Renovierungsprojekt des Theaters in der Josefstadt war für Herbert Föttinger ein ganz wichtiges und besonderes Anliegen.
Nach einer lediglich dreimonatigen intensiven Umbauphase konnte die Generalrenovierung der hauseigenen Werkstätten mit den Abteilungen Tischlerei, Schlosserei, Tapeziererei und dem Malersaal im Jahr 2016 erfolgreich abgeschlossen werden. Die großzügige Unterstützung zahlreicher Donatoren ermöglichte es, diese einzigartige Infrastruktur in unmittelbarer Nähe des Theaters zu erhalten.
Ehrungen und Auszeichnungen
- Am 16. Februar 2012 wurde ihm der Titel Kammerschauspieler verliehen.
- Am 18. April 2013 erhielt er das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.
- Im Dezember 2016 wurde ihm der Johann-Nestroy-Ring der Stadt Bad Ischl zuerkannt.[1]
- 2019 erhielt er gemeinsam mit Daniel Kehlmann nach der letzten Vorstellung des Stückes "Die Reise der Verlorenen" die von der israelitischen Kultusgemeinde verliehene Marietta und Friedrich Torberg-Medaille.
- Sonderpreis im Rahmen der Verleihung des Nestroy-Theaterpreises 2020[2][3]
Bühnenrollen (Auszug)
Theater in der Josefstadt
- Alfred in „Geschichten aus dem Wiener Wald“ von Ödön von Horváth (Regie: Karlheinz Hackl)
- Serge in „Kunst“ von Yasmina Reza (Regie: Frank Arnold)
- Jaromir in „Der Unbestechliche“ von Hugo von Hofmannsthal (Regie: Otto Schenk)
- Oberst in „Jacobowsky und der Oberst“ von Franz Werfel (Regie: Helmuth Lohner)
- Forstadjunkt in „Figaro lässt sich scheiden“ von Ödön von Horváth (Regie: Luc Bondy)
- Christoph Seegast in „Die Ähnlichen“ von Botho Strauß (Regie: Peter Stein)
- Flottwell in „Der Verschwender“ von Ferdinand Raimund (Regie: Karlheinz Hackl)
- Sigismund in „Das Leben ein Traum“ von Pedro Calderón de la Barca (Regie: Janusz Kica)
- Don Juan in „Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie“ von Max Frisch (Regie: Thomas Birkmeir)
- Jean in „Fräulein Julie“ von August Strindberg (Regie: Günter Krämer)
- Kasimir Dachl in „Heimliches Geld, heimliche Liebe“ von Johann Nestroy (Regie: Karlheinz Hackl)
- Gregers in „Die Wildente“ von Henrik Ibsen (Regie: Dietmar Pflegerl)
- Liliom in Ferenc Molnárs gleichnamigem Stück (Regie: Janusz Kica)
- Rappelkopf in „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ von Ferdinand Raimund (Regie: Hans Gratzer)
- Mackie Messer in „Die Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht (Regie: Hans Gratzer)
- Amphitryon in Heinrich von Kleists gleichnamigen Stück (Regie: Janusz Kica)
- Torvald in „Nora oder ein Puppenheim“ von Henrik Ibsen (Regie: Karlheinz Hackl)
- Lady Bracknell in „Bunbury“ von Oscar Wilde (Regie: Hans Hollmann)
- Vicomte de Valmont in „Gefährliche Liebschaften“ von Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos (Regie: Janusz Kica)
- Männerrollen im „Reigen (Drama)“ von Arthur Schnitzler (Regie: Stephanie Mohr)
- Friedrich Hofreiter in „Das weite Land“ von Arthur Schnitzler (Regie: Josef E. Köpplinger)
- in „Eh wurscht“ von Franz Wittenbrink (Regie: Franz Wittenbrink)
- Antonio Salieri in „Amadeus (Drama)“ von Peter Shaffer (Regie: Janusz Kica)
- Dr. Bernhardi in „Professor Bernhardi“ von Arthur Schnitzler (Regie: Janusz Kica)
- Kapitän Gustav Schröder in "Die Reise der Verlorenen" von Daniel Kehlmann (Uraufführung, Regie: Janusz Kica)
- Jonathan Jeremiah Peachum in „Die Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht und Kurt Weill (Regie: Torsten Fischer)
Salzburger Festspiele
- Spielansager im „Jedermann“ (1995 und 1996)
- Dolabella in „Antonius und Cleopatra“, Regie: Peter Stein (1995)
Sommerspiele Reichenau
- „Trilogie der Sommerfrische“ (1997)
- „Ein Monat auf dem Lande“ (1998)
- „Lumpazivagabundus“ (1999)
- „Anatol“ (2001)
- „Affaire Lina Loos“ (2002)
- Prof. Ebenwald in „Professor Bernhardi“ (2003)
- Friedrich Hofreiter in „Das weite Land“ (2004)
Volksoper Wien
- Professor Henry Higgins in „My Fair Lady“ von Frederick Loewe und Alan J. Lerner (2008–2017)
Filmografie
- 1995: Tatort: Die Freundin als Stefan Brockmann
- 1996: Die Angst vor der Idylle (Regie: Götz Spielmann)
- 1999: Die Straußkiste (Regie: Percy Adlon)
- 1999: Kommissar Rex (Episode: Das Testament) als Walter Stift
- 2001: Julia – Eine ungewöhnliche Frau (Episode: Alles vergeblich) als Hans Hirmer
- 2004: Ein Glücklicher Tag (Regie: Paul Henge)
- 2014: Altes Geld (Fernsehserie)
- 2018: Alt, aber Polt (Fernsehfilm)
- 2020: Letzter Kirtag (Fernsehfilm)
- 2021: Letzter Gipfel (Fernsehfilm)
Hörspiele
- 2015: David Vogel: Eine Wiener Romanze – Regie: Harald Krewer (Hörspiel, 2 Teile – ORF/DKultur)
CD
- Manche Tage dauern Jahre – Herbert Föttinger liest Texte von Norbert Silberbauer – ORF Ö1-CD, Edition Literatur, 2003
Regiearbeiten
Theater in der Josefstadt
- Johann Nestroys „Kampl“
- Ludwig Anzengrubers „Das vierte Gebot“
- Peter Turrinis „Mein Nestroy“[4]
- Carlo Goldonis „Der Diener zweier Herren“
- Bernard Slades „Nächstes Jahr - gleiche Zeit“
- Thomas Manns „Buddenbrooks“
- Lionel Goldsteins „Halpern & Johnson“
- Heinrich Manns „Der blaue Engel“
- Silke Hasslers und Peter Turrinis „Jedem das Seine“
- Helmut Qualtingers und Carl Merz’ „Der Herr Karl“
- Carlo Goldonis „Campiello“, frei nach Peter Turrini
- Daniel Kehlmanns „Der Mentor“
- Peter Turrinis „Aus Liebe“[5]
Theater an der Wien
- Fidelio
- La mère coupable
Theater am Gärtnerplatz
Weblinks
- Herbert Föttinger in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- orf.at - Herbert Föttinger erhält Nestroy-Ring. Artikel vom 7. Dezember 2016, abgerufen am 7. Dezember 2016.
- TV-Show statt Gala: Nestroy für Peters und Pätzold. In: ORF.at. 4. Oktober 2020, abgerufen am 4. Oktober 2020.
- Georg Leyrer: Die Sieger der NESTROY-Preise: Leistungsschau, diesmal im TV. In: Kurier.at. 4. Oktober 2020, abgerufen am 4. Oktober 2020.
- Mein Nestroy (Memento vom 4. November 2006 im Internet Archive) im Theater in der Josefstadt
- Aus Liebe (Memento vom 27. Mai 2013 im Internet Archive) im Theater in der Josefstadt