Grubenunglück von Courrières
Das Grubenunglück von Courrières ereignete sich am 10. März 1906 in der Stadt Courrières im nordfranzösischen Département Pas-de-Calais. Mit 1.099 Toten – darunter viele Kinder – war und ist es bis heute die Bergwerkskatastrophe Europas mit den meisten Todesopfern.[1] (siehe auch Liste von Unglücken im Bergbau). Betreiber des Bergwerks war die Compagnie des mines de Courrières (gegründet 1852).
Bergwerk von Courrières | |||
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Allgemeine Informationen zum Bergwerk | |||
Abbautechnik | Untertagebau | ||
Informationen zum Bergwerksunternehmen | |||
Betreibende Gesellschaft | Compagnie des mines de Courrières | ||
Betriebsbeginn | 1852 | ||
Geförderte Rohstoffe | |||
Abbau von | Steinkohle | ||
Größte Teufe | 400 m | ||
Geographische Lage | |||
Koordinaten | 50° 24′ 56″ N, 2° 53′ 52″ O | ||
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Standort | Billy-Montigny | ||
Gemeinde | Courrières | ||
(NUTS3) | Pas-de-Calais | ||
Département | Département Pas-de-Calais | ||
Staat | Frankreich | ||
Revier | nordfranzösisches Steinkohlenrevier |
Hergang der Katastrophe
Rund 1.800 Bergleute arbeiteten unter Tage in den Schächten Auguste Lavors, Lavaleresse und Sainte-Barbe in etwa 300 bis 400 m Tiefe, als gegen 6:30 Uhr morgens eine gewaltige Kohlenstaubexplosion die Grube erschütterte. Die genaue Ursache der Explosion blieb ungeklärt. Durch die Gewalt der Explosion wurden Fördertürme und Schächte beschädigt. Das Ausmaß der Katastrophe überforderte die lokalen Hilfskräfte; es wurden Rettungsmannschaften von auswärts angefordert.
Die Rettungsmaßnahmen für die unter Tage eingeschlossenen Bergleute kamen nur stockend voran. Insgesamt konnten etwa 600 Bergleute gerettet werden. Viele von ihnen hatten schwere Verbrennungen und Gasvergiftungen erlitten. Die Bergleute kamen zum überwiegenden Teil aus den umliegenden Siedlungen Billy-Montigny, Sallaumines, Méricourt und Noyelles-sous-Lens.
Viele Bergleute verwendeten Grubenlampen mit offener Flamme trotz des damit verbundenen Risikos, eine Explosion auszulösen. Es gab schon Jahrzehnte Sicherheits-Grubenlampen; diese waren jedoch teurer als die einfachen Lampen.
Bei den Begräbnissen kam es zu Protestkundgebungen gegen die Betreibergesellschaft, die beschuldigt wurde, bewusst die Öffnung der blockierten Schächte zu verzögern, um damit die Lagerstättenverluste einzugrenzen. 13 Überlebende (rescapés) wurden 20 Tage nach der Explosion am 30. März gerettet, ein letzter Überlebender am 4. April.
Eine Hilfsmannschaft aus dem Ruhrgebiet
Auf Initiative des Bergmeisters Konrad Engel (1862–1912), Geschäftsführer des Vereins für bergbauliche Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund, brach eine aus Freiwilligen bestehende deutsche Rettungsmannschaft von 25 Grubenwehrmännern von den Zechen Shamrock und Rheinelbe der Bergwerksgesellschaft Hibernia unter der Leitung des Bergwerkdirektors Georg Albrecht Meyer am Abend des 11. März nach Frankreich auf.[2] Sie drangen mit Hilfe von Atemgeräten auf der Suche nach Überlebenden in die Gasschwaden vor und bargen dort Tote.
Der Einsatz der deutschen Bergleute wurde unter anderem durch den französischen Sozialistenführer Jean Jaurès gelobt und fand weltweite Beachtung, auch weil die Beziehungen zwischen der französischen 3. Republik und dem Deutschen Reich wenige Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges sehr angespannt waren (siehe auch Revanchismus).
Rezeption in der Kunst
Die erste Verfilmung Le Feu à la mine fand 1911 statt. Vor dem Hintergrund der Völkerbundidee thematisierte Georg Wilhelm Pabst im Jahre 1931 die internationale Solidarität mit dem Film Kameradschaft.
- Frauen warten auf die Bergung ihrer Ehemänner und Söhne, 10. März 1906
- Deutsche Rettungsmannschaft auf dem Weg nach Courrieres
- Beisetzung der Opfer am 13. März 1906
- Die 13 Bergleute, die noch am 30. März gerettet wurden.
- Gedenkstätte „Weg der Überlebenden“, 100. Jahrestag am 10. März 2006
Sonstiges
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs (und vor dem Deutsch-französischen Freundschaftsvertrag von 1963) bemühte sich Herne um eine Städtepartnerschaft zu den Städten Lens, Billy-Montigny und Hénin (alle bei Courrières gelegen). Eine Partnerschaft zwischen Hénin und Herne wurde 1954 unterzeichnet. 1971 kam aufgrund der französischen Gebietsreform Beaumont hinzu. Als Anerkennung für dieses Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft gab es 1967 die Aristide-Briand-Medaille.[3]
In Herne gibt es eine Courrieresstraße.
Während der Ruhrbesetzung wurden Mitglieder des Rettungstrupps, die passiven Widerstand leisteten (Teilnahme am Generalstreik) von französischen Truppen festgenommen und angeklagt. Angehörige brachten ihnen die Ehrenmedaillen ins Gefängnis, die sie 1906 in Frankreich erhalten hatten; die Männer trugen diese Medaillen, als sie vor dem Richter erschienen. Dieser eröffnete den Prozess nicht, sondern ließ die Männer frei.
Siehe auch
Literatur
- Michael Farrenkopf, Peter Friedemann (Hrsg.): Die Grubenkatastrophe von Courrières 1906, Aspekte transnationaler Geschichte, Bochum 2008.[4]
- Michael Farrenkopf: Courrières 1906 – Eine Katastrophe in Europa. Explosionsrisiko und Solidarität im Bergbau. Bochum 2006. ISBN 3-937203-23-0 (Führer und Katalog zur Ausstellung des Deutschen Bergbau-Museums Bochum, des Instituts für Stadtgeschichte Gelsenkirchen und des Stadtarchivs Herne)
- Heinz-Otto Sieburg: Die Grubenkatastrophe von Courrières 1906: ein Beitrag zur Sozialgeschichte der Dritten Republik und zum deutsch-französischen Verhältnis um die Jahrhundertwende, Verlag F. Steiner Wiesbaden, 1967
- Bruno Vouters: Courrières 10 mars 1906: la terrible catastrophe. Lille: Editions La Voix du Nord. 2006. ISBN 2-84393-100-2.
Einzelnachweise
- Robert G. Neville: The Courrieres Colliery Disaster. In: Journal of Contemporary History, Vol. 13, No. 1 (Jan., 1978), pp. 33–52
- Helga Belach und Wolfgang Jacobsen: Grenzverläufe der Kritik
- Hilfe war Grundstein für Städtepartnerschaft (WAZ 24. Juli 2011)
- Die Grubenkatastrophe von Courrières 1906 – Aspekte transnationaler Geschichte (PDF, 30 Seiten; 148 kB)