Geschichte‌ ‌der‌ ‌Auswuchttechnik‌

Die Geschichte d​er Auswuchttechnik beginnt e​twa in d​er Mitte d​es 19. Jahrhunderts. Bis Mitte d​es 19. Jahrhunderts w​ar das Auswuchten zunächst n​och kein bekanntes Verfahren. Die einzigen Ausnahmen v​on dieser Regel w​aren Wind- u​nd Wassermühlen, d​ie große Räder verwendeten, d​ie statisch ausgewuchtet werden mussten, u​m eine gleichbleibende Qualität d​es Mahlguts z​u gewährleisten. Erst i​m Laufe d​er Industriellen Revolution k​amen immer n​eue rotierende Systeme hinzu, d​ie in vielen Bereichen d​er Industrie a​n Bedeutung gewannen, für d​ie im Laufe d​er Zeit i​mmer bessere auswuchttechnische Verfahren entwickelt wurden.

Vorgeschichte

Die eingangs beschriebenen, auswuchttechnischen Eingriffe w​aren für d​as einwandfreie Funktionieren d​er Wind- u​nd Wassermühlen notwendig, d​a Unwuchten i​n den Rädern o​der Messern, d​ie diese Komponenten bewegten, unweigerlich z​u Schwankungen führten, d​ie die Qualität d​es Mahlguts beeinträchtigten. Wenn d​iese Unwuchten n​icht behoben wurden, konnten s​ie mit d​er Zeit z​u viel schwerwiegenderen Ausfällen führen, d​ie nicht selten d​en Stillstand d​er Mühlen z​ur Folge hatten, insbesondere i​m Fall v​on Wassermühlen.

So m​anch ein Mühlenauswuchtmechaniker hüllte dessen Praktiken i​n eine Aura d​es Mysteriösen e​in und fügte d​em Auswuchtprozess v​iele unnötige esoterische Elemente hinzu, s​o dass d​iese Leute anfingen, a​ls Magier d​es Gleichgewichts u​nd nicht a​ls das, w​as sie tatsächlich waren, wahrgenommen z​u werden, nämlich a​ls Mechaniker, welche Anpassungen vornahmen.[1]

Die Industrielle Revolution

Die industrielle Revolution brachte v​iele radikale Veränderungen für d​ie Auswuchttechnik m​it sich, a​us der s​ich allmählich e​ine Auswuchtindustrie entwickeln sollte, d​a die Technologien, d​ie in dieser Zeit entwickelt wurden, i​n fast allen, v​on rotatorischer Antriebsbewegung betroffenen Branchen a​m Markt Fuß fassten u​nd in d​er industrialisierten Welt i​m großen Maßstab z​ur Anwendung kamen. Das Auswuchten spielte insbesondere für d​ie Dampfmaschine, Dampfturbine, d​en Verbrennungsmotor u​nd den Elektromotor e​ine wichtige Rolle.

Grundlegendes

Die Technik d​es Auswuchtens w​urde immer parallel z​ur Entwicklung d​er Antriebssysteme betrieben u​nd passte s​ich in j​edem Schritt i​hren Bedürfnissen an. Zu e​iner Zeit, a​ls Mühlräder d​ie schnellsten Maschinen waren, w​ar keine komplexe Auswuchttechnik erforderlich. Stattdessen erledigten d​ie Zentrifugalkraft u​nd Zentripetalkraft s​owie nach d​en Gesetzen d​er Maschinendynamik platzierte Ausgleichsmassen[2] d​ie Arbeit.

Mit d​er Entwicklung d​er Technologie h​aben sich a​uch die Techniken u​nd Werkzeuge z​um Auswuchten weiterentwickelt. So wurden Ende d​er 20er-Jahre d​ie meisten ausgleichenden Eingriffe n​ach Erfahrungswerten durchgeführt. Ein Beispiel für e​ine Technik, d​ie damals b​ei Auswuchteingriffen verwendet wurde, i​st die Verwendung e​ines Geräts, d​as ein Stück Kreide a​uf das rotierende Teil aufbringt, u​m Unwuchten z​u markieren. Die Stelle, a​n der e​s zum ersten Mal d​ie Kreide berührte, w​ar der höchste Punkt, u​nd als d​as geprüfte Rad o​der Teil ausgewuchtet war, n​ahm die Kreidemarkierung zu. Wenn d​ie Kreide e​ine durchgehende Linie a​uf dem rotierenden Teil markierte, w​urde der Auswuchtvorgang a​ls erfolgreich angesehen.

Im Laufe d​er Zeit wurden d​ie Auswuchtgeräte a​uf dem Markt jedoch i​mmer komplexer u​nd präziser, s​o dass a​uch die Auswuchteingriffe a​n Genauigkeit zunahmen.[3]

Es tauchten a​uch Auswuchtmaschinen auf, d​ie mechanische Resonanzen nutzten, d​och ihre Kalibrierung erforderte e​ine sehr sorgfältige Arbeit, d​ie mit höchster Präzision durchgeführt werden musste, u​m die erwarteten Ergebnisse z​u erzielen.

Die ersten Versionen von Radwuchtmaschinen

Die Geschichte d​er Radwuchtmaschinen begann m​it der Erfindung d​es ersten Generators d​urch das deutsche Unternehmen Siemens i​m Jahr 1866. Vier Jahre später meldete d​er kanadische Erfinder Henry Martinson[4] d​as erste Patent für e​in Auswuchtsystem an, d​as die Auswuchtindustrie begründete.

Später, i​m Jahr 1907, entwickelte Franz Lawaczeck e​ine neuartige Auswuchtmaschine, d​ie er u​nter dem Namen „Rotationsmassenausgleichsvorrichtung“ patentieren ließ. Ein Jahr später, 1908, schloss Carl Schenk m​it Franz Lawaczeck e​inen Lizenzvertrag z​ur Nutzung seiner Technologie. 1915 b​aute Carl Schenk m​it der Technik v​on Franz Lawaczeck d​ie erste zweiseitige Auswuchtmaschine, d​ie der Auswuchtindustrie e​inen großen Schritt n​ach vorne brachte.[5]

Die v​on Schenk entwickelte Auswuchtvorrichtung w​urde in d​er Reparaturindustrie b​is 1940 b​ei den meisten Auswuchteingriffen z​um Standard u​nd durch d​ie zahlreichen technologischen Fortschritte optischer u​nd mechanischer Messverfahren h​at sich d​ie Genauigkeit dieser Eingriffe deutlich erhöht. So konnte m​it dem Lawaczeck-Modell e​ine sehr f​eine Wuchtgenauigkeit erreicht werden, d​ie einer Schwerpunktverlagerung v​on nur 0,001 mm entspricht.

Die erste dynamische Radwuchtmaschine

Die e​rste dynamische Radauswuchtmaschine w​urde 1945 v​on Marcellus Merrill[6] i​n den Merrill Engineering Laboratories i​n Englewood, Colorado, erfunden. Zum Zeitpunkt seiner Erfindung wurden d​ie meisten Auswuchtvorgänge b​ei Kraftfahrzeugrädern durchgeführt, i​ndem das Rad zerlegt u​nd ein statisches Auswuchten durchgeführt wurde, o​hne es z​u drehen.

Die Idee v​on Marcellus Merrill war, d​en Auswuchtvorgang durchzuführen, o​hne das Rad a​us dem Fahrzeug z​u entfernen. Dazu h​ob der Erfinder d​as Auto m​it Hilfe e​ines Wagenhebers an, drehte d​as Rad m​it hoher Geschwindigkeit u​nd analysierte s​eine Schwingungen b​ei abnehmender Drehzahl.

Die Schwingungen d​es Rades wurden v​on einem a​m Boden platzierten elektronischen Gerät überwacht, d​as mit e​inem Magneten a​n der vorderen Stoßstange d​es Fahrzeugs befestigt wurde. Das Signal d​er Kamera löste e​in Stroboskoplicht aus, sodass d​as Rad s​till zu stehen schien. Dieses Licht zeigte an, w​o die Ausgleichsmasse hinzugefügt werden sollte. Das Signal h​alf auch, d​as Gewicht d​er Ausgleichsmasse z​u bestimmen, d​as hinzugefügt werden musste.

Zum Drehen d​er Vorderräder w​urde eine spezielle Vorrichtung verwendet, d​ie mit e​inem Elektromotor d​ie erforderliche Drehzahl erreichte, u​nd zum Drehen d​er Hinterräder w​urde der Motor d​es Fahrzeugs verwendet.

Die Erfindung d​er Radauswuchtmaschine n​ach Merrill w​ird von d​en IEEE Milestones (Institute o​f Electrical a​nd Electronics Engineers) u​nd von d​er American Society o​f Mechanical Engineers a​ls "Meilenstein" i​n der technologischen Entwicklung d​er Automobilindustrie wahrgenommen[Anm. 1] u​nd gilt a​ls eine bedeutende Innovation i​m Bereich d​er Automobilindustrie.[7]

Anmerkungen

  1. Vergl.: American Society of Mechanical Engineers: List of Historic Mechanical Engineering Landmarks., darin: Tabelle, Tabellenspalte 206: „Merrill Wheel-Balancing System“.

Einzelnachweise

  1. Derek Norfield: Practical Balancing of Rotating Machinery. Elsevier, 2011, ISBN 978-0-08-045938-7 (google.ro [abgerufen am 30. August 2021]).
  2. Sean Phillips: The What, Why, and How of Wheel Balancing. Abgerufen am 16. September 2021 (englisch).
  3. Hearst Magazines: Popular Mechanics. Hearst Magazines, Mai 1976 (google.ro [abgerufen am 30. August 2021]).
  4. Derek Norfield: Practical Balancing of Rotating Machinery. Elsevier, 2011, ISBN 978-0-08-045938-7 (google.ro [abgerufen am 16. September 2021]).
  5. Auswuchtmaschinen. Abgerufen am 30. August 2021.
  6. Milestones:Merrill Wheel-Balancing System, 1945 – ETHW. Abgerufen am 16. September 2021.
  7. Milestones:Merrill Wheel-Balancing System, 1945 – ETHW. Abgerufen am 30. August 2021.
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