Henningshof (Wandersleben)
Der Henningshof ist ein mittelalterliches Wohngebäude in der Ortsmitte (Schulstraße 19) von Wandersleben im thüringischen Landkreis Gotha. Der Henningshof in ein geschütztes Kulturdenkmal. Er gehört zu einem Anwesen auf knapp 4.000 m² Grundfläche, ehem. vermutlich ein Vierseithof.
Geschichte
Bei Ausgrabungen 1988 und 1989 im Zuge der Planung von Wohngebäuden im damaligen Hof des Anwesens wurde etwa in der Mitte des Grundstücks ein Hockergrab gefunden mit einer Feuersteinklinge und den Fragmenten einer schnurkeramischen Amphore (ca. 2400 bis 2000 v. Chr.).[1] Außer zwei Grubenhäusern aus dem 10./11. Jahrhundert fand man auch einen Brunnen aus derselben Zeit, der fast vollständig ausgegraben wurde.[2]
Das Anwesen diente als eines von ursprünglich sieben Rittergütern bzw. Freihöfen als Ministerialssitz des Grafen von Gleichen. Über die Vorgängerbauten des heutigen Hauptgebäudes ist nichts bekannt.
Unter Verwendung älterer Mauerteile wurde das heutige Gebäude 1595 gebaut. Das dazugehörende Tor wurde später ab- und an anderer Stelle wieder aufgebaut. Der Wappenstein mit dem „gelöwten Leoparden“ der Grafen von Gleichen und der Jahreszahl 1597 ist heute am Tor zum Wanderslebener Wohnturm (Menantesstr. 4) zu sehen. Als man 1985 das damalige Nebengebäude des Henningshofs abriss, wurde der Wappenstein dort aus der Grundmauer geborgen. Der Fenstersturz mit der Jahreszahl 1605 trägt die bislang nicht deutbaren Initialen „CK“, das „HG“ im Wappenstein deutet auf den letzten Grafen Hans Ludwig von Gleichen († 1631) hin.
Aus 1602 ist eine Lehensurkunde über den Henningshof erhalten geblieben, für Hans Christoph Schütz vom Grafen von Gleichen (vermutl. Philipp Ernst, dem Bruder von Hans Ludwig). Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts blieb der Hof im Besitz der Familie Schütz, bevor er in den Besitz der Familie von Henning übergeht.
Nach dem Tode von Christian Friedrich von Henning wird das Lehen auf seine vier Söhne aufgeteilt. Johann Christian (1692 bis 1767) übernimmt den Hof nach seiner Rückkehr als Leutnant der Freien Republik Venedig. Sein Grabstein steht heute noch an der Südseite der Wanderslebener Kirche. Aus 1755 besteht eine Urkunde über den Verkauf eines vierten Teils des Hofes von Carl Wilhelm G. von Henning an Oberstleutnant Christian Friedrich von Henning[3]. Oberst Christian Wilhelm Sigismund von Henning (* 1748), Sohn des Landeshauptmanns August Wilhelm von Henning, wurde 1809 im Kampf gegen Andreas Hofer in Brixen in Tirol verwundet und starb an den Folgen der Misshandlung bei der Gefangennahme. Ernst v. H. ließ auch den Henningsgarten anlegen, am Nordhang des Kallenbergs, unweit von Freudenthal bei der Burg Gleichen.
Aus einer Akte[4] über den Verkauf des Gutes von 1835 an das Herzogtum Gotha (Herzog von Sachsen Coburg und Gotha) geht hervor, dass das heute noch erhaltene östliche Wirtschaftsgebäude (an der Mühlberger Straße) in seiner heutigen Substanz von 1827 stammt. Eine Akte vom 6. April 1839, benennt „Besitzer“ aus dem Hause derer von Gleichen, die jedoch wohl nur Anteilseigner waren, nachdem das Anwesen schon vier Jahre vorher an das Herzogtum verkauft worden war:
- Königlicher Hauptmann Friedrich Ernst von Henning aus Wandersleben
- Gustav von Henning, herzoglich sächsischer Cammerherr und Regierungs- und Consistorialrat
- in Vollmacht für:
- Prof. Leopold Dorotheus von Henning aus Berlin
- Carl Friedrich Otto von Henning aus Ringleben
Am 21. Januar 1845 wurde nochmals durch das Staatsministerium beurkundet, dass der Henningshof vollends auf den regierenden Herzog Ernst von Sachsen Coburg und Gotha übergegangen ist.[5]
Eine „Veränderungsnotiz“ vom 10. Dezember 1848 bezeugt jedoch, dass Hauptmann Friedrich Ernst Heinrich Adolph von Henning seine Besitzhälfte an seinen Sohn, den königlich preußischen Leutnant des 32. Infanterieregiments, Otto von Henning, überträgt. Die Besitzverhältnisse waren wohl zu jener Zeit nicht immer eindeutig nachvollziehbar. Das Anwesen wurde auch „Schützenhof“ oder „Oberhof“ genannt.
Am 7. Mai 1878 verkaufte die Witwe des preußischen Generalmajors Otto von Henning auf Schönhoff (1813–1877), Emilie von Henning, geborene von Helmolt, das Anwesen an Herzog Ernst für 120'000 Mark. Ein hierzu zugrundeliegendes Testament benennt auch die Kinder Curt, Armegard, Melanie, Lucie und Victor Thilo Hans.
Ab 1899 war der Hof im Besitz von August Schmidt. Von 1945 bis 1994 unterstand der Hof der Gemeindeverwaltung und verfiel zusehends. 1995 wurde das Anwesen wieder an einen privaten Investor verkauft, der mit öffentlichen Mitteln (Deutsche Stiftung Denkmalschutz) die Bausubstanz erhielt und zumindest teilweise wieder herstellte. Heute befindet sich der Henningshof ebenfalls in privater Hand. Das Gebäude mit Hof und Nebengebäuden wird heute – nach aufwändigen Restaurierungsarbeiten – zu Tagungszwecken und für Ausstellungen genutzt und kann besichtigt werden.
Ausstattung
Das Hauptgebäude (Bild) birgt neben frühbarocken Stuckdecken auch eine Bohlenstube mit Originalbemalung, die zum Teil aufgearbeitet wurde bzw. erhalten werden konnte. Das Gebäude ist komplett saniert und bewohnbar.
Quellen
- Restauratorin Angela Nitschke (1995): Abriss zur Geschichte des „Henningshofes“
- Familie Stoll, Dagmar Stoll (heutige Inhaberin)
Einzelnachweise
- Dokumentation mit Zeichnungen und Fotos hierzu befinden sich im Thüringischen Landesamt für archäologische Denkmalpflege in Weimar
- Die Dokumentation hierüber ist im Museum für Ur- und Frühgeschichte Weimar.
- Staatsarchiv Gotha
- Rentverwaltung Wandersleben im Staatsarchiv Gotha S. 18 Sign. 120
- Staatsarchiv Gotha: acta 1838–1848 S. 35