Heinrich Spangenberg (Ingenieur)
Heinrich Spangenberg (* 5. Januar 1879 in Pirna; † 1. Mai 1936 in München) war ein deutscher Bauingenieur.
Leben
Spangenberg wurde als Sohn von Katharine Sophie und Julius Spangenberg geboren. 1888 zog die Familie nach Dresden um. Dort besuchte er das Realgymnasium und studierte anschließend Bauingenieurswesen an der TH Dresden. 1902 schloss er das Studium dem Diplom ab. Anschließend arbeitete er als Regierungsbauführer bei den Sächsischen Staatsbahnen. Von 1906 bis 1920 arbeitete er im Betonbauunternehmen Dykerhoff & Widmann in Dresden, später in Berlin und Leipzig; 1907 wurde er in den Vorstand des Unternehmens berufen. Unter seiner Leitung entstanden Industrieanlagen, Brücken und repräsentative Hochbauten, so zum Beispiel die viergleisige Rosensteinbrücke über den Neckar bei Bad Cannstatt, die Garnisonkirche in Ulm und die Empfangshalle des Karlsruher Hauptbahnhofs.
1913 heiratete Spangenberg Elisabeth West; das Paar hatte zwei Söhne. 1920 wurde er Professor für Eisenbeton- und Massiv-Brückenbau an der Technischen Hochschule München. Im Jahr 1922 wurde Spangenberg mit Sachbeihilfen und Geräten für die Betonforschung durch die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft gefördert und dort auch Vorsitzender Fachausschuss Bauingenieurwesen.[1] Besonders bekannt wurden seine Brückenbauten, so zum Beispiel die Lechtalbrücke bei Augsburg, die Donaubrücke in Ulm und die Echelsbacher Brücke über die Ammer, die bis in die 1960er Jahre als eine der am weitesten gespannten Stahlbeton-Bogenbrücken Deutschlands galt. Die vom Wiener Professor Joseph Melan erfundene Stahlbeton-Bauweise für Brücken entwickelte Spangenberg weiter[2], ein Verfahren, das nach ihnen "Melan-Spangenberg-Verfahren" genannt wurde. Wegen einer kritischen Bemerkung über SA und SS wurde Spangenberg denunziert und 1935 einem Disziplinarverfahren unterworfen. Er wurde zudem Opfer mehrerer Intrigen und galt in der Terminologie der Nationalsozialisten als "jüdisch versippt", da drei der vier Großeltern seiner Ehefrau der israelitischen Glaubensgemeinschaft angehörten. Im Herbst 1933 erlitt Spangenberg einen Zusammenbruch und erkrankte an einer Depression; 1936 beging er Suizid. Spangenbergs Witwe wurden alle Pensionsansprüche verwehrt; wegen ihrer jüdischen Herkunft anhaltenden Schikanen ausgesetzt, beging sie 1939 ebenfalls Suizid.[3]
Ehrungen
1930 erhielt er die Ehrendoktorwürde der TH Darmstadt.
2010 erinnerte Wolfgang A. Herrmann, Präsident der TU München, in einer Rede an Spangenberg und an den ebenfalls drangsalierten Maschinenbauprofessor Christian Prinz.[4]
Literatur
- Knut Stegmann: Spangenberg, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 625 f. (Digitalisat).
- Heinrich Spangenberg. In: Karin Orth: Vertreibung aus dem Wissenschaftssystem. Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus vertriebenen Gremienmitglieder der DFG, Stuttgart: Steiner 2018 (Beiträge zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft; 7), S. 363–373. ISBN 978-3-515-11953-5
Weblinks
Einzelnachweise
- Prof. Dr. Heinrich Spangenberg bei GEPRIS Historisch. Deutsche Forschungsgemeinschaft, abgerufen am 2. Juni 2021 (deutsch).
- Holger Eggemann u. Karl-Eugen Kurrer: On the international Propagation of the Melan Arch System since 1892. In: Proceedings of the IIIrd International Congress on Construction History, Vol. 2. Edited by K.-E. Kurrer, W. Lorenz, V. Wetzk, S. 517–525 (hier: S. 520). Berlin: NEUNPLUS1 Verlag+Service GmbH 2009, ISBN 978-3-936033-31-1.
- Wolfgang Hermann; Winfried Nerdinger: Die Technische Hochschule München im Nationalsozialismus, TUM.University Press München 2018, S. 90 ff.
- Die Technische Universität München in der NS-Zeit (PDF; 1,5 MB)