Helga Seibert
Helga Seibert (* 7. Januar 1939 in Witzenhausen; † 12. April 1999 in München) war von 1989 bis 1998 Richterin des Bundesverfassungsgerichts.
Seibert studierte Englisch und Französisch am Auslands- und Dolmetscherinstitut in Germersheim und Rechtswissenschaft an den Universitäten Marburg und Berlin. 1964 legte sie die Erste Juristische Staatsprüfung ab und studierte ein Jahr am Bologna Center der School of Advanced International Studies der Johns Hopkins University und von 1966 bis 1967 an der Yale Law School. Nach ihrer Zweiten Juristischen Staatsprüfung 1970 war sie zunächst als Referentin beim Arbeitskreis Rechtswesen der SPD-Bundestagsfraktion tätig und anschließend wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Von 1974 bis 1989 arbeitete sie im Bundesministerium der Justiz. Am 28. November 1989 wurde sie zur Richterin im Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichtes ernannt. Sie war die fünfte Frau, die in das deutsche Bundesverfassungsgericht gewählt wurde. 1998 schied sie aus gesundheitlichen Gründen aus dem Dienst aus.
Seibert gehörte dem ersten Senat des Gerichts an. Ihr Dezernat beschäftigte sich vor allem mit dem Familienrecht, einschließlich Fragen des Namensrechts, des Personenstandsrechts, des Transsexuellengesetzes und des Kinder- und Jugendhilferechts.
Sie prägte die Rechtsprechung zur verfassungsgerichtlichen Überprüfung familienrechtlicher Normen und erwarb sich Verdienste in der Vollendung der Rechtsprechung zur Durchsetzung der Gleichstellung nichtehelicher und ehelicher Kinder, der Stellung des nichtehelichen Vaters bei Adoption des Kindes, dem Anspruch des nichtehelichen Kindes gegenüber der Mutter auf Nennung des Vaters und der Vornamensänderung für Transsexuelle.
Als eine der wenigen Frauen wurde sie noch zu Lebzeiten in das Buch Women in Law aufgenommen. Kurz vor ihrem Tod wurde sie von der Humanistischen Union mit dem Fritz-Bauer-Preis ausgezeichnet. In der Begründung hieß es:
- Daß eine Bürgerrechtsorganisation eine oberste Richterin ehrt, mag ungewöhnlich erscheinen, für uns zählt jedoch Ihre Arbeit zu den besonderen Leistungen des Umgangs mit Grundrechten.
Die Feierstunde zur Preisverleihung am 30. April 1999 erlebte sie nicht mehr.
Literatur
- Deutscher Juristinnenbund e.V. (Hrsg.): Juristinnen in Deutschland. Die Zeit von 1900 bis 2003. Nomos 2003. ISBN 3832903593
- Cynthia Epstein: Women in Law. University of Illinois Press 1993. ISBN 0252062051