Heinrich Knoblochtzer

Heinrich Knoblochtzer (* u​m 1445 i​n Ettenheim (Ortenau); † n​ach 1500) w​ar Publizist, Holzschnittmeister u​nd Drucker i​n Straßburg u​nd Heidelberg. Sein Name ändert s​ich vielfach v​on Knoblochzer u​nd Knobloczer (1477) über Knoblotzer (1483) z​u Knoblitzer (1484) u​nd Knoblochter (1490) u​nd schließlich Knoblözer (1494).

Leben

Heinrich Knoblochtzer w​urde um 1445 i​n Ettenheim i​n der Ortenau geboren. Er k​am 1476 o​der 1477 n​ach Straßburg u​nd trat a​ls Drucker n​eben Georg Husner, Martin Flach u​nd Johann Grüninger auf. 1484 verlegte e​r (möglicherweise a​us Konkurrenzgründen) s​eine Druckerwerkstatt n​ach Heidelberg.

Heidelberger Totentanz (1488)

Knoblochtzer schrieb sich 1486 in der philosophischen Fakultät der Universität ein. Die Drucktätigkeit in Heidelberg lässt sich 1489 bis 1494 nachweisen, wobei es sich unter anderem um volkstümliche Literatur handelte.[1] In Heidelberg erschien in jener Zeit eine Vielzahl von Druckwerken des sogenannten „Drucker des Lindelbach“. Nach Meinung der Forschung verbirgt sich Heinrich Knoblochtzer hinter dieser Bezeichnung, wobei Ernst Voulliéme (1862–1930) sowie Ferdinand Geldner ihn voll damit identifizieren, während BMC (Catalogue of books printed in the XVth century now in the British Museum) diese Drucke in zwei Perioden teilt und die frühen Produktionen den Brüdern Johann and Conrad Hist und die späteren Heinrich Knoblochtzer zuordnet.[2][3]

Der später i​n Oppenheim berühmte Jakob Köbel betätigte s​ich nach Abschluss seines Studiums i​n Heidelberg a​ls literarischer Mitarbeiter u​nd Verleger einiger seiner Drucke b​ei Heinrich Knoblochtzer. Aus Druckvermerken u​nd Vorreden z​u einzelnen Büchern glaubt m​an auch d​as gleichzeitige Betreiben e​iner Druckerei herauszulesen.[4] Mit d​em Weggang Köbels n​ach Oppenheim 1494 e​ndet auch d​ie Drucktätigkeit Knoblochtzers. Bis mindestens 1515 verwendete Köbel i​n Oppenheim Holzstöcke, d​ie bereits Knoblochtzer 1490 i​n Heidelberg benutzt hatte.[5]

Heinrich Knoblochtzer h​atte im März 1498 n​och Bücher m​it dem Wormser Drucker Peter Drach getauscht,[5] l​ebte mindestens b​is 1501 u​nd starb vermutlich i​n Heidelberg.[6]

Knoblochtzer erwarb s​ich in d​er Typographengeschichte e​inen Namen, d​a er n​eben Günther Zainer i​n Augsburg u​nd Johann Zainer i​n Ulm (vermutlich Brüder) z​u den ersten gehört, d​ie Bücher i​n deutscher Sprache u​nd zwar m​it Typen herstellte, d​ie man h​eute Schwabacher Schrift nennt.

Johannes v​on Lambsheim, Augustiner-Chorherr u​nd geistlicher Schriftsteller a​us dem Kloster Kirschgarten b​ei Worms, w​ar mit Heinrich Knoblochtzer befreundet u​nd wirkte a​ls einer seiner Korrektoren.[7]

Werke

Drucke v​on Heinrich Knoblochtzer

  • Thomas Ebendorfer: Sermones dominicales super epistolas Pauli. Straßburg, 13. Dezember 1478 (lateinisch).
  • Jordanus de Quedlinburg: Sermones Dan de sanctis. Straßburg 1479 oder früher (lateinisch).
  • Jacobus de Theramo: Consolatio peccatorum, seu Processus Belial [German] Das buch Belial genant. Straßburg 1481 (deutsch).
  • Johannes Andreae: Super arboribus consanguinitatis, affinitatis et cognationis spiritualis cum exemplis. Straßburg um 1482/1483 (deutsch).
  • Heinrich Knoblochtzer: Formulare und tütsch rethorica. Straßburg 1483 (deutsch). Neuauflage 1488.
  • Antoninus Florentinus: Confessionale: Defecerunt scrutantes scrutinio. Zusatz: Johannes Chrysostomus: Sermo de poenitentia. Straßburg um 1484 (lateinisch).
  • Heinrich Knoblochtzer: Der doten dantz mit figuren clage vnd antwort schon von allen staten der werlt, Straßburg 1485/88 (deutsch).[8]
  • im Auftrag Jakob Köbels: Mensa philosophica. 1489 (mit Widmung von Jodocus Gallus an Jakob Köbel)
  • Des pfaffen geschicht und histori vom kalenberg […]. Heidelberg 1490.

Drucker d​es Lindelbach (Heinrich Knoblochtzer)

  • Bartholomaeus de Chaimis: Confessionale. Heidelberg 1485 oder früher (lateinisch).
  • Hugo de Prato Florido: Sermones de sanctis. Heidelberg, 21. Januar 1485 (lateinisch). Anmerkung: Der wahre Autor ist Evrardus de Valle Scholarum
  • Bartholomaeus Anglicus: De Proprietatibus Rerum. Heidelberg, 21. Mai 1488. Zehnte Ausgabe der ersten bedeutenden Enzyklopädie des Mittelalters. Diese Enzyklopädie war für mehr als drei Jahrhunderte populär. (Digitalisat)
  • Heinrich Knoblochtzer: Formulare. und Tütsch rhetorica. Heidelberg 1488 (deutsch).
  • Baptista Guarinus: De ordine docendi ac studendi. Heidelberg, 18. Dezember 1489 (lateinisch).

Literatur

  • Emil Dürr: Die Nicolai de preliis et occasu ducis Burgundie historia und deren Verfasser. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Bd. 11, 1912, S. 395–419. (Digitalisat)
  • Albert Schramm: Heinrich Knoblochtzers Todten-Dantz. Heidelberg o. J.; Neudruck Leipzig 1921.
  • Jakob Franck: Knoblochtzer, Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 16, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 313 f.
  • Ferdinand Geldner: Knoblochtzer, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 195 f. (Digitalisat).
  • Heinrich Grimm: Neue Beiträge zur „Fisch-Literatur“ des XV. bis XVII. Jahrhunderts und über deren Drucker und Buchführer. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel – Frankfurter Ausgabe. Nr. 89, 5. November 1968 (= Archiv für Geschichte des Buchwesens. Band 62), S. 2871–2887, hier: S. 2872–2876.
  • Karl Schorbach, Max Spirgatis: Heinrich Knoblochtzer in Straßburg (1477–1484). Bibliographische Untersuchung. Trübner, Straßburg 1888 (= Bilbiographische Studien zur Buchdruckergeschichte Deutschlands. Band 1).
  • Hans Koegler: Über Holzschnitte Urs Grafs, besonders in Knoblouchs Hortulus animea von 1516. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Bd. 11, 1912, S. 420–425. (Digitalisat)
  • Ernst Voulliéme: Die Deutschen Drucker des Fünfzehnten Jahrhunderts. 2. Auflage. Reichsdruckerei, Berlin 1922 (Digitalisat).

Einzelnachweise

  1. Richard Hergenhahn: Jakob Köbel zu Oppenheim. In: Oppenheimer Hefte 11, Dezember 1995 ISBN 3-87854115-5, S. 3.
  2. Ernst Voulliéme: Die deutschen Drucker des XV. Jahrhunderts. Berlin 1922, S. 73 f., sowie Ferdinand Geldner: Die deutschen Inkunabeldrucker. Stuttgart 1968, Band 1, S. 268. Je nachdem ist Knoblochtzer entweder der erste Heidelberger Drucker, aber die große Enzyklopädie des Mittelalters ist nicht sein erstes Werk, oder Knoblochtzer ist der dritte Heidelberger Drucker und die Enzyklopädie ist sein erstes Werk.
  3. Siehe zu den Brüdern Hist Hans Lülfing: Hist, Konrad. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 249 (Digitalisat).
  4. Richard Hergenhahn: Jakob Köbel zu Oppenheim. In: Oppenheimer Hefte 11, Dezember 1995, ISBN 3-87854115-5, S. 13.
  5. Heinrich Grimm: Neue Beiträge zur „Fisch-Literatur“ des XV. bis XVII. Jahrhunderts und über deren Drucker und Buchführer. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel – Frankfurter Ausgabe. Nr. 89, 5. November 1968 (= Archiv für Geschichte des Buchwesens. Band 62), S. 2871–2887, hier: S. 2876.
  6. laut ADB
  7. Otto Harrassowitz: Centralblatt für Bibliothekswesen, Band 3, 1886, S. 539 (Ausschnitt aus der Quelle).
  8. Hans Georg Wehrens: Der Totentanz im alemannischen Sprachraum. „Muos ich doch dran – und weis nit wan“. Schnell & Steiner, Regensburg 2012, ISBN 978-3-7954-2563-0, S. 83 ff.
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