Heinrich Haupt (Burggraf)
Leben
Er war zumindest in den Jahren 1113 bis 1116 zur Zeit der Vormundschaft der Markgräfin Gertrud († 9. Dezember 1117) über den damals zehn- bis dreizehnjährigen Heinrich II. von Meißen Burggraf der Burg Meißen.[1] Bischof von Meißen war damals Herwig († 27. Juni 1119), nach dessen Tod Godebold.
1123 wurde eine von Heinrich Haupt befehligte Burg Libuze erwähnt.[2][3] Diese Burg könnte nach neueren Forschungsergebnissen mit der Burg Liubusua identisch sein, da im Jahre 2000 die slawischen Burgwälle Löbsal und Goldkuppe an der Rauhen Furt über die Elbe in Löbsal bei Meißen sehr wahrscheinlich als Liubusua identifiziert wurden.[4][5][6] Burg Libuze wurde vom damaligen Sachsenherzog und späteren Kaiser Lothar III. bis (oder vom) 30. November 1123 belagert, so dass sich Heinrich Haupt gezwungen sah, die Burg aufzugeben und seinen Sohn als Geisel auszuliefern.[7][8]
Nach Elmar Wadle soll Heinrich Haupt versucht haben, jenseits der Saale befindliches Reichsgut für Kaiser Heinrich V. zu sichern.[9] Heinrich V. hatte nach dem frühen Tod von Markgraf Hermann II. (1103–September/Oktober 1123) durch Gift dessen Markgrafschaften Meißen und Lausitz nicht dessen Rivalen Konrad dem Großen, sondern Wiprecht von Groitzsch übertragen. Daraufhin setzte der damalige Sachsenherzog Lothar von Süpplingenburg unter Mithilfe von Albrecht dem Bären und weiteren sächsischen Adligen Konrad vor dem 30. November 1123 gewaltsam in Meißen als Markgraf ein. Zuvor hatte er in Verhandlungen bei der Burg Gvozdec an der Grenze zum damals böhmischen Gau Nisan (die heute wüste Befestigung Gwosdetz auf dem 237 Meter hohen Gohlberg oberhalb von Constappel – nach anderer Meinung der 230 Meter hohe Burgberg Niederwartha) den Abzug des für Wiprecht von Groitzsch versammelten böhmischen Heeres erreicht. Die Böhmen unter Vladislav I. und dem Herzog Otto von Mähren hatten unter hohen Verlusten die Umgebung von Meißen verwüstet, ohne jedoch die Burg Meißen einnehmen zu können.[10] Vratislav I. hatte erst 1121 die Burg Dohna als böhmischen Stützpunkt im Gau Nisan ausbauen lassen. Die Truppen von Wiprecht von Groitzsch und von Adalbert I. von Saarbrücken, dem Reichskanzler Heinrichs V. und Erzbischof von Mainz, waren zu diesem Zeitpunkt erst bis zur Mulde vorgerückt.[11] Albrecht der Bär wurde im Dezember 1123 in Eilenburg als Markgraf der Markgrafschaft Lausitz ebenfalls gewaltsam durch den Sachsenherzog Lothar eingesetzt.[12] Kaiser Heinrich V. war zu diesem Zeitpunkt militärisch im Westen gebunden, da ihn sein Schwiegervater Heinrich I. von England um militärische Unterstützung beim Kampf um die Vorherrschaft in der Normandie gebeten hatte. Am 31. März 1125 wird Heinrich Haupt letztmals in einer Urkunde von Kaiser Heinrich für das Kloster St. Jakob zu Lüttich als 1. Zeuge im Abschnitt der kaiserlichen Ministerialen als „Henricus Houvth“ aufgeführt: „de familia imperatoris: Henricus Houvth, Folmarus, Richardus, Ludouicus et alii multi.“[13]
Einzelnachweise
- Klaus Naß (Hrsg.): Scriptores (in Folio) 37: Die Reichschronik des Annalista Saxo. Hannover 2006 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat), ISBN 3-7752-5537-0, S. 557: Heinricus cum Capite de Misna a filiis comitum Lodouuici et Uuicberti, qui capti ab inperatore detinebantur, capitur. […] Anm. 20: Heinrich Haupt. Burggraf von Meißen 1113–1116.
- Otto Posse: Die Markgrafen von Meissen und das Haus Wettin bis zu Konrad dem Grossen. Leipzig 1881, S. 270f (Digitalisat)
- Annales Patherbrunnenses zu 1123. In: Paul Scheffer-Boichorst: Eine verlorene Quellenschrift des XII. Jahrhunderts, aus Bruchstücken wiederhergestellt. Innsbruck 1870, S. 144: Dux autem Liutgerus Libuze obsidione vallat, acceptoque obside filio Heinrici cum Capite, qui castello praeerat, victor uti semper consuevit rediit.
- Felix Biermann: Slawische Besiedlung zwischen Elbe, Neiße und Lubsza. Archäologische Studien zum Siedlungswesen und zur Sachkultur des frühen und hohen Mittelalters. Ergebnisse und Materialien zum DFG-Projekt „Germanen – Slawen – Deutsche“. Habelt, Bonn 2000, ISBN 3-7749-2988-2.
- R. und K. Gebuhr, F. Biermann: Liubusua, Wege zur Lösung eines alten Forschungsproblems. In: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte. Band 54, 2003, S. 7–50.
- R. Gebuhr: Der Kultplatz in der Wissenschaftslandschaft. Zur Suche nach der Burg „Liubusua“. In: Siedlungsforschung, Archäologie-Geschichte-Geographie. Bonn, Sonderdruck 20/2002, S. 79–92.
- Annalista Saxo zu 1123, MGH SS 6 S. 760
- Chronica regia Coloniensis Rez. I zu 1123, MGH SSrerGerm 18 S. 62.
- Elmar Wadle: Reichsgut und Königsherrschaft unter Lothar III. (1125–1137). Ein Beitrag zur Verfassungsgeschichte des 12. Jahrhunderts (= Schriften zur Verfassungsgeschichte. Bd. 12, ISSN 0582-0553). Duncker & Humblot, Berlin 1969 (Zugleich: Heidelberg, Universität, Dissertation, 1967), S. 148
- Annalista Saxo zu 1123, MGH SS 6 S. 760: Hisdem diebus Wladizlaus dux Boemie et Otto iussu inperatoris tam Boemie quam Moravie coadunato exercitu transeuntes silvam metati sunt castra ultra oppidum Guozdec ex adverso Liuderi ducis. Presul autem Mogontinus et comes Wicbertus circa fluvium Mildam stabant cum multitudine armata. Saxones autem in medio positi dirimebant eos nec sinebant invicem coire adversarios suos.
- Cosmas von Prag III, 53, MGH SSrerGerm NS 2, S. 225–227: Hisdem diebus dux Wladizlaus et Otto, sicut preceperat eis imperator, tam Boemie quam Moravie coadunato exercitu transeuntes silvam metati sunt castra ultra oppidum Guozdec ex adverso predicti ducis; presul autem Magontinus et comes Wicpertus citra fluvium Mlidaua stabant gravi cum multitudine armata; Saxones autem positi … castra in medio dirimebant eos nec sinebant insimul coire adversarios suos. Tunc dux Boemie et Otto miserunt ad Saxones dicentes … His auditis male creduli verbis dolo compositis Boemii depopulata regione, que est circa urbem Misen, reversi sunt ad propria sole morante in XV. Sagittarii parte.
- Annales Patherbrunnenses zu 1123. In: Paul Scheffer-Boichorst: Eine verlorene Quellenschrift des XII. Jahrhunderts, aus Bruchstücken wiederhergestellt. Innsbruck 1870, S. 144: Imperator Wicberto marchiam in Misne tradit. Dux Liutgerus cum aliis principibus super hoc indignantibus suscipit bellum et in eandem marchiam Cuonradum de Witin ducit et collocat. Quo facto cum Athelberto filio Ottonis de Ballenstide usque ad Ilburg procedit eorumque consensu, qui in utrisque marchiis primates erant, ambo marchias singulas regendas suscipiunt.
- Urkunden Heinrich V., No. 276 oder https://data.mgh.de/databases/ddhv/dhv_276.htm