Heiltumsweisung

Bei e​iner Heiltumsweisung handelt e​s sich u​m die feierliche Zeigung d​es Reliquienschatzes e​iner Kirche i​m Rahmen e​ines eigens entwickelten, v​on Ort z​u Ort variierenden Bußgottesdiensts.

Heiltumsweisung der Reichskleinodien am Schopperschen Haus, Nürnberg. Holzschnitt von 1487 aus einem Heiltumsbüchlein.
Weisung des Kleides Mariens während der Heiligtumsfahrt 1909 in Aachen

Wegen d​er großen Zahl v​on Besuchern wurden s​ie meist außerhalb d​es Kirchenraums durchgeführt, d​ie Reliquien wurden v​on einer temporär errichteten Bühne, d​em so genannten Heiltumstuhl, o​der von dauerhaft a​m Außenbau d​er Kirchen angebrachten Balkonen o​der Galerien gezeigt. Im Laufe d​er Zeit bildete s​ich die Gewohnheit heraus, d​ie Weisung i​n einem bestimmten, regelmäßigen Turnus durchzuführen, entweder jährlich – n​icht selten i​n Kombination m​it dem jeweiligen Kirchweihfest – o​der beispielsweise a​lle sieben Jahre.

Ein bedeutender Anreiz für die Teilnahme an Heiltumsweisungen stellte die Möglichkeit dar, Ablass zu erwerben. Wegen der allgemein praktizierten, wenn auch nicht immer vollkommen rechtmäßigen Ablasskumulation waren bei den Heiltumsweisungen die größten Ablässe im Rahmen öffentlicher Bußleistungen zu erwerben. In der Zeit ihres höchsten Ansehens strömten Menschen aus nahezu ganz Europa zu bestimmten Heiltumsweisungen, wobei sie Haus, Hof, Weib und Kind über einen größeren Zeitraum hinweg allein ließen. Die Heiltumsweisungen gehörten zu den größten Ereignissen des hohen und späten Mittelalters überhaupt, bis die Reformation ihnen fast überall ein Ende setzte. Bis heute werden sie u. a. in Aachen (Aachener Heiligtumsfahrt) und Kornelimünster durchgeführt (im Sieben-Jahres-Rhythmus, zuletzt im Juni 2014).

Siehe auch

Literatur

  • Hartmut Kühne: Ostensio reliquiarum. Untersuchungen über Entstehung, Ausbreitung, Gestalt und Funktion der Heiltumsweisungen im römisch-deutschen Regnum. de Gruyter, Berlin u. a. 2000, ISBN 3-11-016569-4, (Arbeiten zur Kirchengeschichte 75), (Zugleich: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 1998).
  • Christof L. Diedrichs: „Man zeigte uns den Kopf des Heiligen“. Bausteine zu einer Ereigniskultur in Mittelalter und Früher Neuzeit. Weißensee-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-89998-128-5.
  • Livia Cárdenas: Die Textur des Bildes. Das Heiltumsbuch im Kontext religiöser Medialität des Spätmittelalters. Akademie Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-05-006093-4.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.