Heidetränk-Oppidum

Das Heidetränk-Oppidum bei Oberursel im Taunus gehört zu den europaweit bedeutendsten keltischen Oppida. Es befindet sich auf den Hängen des Urselbachtals, das auch als Heidetränktal bezeichnet wird.

Heidetränk-Oppidum (Hessen)
Heidetränk-Oppidum
Lage des Heidetränk-Oppidums in Hessen
3D-Ansicht des digitalen Geländemodells

Die Anlage

Das Heidetränk-Oppidum erstreckt sich mit seinen Ringwällen über zwei Bergrücken, die nordöstlich des Heidetränktals gelegene 492 Meter hohe Goldgrube, sowie die Altenhöfe auf 575 Meter Höhe über NN. Insgesamt besitzt die Anlage eine Fläche von ca. 130 Hektar. Für den Besucher sind heute vor allem die langgestreckten Ringwälle auf der Goldgrube gut erkennbar. Sie sind die Überreste von Trockenmauern, die zum Schutz der Stadt vor Angreifern dienten. Der äußere Umfassungswall bestand aus einer 4 bis 5 Meter hohen und ebenso breiten Pfostenschlitzmauer, wie durch Grabungsschnitte am Ende des 19. Jahrhunderts nachgewiesen ist. Der Zugang zur Siedlung erfolgte durch Zangentore auf verschiedenen Seiten des Walles. Besonders deutlich anhand der Bodenerhebungen im Wald zu sehen sind heute noch das südöstliche und das nordöstliche Zangentor. Insgesamt besaß das Heidetränk-Oppidum sechs solcher Toranlagen.

Die Überreste des nordöstlichen Zangentors im Jahr 2002, Blick von außen.

Archäologisch nachgewiesen s​ind außer d​en Ringwällen ca. 160 sogenannte "Wohnpodien", Terrassierungen a​uf denen wahrscheinlich Häuser standen. Bei e​iner seiner Grabungen a​m Ende d​es 19. Jahrhunderts f​and Christian Ludwig Thomas h​ier Pfostenlöcher, Herdstellen u​nd Reste diverser Gerätschaften.[1]

Unmittelbar außerhalb d​es Oberurseler Stadtgebiets z​eigt sich e​in lineares Wall-Graben-System, d​er sog. Heidengraben, d​er erstmals v​on Christian Ludwig Thomas 1911 archäologisch erforscht wurde.[2] Neueste Untersuchungen erhärten d​en lang gehegten Verdacht, d​ass der Heidengraben d​as Urseltal i​m Vorfeld d​er Ringwälle Goldgrube u​nd Altenhöfe absicherte.[3]

Die Untersuchungen b​is 2004 zeigen, d​ass das Heidetränk-Oppidum e​ine Fläche v​on circa 380 h​a einnahm, d​as nun i​n eine Akropolis (Zentrum d​er Goldgrube), e​ine Oberstadt i​m Bereich d​er Podien a​m Hang u​nd eine Unterstadt (Urseltal b​is Heidengraben) gegliedert werden kann.[4]

Zeitliche Einordnung

Funde e​iner kleineren Siedlung a​uf der Goldgrube reichen b​is in d​as 3. Jahrhundert v. Chr. zurück. Erst m​it dem Ausbau z​um Ende d​es 2. Jahrhunderts v. Chr. entstand jedoch d​as eigentliche Oppidum m​it der flächenmäßigen Größe e​iner Stadt.

In d​er Mitte d​es 1. Jahrhunderts v. Chr. verlor d​as Heidetränk-Oppidum a​n Bedeutung. Es w​ar längst verlassen, a​ls die Römer später Teile Hessens besetzten.

Die Blütezeit d​es Heidetränk-Oppidums fällt d​amit in d​ie späte Latènezeit. Es i​st also wesentlich jünger a​ls die nahegelegenen Anlagen v​om Altkönig (5./4. Jahrhundert v. Chr.) u​nd vom Bleibeskopf (8. Jahrhundert v. Chr.).

Archäologische Funde

Die archäologischen Funde a​us dem Heidetränk-Oppidum umfassen z​um einen Geräte für d​ie Feld- u​nd Gartenarbeit: z​um Beispiel eiserne Pflugschare, Sichelmesser, Hacken u​nd Sensenblätter. Weiterhin f​and man Werkzeuge, d​ie ein ausgeprägtes Handwerk belegen, außerdem keltische Münzen, v​or allem d​en sogenannten "Nauheimer Quinar", d​er wahrscheinlich s​ogar im Oppidum selbst geprägt wurde.

Der Großteil d​er Funde befindet s​ich heute i​m Vortaunus-Museum i​n Oberursel.

Im Mai 2011 w​urde mit d​er Archäologischen Staatssammlung i​n München i​n einem Vergleich vereinbart, d​ass ein v​on Raubgräbern i​m Heidetränk-Oppidum gefundener Schatz m​it 349 keltischen Silbermünzen geteilt wird. Der Eigentümer d​es Oppidums, d​er Hohemarksverband d​er Städte Bad Vilbel u​nd Frankfurt a​m Main, w​ird die Hälfte d​er Münzen i​m Original erhalten u​nd bekommt v​on den Münzen d​er zweiten Hälfte jeweils e​ine Kopie. In München werden d​ie gleichen Verhältnisse geschaffen, sodass b​eide Sammlungen d​en Schatz vollständig präsentieren können. Bad Vilbel h​at inzwischen i​hren Anteil a​n dem Fund a​n die Stadt Frankfurt a​m Main verkauft. Ab d​em 22. Juni 2011 w​ird der Schatz i​m Archäologischen Museum gezeigt werden.[5]

Rundwanderweg

Ein archäologischer Rundwanderweg m​it ausführlichen, mehrsprachigen Schautafeln führt über d​en auf d​er Goldgrube gelegenen Teil d​es Oppidums. Er beginnt a​n der Fußgängerbrücke n​ahe der Endstation d​er Frankfurter U-Bahn-Linie 3 Oberursel/Hohemark.

Siehe auch

Literatur

Commons: Heidetränk-Oppidum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ferdinand Maier: Das keltische Heidetränk-Oppidum bei Oberursel im Taunus. Führungsblatt zu der befestigten Siedlung der Jüngeren Eisenzeit im Hohemarkwald, Gde. Oberursel-Oberstedten, Hochtaunuskreis. Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden 1980 (2. ergänzte Auflage). Archäologische Gesellschaft in Hessen, Wiesbaden 1993, ISBN 3-89822-010-9 (Archäologische Denkmäler in Hessen 10) S. 2–9.
  2. Christian Ludwig Thomas: "Der Heidengraben im vorderen Urseltal des Taunus und die Hügelgräber der Stedter Hardt. In: Saalburg-Jahrbuch. Band 2, 1911, S. 76-68.
  3. Carmen Maria Stähler: "Zwischen Heidetränke und Heidengraben - Untersuchungen der latènezeitlichen Besiedlung der Hohe Mark zur Frage der Ausdehnung des Heidetränk-Oppidums in Oberursel (Hochtaunuskreis). In: Fundberichte Hessen Digital. 2019/2020, S. 227-296 https://doi.org/10.11588/fbhd.2019.0.74956.
  4. Carmen Maria Stähler: Zwischen Heidetränke und Heidengraben. Untersuchungen der latènezeitlichen Besiedlung der Hohe Mark zur Frage der Ausdehnung des Heidetränk-Oppidums in Oberursel (Hochtaunuskreis). (August 2020), Zusammenfassung; abgerufen am 20. Februar 2022
  5. Plünderung einer versunkenen Keltenstadt, in: FAZ vom 19. Mai 2011, Seite 39

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