Heinrich-Hermann Ulrich
Heinrich-Hermann Otto Fritz Kurt Ulrich (* 14. Juli 1914 in Schmedenstedt; † 10. November 1983 in Stuttgart)[1] war ein deutscher Theologe und Direktor im Diakonischen Werk.
Leben und Wirken
Nach dem Abitur 1933 in Wolfenbüttel studierte Ulrich Theologie in Bethel, Königsberg (Preußen), Marburg und Erlangen. 1938 legte er sein erstes theologisches Examen in Wolfenbüttel ab und absolvierte ein halbjähriges Vikariat. Noch im selben Jahr wurde er zum Kriegsdienst in die Wehrmacht eingezogen und an der Front in Frankreich und Russland eingesetzt, zuletzt als Oberleutnant und Batteriechef, wie er in der Kirchenchronik vermerkte. Nach dem zweiten theologischen Examen im April 1940 wurde er ordiniert und erhielt die Kirchengemeinde Berel im Kreis Wolfenbüttel zugewiesen, in der er im Urlaub predigte. Ulrich engagierte sich im Pfarrernotbund, später Bareler Kreis. Nach Kriegsende bildete er eine „Kerngemeinde unter dem Wort“ mit regelmäßigen Bibelstunden und Gebetskreisen, er gründete ein Ev. Hilfswerk, nahm sich der Flüchtlinge an.[2]
Von 1950 bis 1956 war Ulrich Pfarrer der Inneren Mission und Leiter der Volksmission in Braunschweig. 1956 war er theologischer Referent im Central-Ausschuß für die Innere Mission, Bethel. 1957 wurde er beigeordneter Direktor, später Direktor der Theologischen Abteilung der Hauptgeschäftsstelle des Werkes Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Stuttgart.[3]
Ulrich war langjähriger (1957–1981) Direktor der Theologischen Abteilung der Hauptgeschäftsstelle des Werkes Innere Mission und Hilfswerk der EKD (ab 1975 Diakonisches Werk der EKD) und Generalsekretär der Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste (AMD) in Stuttgart sowie Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland in Fragen der Missionstätigkeit beim Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK, auch Weltkirchenrat) in Genf.[4] Außerdem war er von 1960 bis 1981 Generalsekretär der Evangelischen Konferenz für Telefonseelsorge.[1] Von 1962 bis 1982 war er Mitglied des Fernsehrates des ZDF.
Ulrich ist der Autor zahlreicher Bücher und Artikel zu theologischen Fragestellungen, zumeist Beiträgen zur Arbeit und zu Problemen innerhalb der Kirche, der Diakonie und der Ökumene. Artikel von ihm erschienen u. a. in der vom Schriftenmissions-Verlag herausgegebenen Zeitschrift Das missionarische Wort: Organ der Arbeitsgemeinschaft für Volksmission (auch Das missionarische Wort. Zeitschrift für Verkündigung und Gemeindeaufbau), deren Chefredakteur er gewesen ist. Er war Mitglied der Pfarrer-Gebetsbruderschaft (PGB) (heute Pfarrerinnen- und Pfarrer-Gebetsbund).
Ulrichs Einfluss war für die theologische Ausrichtung im Diakonischen Werk sehr prägend.[3]
Während der 1960er Jahre wurde Ulrich von seiner Tante, der Sprachwissenschaftlerin Gertrud Pätsch, für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR ausgehorcht.[4]
Veröffentlichungen
- Die Kirche und ihre missionarische Aufgabe, Tatsachen und Probleme der Evangelisation in Deutschland. Christlicher Zeitschriftenverlag, Berlin 1955.
- hrsg. mit Joachim Heubach: Sammlung und Sendung. Vom Auftrag der Kirche in der Welt. Christlicher Zeitschriftenverlag, Verlin 1958.
- (Englisch) Evangelism in Germany. World Council of Churches by the United Society for Christian Literature, Lutterworth Press, London 1958.
- Auf dem Wege zu einer missionierenden Kirche. Strukturwandel der Volksmission. Christlicher Zeitschriftenverlag, Berlin 1962.
- Erwachsenenkatechumenat. Lutherisches Verlagshaus, Berlin 1964.
- Botschaft zum Leben, – Handreichung für eine Evangelisation über die Zehn Gebote. Christlicher Zeitschriftenverlag, Berlin.
- Seelsorge im modernen Tourismus. Schriftenmissions-Verlag Gladbeck/Westf., 1962.
- Das Heil der Welt heute. Studienmaterial zur Weltmissionskonferenz 1972/73. Schriftenmissions-Verlag, Gladbeck 1972.
- (Hrsg.) Auftrag und Dienst der Volksmission. Arbeitsgemeinschaft für Volksmission, Stuttgart 1974.
- (Zeitschriftenartikel) Die Herausforderung von Bangkok. In: Theologische Beiträge (hrsg. von der Pfarrer-Gebetsbruderschaft (PGB)), Nr. 5/1974, Theologischer Verlag Rolf Brockhaus, S. 25–36. Digitalisat
- Missionarische Existenz heute. Studienreihe für Verkündigung und Gemeindeaufbau, Heft 6. Schriftenmissions-Verlag Gladbeck/Westf., 1975.
- (Hrsg.) Diakonie in den Spannungsfeldern der Gegenwart. Herausforderung und Antwort. Festschrift für Theodor Schober. Quell-Verlag, Stuttgart 1978.
- Evangelisation in der Volkskirche. Calwer Verlag, 1980.
- „Glaube, der in der Liebe tätig ist“ – zur Frage nach der Identität der Diakonie. In: Hg. Theodor Schober/Horst Seibert: Theologie – Prägung und Deutung der kirchlichen Diakonie. Verlagswerk der Diakonie, Stuttgart 1982.
- hrsg. mit Helmut Burkhardt, Peter Helbich: Handbuch Christlicher Glaube. Eine umfassende, übersichtliche und zuverlässige Einführung. Brockhaus R. Verlag GmbH, 1985. ISBN 9783417246018
Literatur
- Theodor Schober, Hans Timme (Hrsg.): Gemeinde in diakonischer und missionarischer Verantwortung. Auftrag – Anspruch – Wirklichkeit. Heinrich-Hermann Ulrich zum 65. Geburtstag gewidmet. Quell-Verlag, Stuttgart 1979.
- Dierk Starnitzke: Diakonie als soziales System: Eine theologische Grundlegung diakonischer Praxis in Auseinandersetzung mit Niklas Luhmann, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1996.
- Annegret Reitz-Dinse: Theologie in der Diakonie: exemplarische Kontroversen zum Selbstverständnis der Diakonie in den Jahren 1957-1975, Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1998.
Weblinks
Einzelnachweise
- Gisa Bauer: Evangelikale Bewegung und evangelische Kirche in der Bundesrepublik Deutschland. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 2012, S. 789.
- Ottmar Palmer 1873–1964. Versuch einer Annäherung und Deutung.
- Annegret Reitz-Dinse: Theologie in der Diakonie. Exemplarische Kontroversen zum Selbstverständnis der Diakonie in den Jahren 1957-1975. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1998.
- Gottfried Meinhold: Der besondere Fall Jena. Die Universität im Umbruch 1989-1991. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2014, S. 310.