Gjergj Arianiti
Gjergj Arianiti (* 1383; † 1462 in Durrës oder Shkodra) war ein albanischer Adliger und einer der Anführer des Widerstands der Albaner gegen das Osmanische Reich. Er war der Vater von Donika Kastrioti und Angelina von Serbien, Schwiegervater von Skanderbeg und Großonkel von Moisi Arianit Golemi. Arianiti gehörte kurz zu den Verbündeten in Skanderbegs Liga von Lezha.
Name
Gjergj Arianiti, im Englischen auch George Aryaniti,[1][2] hieß mit vollem Namen Gjergj Arianiti Thopia Komneni.[2] Er selbst nannte sich in einem Brief an den König von Neapel Komninovic.[3] In slawischen Sprachen finden sich auch Formen wie Golem Arianit Komnenovic und Golemi Arenit Cominovich.[4] In einem Dokument aus dem Jahr 1452 wird er als Golemi Arenit Comninovich de Albania erwähnt.[5] Das slawische Wort golem bedeutet „groß“.[6] Die Form Haryanites findet sich außerdem in einem französischen Dokument aus der Zeit der Regentschaft des französischen Königs Karl VII.[4]
Leben
Arianiti wurde 1383 als ältester von drei Söhnen des albanischen Aristokraten Komnen Arianiti geboren.[7] Er heiratete die Adlige Maria Muzaka und erhielt so ein Herrschaftsgebiet, das von Mallakastra bis Vlora reichte. Seine Herrschaft erstreckte sich eventuell sogar bis nördlich von Debar. Das Zentrum lag zwischen Librazhd und Elbasan. Seine Herrschaft war die erste Verteidigungslinie gegen viele der osmanischen Feldzüge und eines der Zentren der Liga von Lezhë.
Im Jahr 1423 fiel sein Herrschaftsgebiet unter osmanische Oberhoheit und Arianiti lebte wahrscheinlich im Sultanspalast als Geisel, um die Loyalität seiner Stammesangehörigen zu sichern.[8] Erst 1427 kehrte er nach Albanien zurück.
Aufstand 1432–1436
Die osmanische Eroberung Albaniens brachte das osmanische Rechts-, Politik- und Wirtschaftssystem ins Land und drohte, das Feudalsystem zu zerstören und die Autonomie der Albaner zu beenden. Diese Entwicklungen nahmen Arianiti viel Macht, wurde er doch zu einem Vasallen des Sultans. Diese drastischen Veränderungen führten zu Aufständen gegen die Osmanen, die auch von Arianiti angeführt wurden.
Im Frühjahr 1432, nach dem Ende der ersten Phase der osmanischen Reformen, brach ein Aufstand aus, der sich in weiten Teilen Albaniens ausbreitete. Die ersten Revolten begannen in Zentralalbanien, als Andreas II. Thopia gegen die osmanische Herrschaft aufbegehrte und eine kleine osmanische Einheit in den Bergen Zentralalbaniens besiegte. Sein Sieg inspirierte andere Fürsten zum Aufstand, insbesondere auch Arianiti. Der war zunächst besorgt, sah aber eine Gelegenheit, die ihm von seinem Vater hinterlassenen Herrschaften zu retten. Als sie von den Aufständen hörten, kehrten viele politische Feinde von Arianiti, die als Sipahi für die Osmanen kämpften, vom Sultanspalast in Edirne nach Albanien zurück. Als sie Albanien erreichten, verbannte Arianiti sie sofort. Er setzte sich damit an die Spitze eines bewaffneten Aufstands, der von den Bauern begonnen wurde. Durrës, die Region Tirana und Nikolla Dukagjini im Norden schlossen sich an.
Die Hohe Pforte antwortete auf die Aufstände mit der Entsendung einer Armee unter erfahrenen Kommandanten nach Albanien. Dagno in Nordalbanien fiel und die mit den Osmanen kooperierende Adelsfamilie Thopia erhielt ihre Herrschaft zurück. Nach einem starken Gegenangriff von Arianiti wurden die Osmanen bald besiegt. Dieser Sieg verstärkte den Aufstand in Südalbanien, insbesondere in Kurvelesh. Der osmanische Sultan Murad II. machte sich daraufhin auf den Weg nach Albanien und entschied sich für ein Feldlager in Makedonien, von wo aus er eine Truppe von 10.000 Mann unter dem Kommando von Ali Bey nach Albanien sandte. Die Armee von Ali Bey ging im Winter 1432/33 durch die engen Täler des Shkumbin. In der Nähe von Buzurshekut (Bërzeshtës) überfielen die Albaner die osmanische Armee und schlugen die osmanischen Streitkräfte in die Flucht. Dieser Sieg stärkte die albanische Sache weiter und gab dem Widerstand Auftrieb.
Arianiti zerstörte auch eine zweite Armee, die von Ali Bey geschickt worden war, und ließ Hunderte Tote in den Tälern von Kuç bis nach Borsh zurück. Das Scheitern des zweiten osmanischen Feldzuges wurde europaweit bekannt. Die Staatenlenker Europas, darunter Papst Eugen IV., Alfons V. von Aragón, der römisch-deutsche Kaiser Sigismund, die Herrscher der Republiken Venedig und Ragusa, versprachen den Albanern Hilfe. In seiner dritten Schlacht (1434) wollte Arianiti Vlora und Kanina zurückerobern. Während der osmanischen Feldzüge von 1435/36 bewirkte Ali Bey allerdings zusammen mit Turahan Bey eine teilweise Unterwerfung der Albaner.[9][1] Arianiti flüchtete in das Gebiet von Skrapari und Tomorica, wo er seinen Kleinkrieg gegen die Türken fortsetzte. Murad II. sah sich gezwungen, ihm stillschweigend das Gebiet zwischen Shkumbi und Vijosa als Herrschaftsgebiet zuzuerkennen.[10]
Bündnis mit Skanderbeg: 1443–1444
Im August 1443 lehnte sich Arianiti erneut gegen die Osmanen auf, wahrscheinlich auf Drängen von Papst Eugen IV. oder durch die Nachricht der Niederlage von Hadım Şehabeddin Pascha.[8] Im Herbst 1443/Winter 1444 führte er seine Armee tief nach Makedonien. Zur gleichen Zeit wurden die Osmanen in der Schlacht von Niš (1443) besiegt. Der albanische Fürst Skanderbeg verließ die osmanische Armee und begann einen weiteren Aufstand. Skanderbeg verbündete sich schließlich mit anderen Adligen aus Albanien und Zeta in der Liga von Lezha. 1444 konnte Skanderbeg die Osmanen auf der Ebene von Torvioll (zwischen den heutigen Orten Librazhd und Pogradec) schlagen. Auch in den beiden folgenden Jahren gelangen der albanisch-zetischen Koalition Siege über die Osmanen.
Erneuter Aufstand: 1449–1451
Anfang 1449 baten Skanderbeg und Arianiti die Venezianer um Schutz vor den Osmanen. Die Republik Venedig entschied sich jedoch für einen neutralen Ansatz, um den Frieden mit den Osmanen nicht zu gefährden, und lehnte die Bitte ab.[11] Im Jahr 1449 verließ Gjergj Arianiti das Bündnis mit Skanderbeg.[12]
Als Kruja 1450 von den Osmanen belagert wurde, zog der 67-jährige Gjergj Arianiti erneut in die Schlacht. Arianiti war einer der Kommandeure während der kurzen Belagerung von Durrës und der Belagerung von Dagno. Er unterstützte außerdem die Rückeroberung von Svetigrad mit 4000 Männern, bei der sein Bruder getötet wurde.
Im Jahr 1451, nachdem Alfons V. von Aragón den Vertrag von Gaeta mit Skanderbeg unterzeichnet hatte, unterzeichnete er ähnliche Verträge mit Gjergj Arianiti und anderen Fürsten aus Albanien: Gjin II. Muzaka, Gjergj Balšić, Pjetër Spani, Pal III. Dukagjini,[13] Pjetër von Himara, Simon Zenevisi und Carlo II. Tocco.
Sieg des Osmanischen Reiches: 1460–1462
Arianiti versammelte seine Streitkräfte zwischen 1460 und 1462 in der Burg von Sopot, neben Kanina eine der beiden Hauptstädte seines Reiches. Mehmet II. befahl seinen Truppen den Einmarsch nach Albanien, um eine Gruppe von Arianiti-Streitkräften anzugreifen. Anschließend umzingelte er Arianiti, indem er sich durch das Tal der Shushica bewegte. Doch die Taktik schlug fehl, Arianitis Truppen konnten sich lösen und die Osmanen in die Flucht schlagen. Um diesen Sieg zu feiern, wurde die Armee nach Galigat verlegt, nachdem die Osmanen Albanien vollständig verlassen hatten. Als diese jedoch von der Verlegung hörten, reisten sie nachts nach Albanien zurück. Der osmanische Befehlshaber nutzte Arianitis Abwesenheit aus, indem er mit seiner Hauptarmee einen großen Angriff auf die Burg von Sopot startete. Die Osmanen nahmen die Burg ein und aus Rache für die Niederlagen, die sie erlitten hatten, wurde die gesamte Bevölkerung getötet.
Familie
Nach dem Tod seiner ersten Frau Maria Muzaka heiratete Arianiti die italienische Aristokratin Pietrina Francone. Mit dieser hatte er zehn Kinder, von denen drei Jungen waren.[14] Mit seiner ersten Frau hatte er acht Töchter.[15]
- Die älteste Tochter, Andronika (meist kurz Donika), die aus der Ehe mit Maria Muzaka stammte, war mit Skanderbeg Kastrioti verheiratet.[12] Das Paar hatte einige Kinder, doch nur zwei erreichten das Erwachsenenalter,[14] darunter Gjon Kastrioti II.
- Die Tochter Voisava heiratete Fürst Ivan Crnojević von Zeta, mit dem sie zwei Söhne hatte:[14] Đurađ Crnojević und Skanderbeg Crnojević.
- Der erste Sohn, Fürst Gjergj, heiratete und hatte zwei Söhne und drei Töchter.[14]
- Der zweite Sohn, genannt Fürst Skanderbeg, wurde Türke und regierte das Herrschaftsgebiet seines Bruders, das ihm der Sultan für seinen Wechsel zum Islam zugesprochen hatte.[14]
- Die Tochter Chiranna heiratete Fürst Nikolla Dukagjini. Sie brachte zwei Söhne zur Welt.[14]
- Die Tochter Helena war mit Fürst Gjergj Dukagjini verheiratet. Alle Kinder wurden Türken. Ein Sohn wurde Sandschakbey.[14]
- Die Tochter Despina heiratete Fürst Tanush Dukagjini. Sie hatten einen Sohn und eine Tochter.
- Die Tochter Angelina heiratete Stefan Branković, den Sohn des Despoten Đurađ. Das Paar hatte zwei Söhne und eine Tochter, darunter Đorđe Branković, den Despoten von Serbien.
- Die Tochter Komita (auch Komnina) heiratete Gojko Balšić, den Fürsten von Misia.[16] Sie hatten zwei Söhne und eine Tochter.[14]
- Die Tochter Katherina heiratete Nicholas Boccali. Das Paar hatte zwei Söhne und zwei Töchter.[14]
Literatur
- Franz Babinger: Das Ende der Arianiten. (=Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften), München 1960.
- Franz Babinger: Arianiti Comneno, Schwiegervater Skanderbegs. In: Studia Albanica, Nr. 1 (1964), Tirana, S. 139–147
Einzelnachweise
- John Van Antwerp Fine: The Late Medieval Balkans: A Critical Survey from the Late Twelfth Century to the Ottoman Conquest. University of Michigan Press, Ann Arbor 1994, ISBN 0-472-08260-4, S. 535
- Fan Noli: George Castrioti Scanderbeg (1405-1468). International Universities Press, 1947, zugleich Dissertation (University of Boston, 1945; Digitalisat) S. 10
- Oliver Jens Schmitt: Skanderbeg et les sultans. In: Turcica, Nr. 43 (2011), S. 71
- Studia Albanica. Universität Tirana, Tirana 1964, S. 143
- Constantin Marinescu: La politique orientale d'Alfonse V d'Aragón, roi de Naples (1416-1458). Institut d'Estudis Catalans, 1994, S. 176 (Online bei Google Books)
- Edward Stankiewicz: The Accentual Patterns of the Slavic Languages. Stanford University Press, 1993, ISBN 978-0-8047-2029-8, S. 129ff.
- Dhimitër Shuteriqi: Aranitët: Historia - Gjenealogjia - Zotërimet. Botimet Toena, 2011, ISBN 978-99943-1-729-5, S. 97
- John Jefferson: The Holy Wars of King Wladislas and Sultan Murad: The Ottoman-Christian Conflict from 1438-1444. BRILL, 2012, ISBN 90-04-21904-8, S. 366
- Martijn Theodoor Houtsma: First encyclopaedia of Islam: 1913-1936. Band VIII, E.J. Brill, 1993, S. 466
- Peter Bartl: Arianiti, Gjergj In: Mathias Bernath, Felix von Schroeder (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Band 1, München 1974, S. 94 (Online-Ausgabe)
- Zarij M. Bešić: Istorija Črne Gore. Band 2, Teil 2, Redakcija za istoriju Črne Gore, Titograd 1970, S. 219
- Robert Elsie: A Biographical Dictionary of Albanian History. I.B.Tauris, 2012, ISBN 978-1-78076-431-3, S. 17
- Noli (1947), S. 49
- Robert Elsie: 1515. John Musachi: Brief Chronicle on the Descendants of our Musachi Dynasty. In: Texts and Documents of Albanian History. Abgerufen am 22. April 2020.
- Arheografski prilozi. Narodna biblioteka Srbije, Arheografsko odeljenje, 1997, S. 136
- Đoko M. Slijepčević: Srpsko-arbanaški odnosi kroz vekove sa posebnim osvrtom na novije vreme. D. Slijepčević 1983, S. 40