Glen Campbell
Glen Travis Campbell ('glɛn 'kæmbəɫ; * 22. April 1936 in Delight; † 8. August 2017 in Nashville) war ein US-amerikanischer Country-Sänger und Gitarrist. Er konnte in seiner langen Karriere über das Genre Country hinaus zahlreiche Erfolge vorweisen und verkaufte über 45 Millionen Alben.[1] Zu seinen erfolgreichsten Songs zählen Rhinestone Cowboy, Gentle on My Mind und Southern Nights. Gelegentlich war er auch als Schauspieler tätig.
Leben
Anfänge
Glen Campbell wurde 1936 in Delight in Arkansas geboren. Er lernte als jugendlicher Autodidakt Gitarre spielen, ohne Noten lesen zu können. Mit 18 trat er den Western Wranglers bei und ging mit ihnen auf Tournee. 1958 siedelte er nach Los Angeles über und begann als Studiomusiker zu arbeiten. In wenigen Jahren wurde Campbell zu einem der meistgebuchten und bestbezahlten Studiomusiker von Los Angeles innerhalb einer Gruppe von Musikern, die The Wrecking Crew genannt wurde. Er arbeitete für Elvis Presley, Frank Sinatra, Dean Martin, die Beach Boys, die Monkees und viele weitere Größen dieser Zeit. Nebenbei veröffentlichte er einige Alben und Singles, die allerdings wenig Erfolg hatten. Seine erste LP hieß Big Bluegrass Special und erschien 1962.
1964 und Anfang 1965 ging Campbell mit den Beach Boys auf Tournee und ersetzte Brian Wilson, der sich dem Auftrittsstress entziehen wollte. Campbell war hierfür besonders geeignet, da er die Stücke der Beach Boys bereits im Studio eingespielt hatte und auch Wilsons hohe Falsettstimme singen konnte. Das Angebot, in die Band einzusteigen, lehnte er allerdings ab, da er als Studiomusiker mehr Geld verdienen konnte und zudem von einer Karriere als Solist träumte. Zum Dank für den sehr kurzfristigen Ersatzdienst schrieb und produzierte Wilson einige Lieder für Campbell, darunter Guess I’m Dumb. Dem Song, in dessen Backing Vocals Wilson selbst und The Honeys zu hören waren, blieb der Sprung in die Charts verwehrt.[2]
Im August 1966 buchte Fred Foster, Inhaber von Monument Records, Glen Campbell für eine Reihe von Aufnahmesessions mit dem Country-Soul-Sänger Arthur Alexander. Dabei entstanden die Stücke Show Me the Road, Turn Around (And Try Me), Baby This Baby That, Baby I Love You, In My Sorrow und I Want to Marry You mit Campbell an der Gitarre.[3]
Karriere
Erst 1968 stellte Campbell seine Arbeit als Studiomusiker ein und wandte sich einem eingängigen Country-Pop zu. In dieser Periode hatte er auch einige seiner größten Hits, die überwiegend aus der Feder von Jimmy Webb stammten. By the Time I Get to Phoenix, Wichita Lineman,[4] Dreams of the Everyday Housewife und Galveston. Diese Songs machten ihn allgemein bekannt und etablierten Campbells eigenen Sound: „Klassische Streicherarrangements, melodische, klangvolle Gitarre, Mid-Tempo, mit einem Gefühl für Dynamik, aber auch diese gelassene, natürlich, warm klingende Stimme mit einem Hauch von Melancholie“.[5]
Im selben Jahr wurde er Moderator der Smothers Brothers TV Show. Da er diese überzeugend leitete, erhielt er seine eigene Fernsehshow mit dem Titel The Glen Campbell Goodtime Hour. Diese lief einmal pro Woche von 1969 bis 1972. Ebenfalls 1969 übernahm Campbell eine der Hauptrollen im John-Wayne-Western Der Marshal als Texas Ranger. Er sang mit True Grit ebenfalls das Titellied des Filmes, das eine Oscar-Nominierung als Bester Song erhielt. Auf dem Höhepunkt seiner Popularität erschien 1970 seine Biographie. Während der 1970er Jahre veröffentlichte Campbell eine Vielzahl an Singles, darunter auch die Hits Rhinestone Cowboy, Southern Nights und Sunflower. Nebenbei wirkte er in einigen weiteren Filmen mit.
In den späten 1970er Jahren ließ der kommerzielle Erfolg nach, Charterfolge blieben mit den neuen Stücken aus. Campbell fiel in Depressionen und begann Drogen zu konsumieren. Nach einem erfolgreichen Entzug gelang ihm 1989 ein Comeback. Mit Songs wie She’s Gone, Gone, Gone schaffte er es erneut in die Top-10 der Country-Charts. In den 1990er Jahren beschränkte er sich darauf, Konzerte zu spielen, und veröffentlichte kaum neues Material. Es erschien seine Autobiographie unter dem Titel Rhinestone Cowboy.
2002 erreichte Campbell mit einer Neuaufnahme seines Hits Rhinestone Cowboy, die vom englischen Dance-Produzentenduo Rikki & Daz produziert wurde, die Charts. Für negative Schlagzeilen sorgte er im Jahr darauf, als er angetrunken am Steuer seines Wagens angehalten und festgenommen wurde. 2008 meldete Campbell sich aus der musikalischen Abstinenz zurück. Mit dem Album Meet Glen Campbell, das im August auch in Deutschland veröffentlicht wurde, interpretierte er Songs von Rockbands wie Green Day und Foo Fighters. Gleichzeitig kehrte er zu seinem langjährigen Label Capitol Records zurück.
Im Februar 2011 kündigte Campbell sein letztes Studioalbum Ghost on the Canvas und für den Herbst eine Abschiedstournee an. Seine letzte Studioaufnahme, das Lied I’m Not Gonna Miss You, wurde 2014 zu der Filmbiografie Glen Campbell: I’ll Be Me veröffentlicht und mit einem Grammy für den besten Country-Song ausgezeichnet. Im Juni 2017 wurde sein letztes Album Adiós veröffentlicht, bestehend aus Aufnahmen, die 2012 und 2013 entstanden waren.
Privatleben
Campbell war viermal verheiratet, zuletzt mit Kimberly Woollen, und Vater von acht Kindern.[6] Im Juni 2011 wurde bekanntgegeben, dass man bei ihm Alzheimer diagnostiziert hatte.[7] Die Krankheit zwang ihn schrittweise zum Rückzug aus der Öffentlichkeit. Seit April 2014 befand er sich in einer Pflegeeinrichtung in Nashville; an seine Karriere konnte er sich nicht mehr erinnern.[8] Glen Campbell starb im August 2017 im Alter von 81 Jahren.[9]
Diskografie
Studioalben
Jahr | Titel | Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[10][11] (Jahr, Titel, Platzierungen, Wochen, Auszeichnungen, Anmerkungen) |
Anmerkungen | ||
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DE | UK | US | |||
1968 | Gentle on My Mind | — | — | US5 Platin (75 Wo.)US |
|
By the Time I Get to Phoenix | — | — | US15 Platin (80 Wo.)US |
Grammy (Album of the Year) | |
Hey, Little One | — | — | US26 Gold (51 Wo.)US |
||
A New Place in the Sun | — | — | US24 (33 Wo.)US |
||
Bobbie Gentry & Glen Campbell | — | UK50 (1 Wo.)UK |
US11 Gold (47 Wo.)US |
Charteintritt in UK erst im Februar 1970 mit Bobbie Gentry | |
Wichita Lineman | — | — | US1 ×2 (46 Wo.)US |
||
1969 | Galveston | — | — | US2 Platin (42 Wo.)US |
|
True Grit | — | — | US77 (12 Wo.)US |
||
1970 | Try a Little Kindness | — | UK28 (11 Wo.)UK |
US12 Gold (28 Wo.)US |
|
Oh Happy Day | — | — | US38 (19 Wo.)US |
||
Norwood | — | — | US90 (13 Wo.)US |
Soundtrack, enthält sechs Songs von Al DeLory | |
The Glen Campbell Goodtime Album | — | UK16 (5 Wo.)UK |
US27 (21 Wo.)US |
||
1971 | The Last Time I Saw Her | — | — | US87 (9 Wo.)US |
|
1972 | Anne Murray / Glen Campbell | — | — | US128 (8 Wo.)US |
mit Anne Murray |
1973 | Glen Travis Campbell | — | — | US148 (13 Wo.)US |
|
I Knew Jesus (Before He Was a Star) | — | — | US154 (6 Wo.)US |
||
1974 | Reunion (The Songs of Jimmy Webb) | — | — | US166 (5 Wo.)US |
|
1975 | Rhinestone Cowboy | — | UK38 (8 Wo.)UK |
US17 Gold (30 Wo.)US |
|
1976 | Bloodline | — | — | US63 (9 Wo.)US |
|
1977 | Southern Nights | — | UK51 (1 Wo.)UK |
US22 Gold (22 Wo.)US |
|
1978 | Basic | — | — | US164 (5 Wo.)US |
|
1981 | It’s the World Gone Crazy | — | — | US178 (3 Wo.)US |
|
2008 | Meet Glen Campbell | — | UK54 Silber (2 Wo.)UK |
US155 (1 Wo.)US |
|
2011 | Ghost on the Canvas | — | UK27 Silber (8 Wo.)UK |
US24 (4 Wo.)US |
|
2013 | See You There | — | UK35 (2 Wo.)UK |
US89 (1 Wo.)US |
|
2017 | Adiós | — | UK3 Gold (19 Wo.)UK |
US40 (5 Wo.)US |
|
2018 | Sings for the King | — | UK84 (1 Wo.)UK |
— |
Auszeichnungen (Auswahl)
Jahr | Org. | Award | Titel |
---|---|---|---|
1967 | ACM | Album of the Year | Gentle on My Mind |
1967 | ACM | Top Male Vocalist | |
1968 | ACM | Album of the Year | Glen Campbell & Bobbie Gentry |
1968 | ACM | Top Male Vocalist | |
1968 | CMA | Entertainer of the Year | |
1968 | CMA | Male Vocalist of the Year | |
1968 | Grammy | Best Contemporary Male Solo Vocal Performance | By the Time I Get to Phoenix |
1968 | Grammy | Best Country & Western Recording | |
1968 | Grammy | Best Male Country & Western Vocal Performance | |
1968 | Grammy | Best Male Vocal Performance | By the Time I Get to Phoenix |
1975 | ACM | Single of the Year | Rhinestone Cowboy |
1975 | ACM | Song of the Year | Rhinestone Cowboy |
2015 | Grammy | Best Country Song | I’m Not Gonna Miss You |
Filmografie (Auswahl)
- 1967: The Cool Ones
- 1969: Der Marshal (True Grit)
- 1970: Norwood
- 1980: Mit Vollgas nach San Fernando (Any Which Way You Can)
- 1986: Uphill All the Way
- 1991: Rock a Doodle
- 2014: Glen Campbell: I’ll Be Me (Dokumentarfilm)
Weblinks
- Offizielle Homepage
- Glen Campbell in der Internet Movie Database (englisch)
- Glen Campbell bei AllMusic (englisch)
- Glen Campbell bei Discogs
Einzelnachweise
- „Rhinestone Cowboy“: Country-Star Glen Campbell mit 81 Jahren gestorben. dpa-Artikel auf faz.net, 8. August 2017, abgerufen am 9. August 2017.
- Neal Umphred: Let’s Go Away for Awhile In: Kingsley Abbott (Hrsg.): Die Beach Boys und Brian Wilson. Hannibal-Verlag, St. Andrä-Wördern 1998, ISBN 3-85445-160-1.
- Richard Younger: The Monument Years. Liner Notes zu Arthur Alexander – The Monument Years (CD), Ace Records, 2001.
- Lineman For The County Lyrics. metrolyrics.com, abgerufen am 9. August 2017.
- Sylvie Simmons: Glen Campbell, “Flyin in The Sun”. Mojo, Dezember 2011, S. 58.
- Country-Sänger: Glen Campbell ist tot. In: Spiegel Online. 9. August 2017, abgerufen am 9. Juni 2018.
- Der Country-Sänger und Schauspieler Glen Campbell leidet an Alzheimer. CountryMusicNews.de, 23. Juni 2011, abgerufen am 9. August 2017.
- Daniel Kreps: Glen Campbell Shares Poignant Last Music Video ‘I’m Not Gonna Miss You’. In: Rolling Stone. 12. Oktober 2014, abgerufen am 17. Januar 2017.
- Glen Campbell ‘Rhinestone Cowboy’ Singer Dead at 81. TMZ, 8. August 2017, abgerufen am 9. August 2017 (englisch).
- Chartquellen: DE UK US
- The Billboard Albums von Joel Whitburn, 6th Edition, Record Research 2006, ISBN 0-89820-166-7.