Grundentlastungspatent
Mit dem Grundentlastungspatent vom 7. September 1848 wurde in Österreich das grundherrliche Obereigentum und die sich daraus ergebenden Leistungsverpflichtungen der Bauern ebenso wie die grundherrliche Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt aufgehoben.
Hintergrund
Nach dem Hungerwinter von 1847/48 brach – nach dem Beispiel der französischen Februarrevolution – am 13. März 1848 in Wien die Märzrevolution aus. Als Folge wurde der Innenminister Franz von Pillersdorf von Kaiser Ferdinand mit der Ausarbeitung einer Verfassung beauftragt, die am 25. April 1848 vom Kaiser erlassen wurde. Diese Verfassung stieß aber auf heftige Kritik, und so kam es am 15. Mai 1848 zu einer Novelle, aufgrund der am 22. Juli 1848 das erste österreichische Parlament, der konstituierende Reichstag mit 383 Delegierten aus Österreich und den slawischen Ländern, von Erzherzog Johann einberufen wurde. Bei seiner dritten Sitzung am 26. Juli 1848 beschloss dieser Reichstag auf Antrag des Abgeordneten Hans Kudlich das sogenannte "Grundentlastungspatent", das die "Aufhebung des bäuerlichen Unterthänigkeitsverhältnisses und der bäuerlichen Lasten, wie Robot und Zehent" zum Inhalt hatte und das in bearbeiteter Form am 7. September 1848 Gesetz wurde.
Durch die fortdauernde Revolution in Ungarn kam es am 6. Oktober 1848 auch in Wien wieder zu Kämpfen. Mit dieser Oktoberrevolution fand die Revolution ihren Höhepunkt. Es gelang den Wiener Bürgern Studenten und Arbeitern, die Hauptstadt in ihre Gewalt zu bringen, nachdem die Regierungstruppen geflohen waren. Die Revolution wurde am 31. Oktober 1848 blutig beendet, nachdem auch in Ungarn die Revolution mit Hilfe der russischen Armee niedergeworfen worden war. Der Reichstag versammelte sich in Kremsier, wo er im Winter 1848/49 die Verfassungsberatungen weiterführte und nahezu abschloss (Kremsierer Reichstag). Am 2. Dezember 1848 bestieg Franz Joseph I. den Thron und oktroyierte eine neue, zentralistische, auf dem Boden des monarchischen Prinzips stehende Verfassung. Der konstituierende Reichstag wurde am 7. März 1849 aufgelöst. Kaiser Franz Joseph kehrte zum Absolutismus zurück. Mit dem so genannten "Silvesterpatent" vom 31. Dezember 1851 hob er Verfassung und Grundrechtspatent – mit Ausnahme weniger Bestimmungen, darunter das Grundentlastungspatent und die Modernisierung des Verwaltungswesens mit Gemeinden, Bezirkshauptmannschaften und einem staatlichen Gerichtswesen – auf. Erst im Jahre 1860 endet – zumindest ansatzweise – der "Neoabsolutismus" und es kommt zur Rückkehr zu einer konstitutionellen Staatsform.
Inhalt des Grundentlastungspatentes
Das kaiserliche (Grundentlastungs) Patent vom 4. März 1849 (RGBl. 152) sah vor, dass bisher untertänige Bauern gegen Zahlung eines bestimmten Betrages das freie Eigentum an Grund und Boden erwerben konnten. Der Betrag ermittelte sich aus dem Zwanzigfachen der bisherigen jährlichen Abgaben. Von diesem Betrag wurde ein Drittel als abgegolten angesehen, das zweite Drittel war vom Land zu ersetzen und das dritte Drittel hatte der befreite Bauer – entweder in bar oder als Rente – zu tragen. Aufgrund des erforderlichen Geldaufwandes verschuldeten sich viele Bauern, und es kam zu neuer Abhängigkeit, diesmal von den Geldgebern. Erst weitere gesetzliche Bestimmungen (1867) beseitigten endgültig alle Erbpacht- und erbzinsrechtlichen Verhältnisse.
Literatur
- Ursula Floßmann: Österreichische Privatrechtsgeschichte. Springer, Wien 1983, S. 193 (Online in der Google-Buchsuche).
Weblinks
- Parlamentarismus in Österreich auf Parlament der Republik Österreich