Harald Julius von Bosse
Harald Julius von Bosse (* 28. September 1812 in Lievburg bei St. Petersburg; † 10. März 1894 in Dresden) war ein deutschbaltischer Architekt und Maler.
Leben und Wirken
Harald Julius von Bosse war der Sohn des Historien- und Porträtmalers Ernst Gotthilf Bosse (geb. 1785 in Riga, 1815–1820 Schüler der Dresdner Akademie). Ab 1828 studierte er in Dresden und in Darmstadt, danach lebte und arbeitete er in St. Petersburg; mit seinen Bauten leistete er einen besonderen Beitrag zur Epoche des Historismus. Er entwarf und baute Stadthäuser, Villen und Landhäuser, aber auch Kirchen in St. Petersburg und Umgebung. Im Jahr 1832 wurde er „Freier Künstler“, 1839 Akademiemitglied und 1854 Professor an der Kunstakademie in St. Petersburg. 1858 wurde er zum „Kaiserlich-Russischen Hofarchitekten“ berufen und 1865 von Zar Alexander II. in den erblichen Adelsstand erhoben.[1]
Von 1863 bis zu seinem Tode im Jahr 1894 lebte er in Dresden. Seine Bauten sind in verschiedenen Bauformen und Stilen ausgeführt, so auch bei der Planung der Villa Meyer in Dresden. Als Architekt spielte er auch bei der Planung der Russisch-orthodoxen Kirche in Dresden eine besondere Rolle, die Bauleitung erfolgte durch den Dresdner Architekten Karl Weißbach. In Dresden führte er u. a. die Planung und den Bau der Evangelisch-reformierten Kirche (1892–1894) im Stil der Neoromanik aus. Das Vorbild war die lutherische Kirche St. Johannes in St. Petersburg, die er 1859–1860 entworfen und gebaut hatte. Die Kirche in Dresden wurde 1945 schwer beschädigt und später abgerissen. Er selbst gehörte zur reformierten Gemeinde in Dresden. Sein restauriertes Grab befindet sich auf dem Trinitatisfriedhof.
Werk
Bauten (Auswahl)
- 1839–1840: Französische Reformierte Kirche in St. Petersburg, Bolschaja Konjuschennaja-Str.
- 1843: Hôtel Paschkow in St. Petersburg, Kutusow-Quai
- 1841–1844: Villa Paschkow in St. Petersburg, Liteïny-Prospekt
- 1842–1848: Nebengebäude der Evangelisch-Lutherischen Marienkirche in St. Petersburg, Bolschaja Konjuschennaja-Str.
- 1843–1847: Herrenhaus Sakrewskij in St. Petersburg, St. Isaak-Platz
- 1844: Haus Garfunkel in St. Petersburg, Sadowaja-Straße
- 1847: Landhaus Saltykowa in St. Petersburg, Krylow-Straße
- 1847–1848: Wiederaufbau des Gebäudes Kitner in St. Petersburg, St. Isaac-Platz
- 1847–1848: Haus Stepanowa in St. Petersburg, Fontanka-Ufer
- 1849: Schloss- und Parkanlage des Direktors der Kaiserlichen Theater Saburow in St. Petersburg, Moika-Ufer
- 1852–1855: Rigaer Börse im Neorenaissance-Stil
- 1853–1857: Haus des Prinzen Kotschubej (später Netchajew-Maltzew) in St. Petersburg, Tschaikowski-Straße
- 1857–1860: Haus Buturlina in St. Petersburg, Tschaikowski-Straße
- 1857–1860: Hôtel der Elisabeth Burtulina in St. Petersburg, Tschaikowski-Straße
- 1857–1859: Sommerresidenz „Snamenka“ in Petershof
- 1857–1861: Sommerresidenz „Michailowka“ bei St. Petersburg
- 1859–1860: Lutherische (Estnische) Kirche St. Johannes in St. Petersburg, Dekabristen-Straße
- 1859–1863: Kirche der Fürbitte der Mutter Gottes in der Heiligen Dreifaltigkeit, Strelna (abgerissen)
- 1861–1864: Evangelisch-Lutherische Marienkirche in Perm
- 1861: Manege des Leibgarderegiments in Petershof
- 1862–1865: Deutsche Reformierte Kirche in St. Petersburg, Bolschaja Morskaja-Straße (mit David Grimm)
- 1864: Deutsche Kirche in Helsinki (mit C.J. von Heideken)
- Haus Barjatinski (Großherzogin Olga Alexandrowna von Russland)
- 1872: Planung der Russisch-orthodoxen Kirche in Dresden
- 1875: Planung der Villa für den Kaufmann Johann Meyer in Dresden (Beuststraße, 1945 zerstört)[2]
- 1892–1894: Planung der Evangelisch-reformierten Kirche in Dresden (Friedrichsring, später abgerissen).
Einige seiner Bauten in Bildern
- Ehem. Börse von Riga
- Landhaus Saltykow in St. Petersburg
- Garfunkel-Haus in St. Petersburg
- Die lutherische (estnische) Kirche St. Johannes in St. Petersburg
- Deutsche reformierte Kirche in St. Petersburg
- Haus Netchajew-Maltzew St. Petersburg
- Deutsche evangelische Kirche in Helsinki
- Bosse-Haus in St. Petersburg
- Evangelisch-lutherische Kirche in Perm
- Russisch-orthodoxe Kirche in Dresden
- Ehem. Reformierte Kirche in Dresden
Literatur
- Christian Ruf: Nicht der Kurier, sondern der Architekt des Zaren. In: Dresdner Neueste Nachrichten, 22. Jahrgang 2012, Nr. 253 vom 29. Oktober 2012, S. 16.
- Der Architekt Harald Julius von Bosse (anlässlich des 200. Geburtstages) (PDF; 43 kB)
- Spitzhofer/Posselt/Schumann: Deutsch-russische Kooperation – Das Grabmal von Harald Julius von Bosse. In: Dresdner Neueste Nachrichten, 22. Jahrgang 2012, Nr. 276 vom 27. November 2012, S. 10.
- Gothaisches genealogisches Taschenbuch der briefadeligen Häuser, 1917, Elfter Jahrgang, S.107
Fußnoten
- A. Freiherr von Houwald: Brandenburg-Preußische Standeserhebungen und Gnadenakte für die Zeit 1873-1918. Görlitz 1939, S. 89.
- Christian Ruf: Nicht der Kurier, sondern der Architekt des Zaren. In: Dresdner Neueste Nachrichten, Nr. 253 vom 29. Oktober 2012, S. 16 (PDF; 225 kB)
Weblinks
- Harald Julius von Bosse im Stadtwiki Dresden
- Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Bosse, Harald Julius (v.). In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital