Harnleiter
Der Harnleiter (lateinisch Ureter, von griech. Ουρητήρας) zählt zu den paarigen ableitenden Harnwegen und verbindet die Nieren mit der Harnblase. Er entsteht beim Fetus aus der Ureterknospe.
Verlauf
Der Harnleiter beginnt am Nierenbecken, einer Art Trichter, in dem der von der Niere abfiltrierte und aufkonzentrierte Urin gesammelt wird. Dabei knickt der Harnleiter um etwa 90° ab. Er läuft dann unter dem Bauchfell (retroperitoneal) auf der Rückwand der Bauchhöhle über die beiden Endäste der Aorta hinweg (Bereich der Aufgabelung der Arteria iliaca communis in Arteria iliaca externa und interna) und mündet in die Harnblase. Nach seinem Eintritt in die Harnblase, dem Ostium ureteris, verläuft er ein kurzes Stück innerhalb der Harnblasenwand (intramural), wodurch bei stärkerer Füllung der Harnblase ein Rückfluss (Reflux) zur Niere weitestgehend verhindert wird. Durch diesen intramuralen Verlauf entstehen in der Harnblasenschleimhaut zwei konvergierende Falten (Columnae uretericae, Fortsetzung als Plicae uretericae), die das Harnblasendreieck (Trigonum vesicae) begrenzen.
Ureterkreuzungen
Auf seinem Weg unterkreuzt er auf dem Musculus psoas major die Hoden- bzw. Eierstockgefäße (A./V. testicularis bzw. A./V. ovarica), weiter kaudal in seinem Verlauf überkreuzt er die Arteria iliaca communis oder Arteria iliaca externa und im kleinen Becken unterkreuzt er kurz vor seinem Eintritt in die Wand der Harnblase den Samenleiter oder die Arteria uterina.
Ureterengen
An den drei genannten Stellen
- Ausgang aus dem Nierenbecken,
- Überquerung der Arteria iliaca communis bzw. der Arteria iliaca externa und
- Eintritt in die Harnblase
verengt sich der Harnleiter. Oft wird die Stelle, an der die Hoden- bzw. Eierstockgefäße den Harnleiter überkreuzen, als vierte Engstelle bezeichnet.
Histologie
Der Harnleiter zeigt den typischen Aufbau eines häutig-muskulösen Schlauches mit einer inneren Schleimhaut (Tunica mucosa, Mukosa), einer Muskelschicht (Tunica muscularis) aus glatter Muskulatur und einer äußeren bindegewebigen Verankerungsschicht (Tunica adventitia).
Bei Pferden sind in die Schleimhaut des Anfangsteils, ebenso wie im Nierenbecken, Schleimdrüsen (Glandulae uretericae) eingelagert. Daher ist Pferdeharn viskos-fadenziehend.
Erkrankungen
An den obengenannten Engstellen bleiben häufig die Nierensteine hängen. Durch krampfartige Muskelaktionen versucht der Harnleiter die Steine weiter zu transportieren, was als (Nieren-)Kolik wahrgenommen wird. Bei älteren Menschen kann der Harnleiter mit Steinen gefüllt sein. Diese Steine haben eine unterschiedliche Größe, der größte Stein wird dann als Pilotstein bezeichnet.
Bei chronischen Infektionen können sich weißliche Plaques an der Harnleiterwand ablagern, was als Malakoplakie bezeichnet wird.
Als Anlagestörungen kommen Ureterstenosen (Ureterabgangsstenose oder distale Ureterstenose), eine versetzte oder erweiterte Mündung an der Blase (Ureterektopie, Ureterozele) und partielle oder vollständige Doppelanlagen des Ureters vor (Ureter fissus, Ureter duplex). Irreguläre Mündung oder Abflussstörungen können zu Rückfluss und Entzündungen führen, die die Niere schädigen oder zu einer Erweiterung des Harnleiters (Hydroureter), bei Blasenentzündung auch zur erstmals 1937[1] von dem Nürnberger urologischen Chirurgen Eduard Pflaumer (1872–1957)[2] beschriebenen beidseitigen Harnleitererweiterung, führen können.
Literatur
- Uwe Gille: Harnorgane. In: Franz-Viktor Salomon u. a. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke, Stuttgart 2004, ISBN 3-8304-1007-7.
- Schünke, Schulte, Schumacher et al.: Prometheus LernAtlas der Anatomie. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-139531-1.
Einzelnachweise
- Eduard Pflaumer: Systemerkrankung und Cystitis. In: Zeitschrift für Urologie. Band 31, 1937, S. 330–333.
- Horst Kremling: Eduard Pflaumer (1872–1957). Ein Wegbereiter der Urologie. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 14, 1996, S. 81–84.